07.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 64 / Tagesordnungspunkt 34

Heidrun BluhmDIE LINKE - Liegenschaftspolitik

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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen der Koalition – ich wende mich jetzt zunächst einmal insbesondere an Sie –, ich bin sehr gespannt, wie Sie heute begründen wollen, warum Sie weiter fleißig zum Höchstgebot Wohnungen durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verkaufen lassen, obwohl Wohnungsknappheit und steigende Mieten in vielen deutschen Groß- und Hochschulstädten längst zu einer alltäglichen Realität geworden sind.

Nichtsdestotrotz begrüße ich natürlich auch die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Guten Tag!)

Die Folgen treffen schon lange nicht mehr nur einkommensschwache Mieterhaushalte, sondern auch viele von denen, die sich selbst als gutsituiert und gutbürgerlich bezeichnen würden.

Die Linke hat die kritische Situation und die rasante Zuspitzung des Angebots und der Nachfrageverhältnisse auf den Wohnungsmärkten in den zurückliegenden Jahren immer wieder benannt. Wir haben schon vor langer Zeit begonnen, in Anträgen aufzuzeigen, was zu tun ist, um das zu ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Antwort der Bundesregierung, egal ob Große Koalition oder die Koalition von CDU/CSU und FDP, war in leichter Variation immer die gleiche: Die Wohnungsversorgung in Deutschland ist gut, und der Markt wird es schon richten.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Guter Witz!)

Diese jahrelange Ignoranz und geradezu religiöse Marktgläubigkeit sind neben dem aktiv praktizierten Privatisierungswahn ursächlich für die nicht gelösten Wohnungsprobleme und für das Entstehen der jetzt nicht mehr zu versteckenden Zuspitzung in Großstädten wie Hamburg und Berlin.

Vor ein paar Tagen haben wir die Bundesregierung aufgefordert, wirksam gegen Wohnungsnot und Mietwucher in den Studentenstädten vorzugehen. Gerade gestern haben Sie beschlossen, dass in diesen Städten nun Asylsuchende und Flüchtlinge wegen der Wohnungsnot wahrscheinlich auch in Gewerbegebieten untergebracht werden.

Ich stelle fest: Auch diese Bundesregierung will keine Probleme lösen. Sie will sie bestenfalls verharmlosen und wegdelegieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Dabei könnte der Hendricks’sche wohnungspolitische Dreiklang aus Wiederbelebung des sozialen, aber toten Wohnungsbaus, einer Investitionsoffensive und flankierenden mietrechtlichen Regelungen eigentlich wirklich etwas bewegen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber da klingt nichts. Ich höre keine Sinfonie, und ich sehe auch keine Bewegung.

Nun haben wir mit unserem Antrag „Sofortiges Moratorium für die Wohnungs- und Grundstücksverkäufe durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ die Bundesregierung aufgefordert, einfach einmal nichts zu tun, einfach einmal die Füße stillzuhalten. Wenigstens das sollte ihr doch gelingen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber nein! Dabei könnte die Bundesregierung an dieser Stelle sozusagen mit hauseigenen Mitteln ein ganz klein wenig, sozusagen als wichtiges Signal, zur Entspannung der Mietensituation in extrem angespannten Wohnungslagen beitragen, damit nicht, wenn die Regierung doch noch aufwacht – ups! –, plötzlich alles weg ist, was den Mieterinnen und Mietern in diesem Land, was dem Gemeinwohl helfen könnte, statt zu sagen: Da schauen wir dann, wenn es soweit ist. Ich denke zum Beispiel an die 5 000 eigenen Wohnungen des Bundes hier in Berlin, die von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verwaltet werden.

Sie selbst müssten nur Ihren Koalitionsvertrag ernst nehmen und Ihre eigene Bundesanstalt für Immobilienaufgaben veranlassen, das zu tun, was im Koalitionsvertrag steht, nämlich – ich zitiere –: „mit Rücksicht auf die vielen am Gemeinwohl orientierten Vorhaben der Kommunen, wie der Beschaffung von sozialem Wohnraum und einer lebendigen Stadt, eine verbilligte Abgabe von Grundstücken“ zu realisieren,

(Beifall bei der LINKEN)

wenn auch nur bis maximal 100 Millionen Euro.

Allein der aktuell laufende Verkauf von 48 Wohnungen in Berlin an der Großgörschenstraße bzw. Katzlerstraße, mit dem die BImA 7,1 Millionen Euro für das „Schäuble-Denkmal“, die schwarze Null, beisteuern soll, ist nicht nur ein Skandal, sondern ein weiterer Treibsatz für die überbordende Spekulation mit Wohnraum. 7,1 Millionen Euro für 48 Wohnungen, das ist das 39-Fache der jetzigen Jahresmiete! Kein seriöser Bestandshalter, der die Wohnungen innerhalb des Mietspiegels vermieten will, kann diesen Preis bezahlen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das können nur Finanzspekulanten, die diese Mietwohnungen für Superreiche zu Luxusappartements oder zu luxuriösen Anlageobjekten machen wollen. Die Bundesregierung weiß das; aber leider geht ihr wohl auch das am Allerwertesten vorbei.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nun hat das Land Berlin der BImA einen Kaufantrag für deren gesamtes Berliner Portfolio vorgelegt. Bravo! Wir sind gespannt, wie weit die Kaufpreisvorstellungen wohl auseinandergehen werden und wie sich beide Großen Koalitionen – die eine im Land, die andere im Bund – da einigen. Ich glaube erst an eine Einigung, wenn die Tinte auf den Kaufverträgen trocken ist.

(Mechthild Rawert [SPD]: Ist in Ordnung!)

Heute schon wird zu bedenken gegeben, dass einem nicht marktgerechten Verkauf haushaltsrechtliche Vorschriften des Bundes und gar das europäische Beihilferecht entgegenstehen. Na, dann ändern wir das eben.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb bieten wir Ihnen heute mit unserem Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Liegenschaftsveräußerungen einen Weg an, genau das zu tun.

Die Linke weiß, dass die Bundesregierung viel zu tun hat. Deswegen haben wir ihr an dieser Stelle schon einmal einen Vorschlag gemacht, der dabei helfen kann, das umzusetzen, was sie immer behauptet, tun zu wollen. Sie werden damit Ihrem Koalitionsvertrag gerecht und liefern endlich den Beweis, dass es Ihnen ernst ist mit dem Bündnis für bezahlbares Wohnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Kollege Norbert Brackmann für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4080891
Wahlperiode 18
Sitzung 64
Tagesordnungspunkt Liegenschaftspolitik
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