Alexander DobrindtCDU/CSU - Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Schifffahrt ist in der Tat eine der tragenden Säulen der deutschen Volkswirtschaft. Die Grundlage dafür, dass wir eine leistungsfähige Schifffahrt und leistungsstarke Wasserwege gestalten und erhalten, ist eine starke und effiziente Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung.
Wir haben mit unserer Prognose für die Güterverkehre in den letzten Monaten sehr deutlich darauf hingewiesen, dass wir Güterverkehrssteigerungen von 40 Prozent erwarten. Wenn wir diese Güterverkehrssteigerungen, die notwendig sind, um den Wohlstand auch in Deutschland zu erhalten, auf den Verkehrsträgern abbilden wollen, brauchen wir auch sehr starke und intakte Wasserstraßen. Die Entlastung von Schiene und Straße kann nur durch die Kapazitäten der Wasserstraße erfolgen. Deswegen haben wir in unseren ganzen Reformbemühungen der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung immer dieses Ziel hochgehalten. Die Leistungsfähigkeit muss am Schluss gesteigert werden. Eine Reform der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung darf nicht dazu führen, dass wir am Schluss weniger Kapazitäten auf den Wasserstraßen abbilden. Vielmehr müssen wir mehr Kapazitäten abbilden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Deswegen haben wir von der Koalition gleich zu Beginn Grundsätze formuliert, wie man eine Reform der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung beschreiben kann. Ein Grundsatz war, die Regionalität zu erhalten. Ein weiterer war, die Kompetenz vor Ort zu stärken. Ein dritter Grundsatz war, die eigenständige Aufgabenerfüllung zu sichern. Diese Grundsätze sind nicht zu jeder Zeit als oberste Grundsätze einer Reform genannt worden. Lange Zeit hat man auch über andere Möglichkeiten nachgedacht.
(Gustav Herzog [SPD]: Sehr richtig!)
Wir gehen gemeinsam – das war immer unsere Überzeugung – in die Richtung: Stärkung der lokalen Kräfte bei der Reform der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
– Der Beifall zeigt, dass wir uns einig sind und dass die Reform gelungen ist.
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die hat doch noch gar nicht angefangen!)
Selten ist mir so viel Applaus in diesem Haus entgegengeschallt wie jetzt gerade.
(Bettina Hagedorn [SPD]: Das kann so bleiben!)
Das überrascht mich fast.
(Gustav Herzog [SPD]: Nicht nervös werden!)
Wir haben in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung 14 000 Mitarbeiter. Sie ist eine der größten Bundesbehörden, auf jeden Fall die größte Bundesbehörde im Bereich der Infrastruktur. Das zeigt auch die Dimension. Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung mit ihren Mitarbeitern ist überall vor Ort in Deutschland vertreten und organisiert überall vor Ort in Deutschland die Wirtschaftsverkehre. Das zeigt auch ihre Bedeutung für das ganze Land. Vielleicht gab es auch deswegen diese intensive Diskussion. 20 Jahre hat es gedauert, eine Reform in ihren wesentlichen Grundzügen zu beschreiben und jetzt auch umzusetzen. Dass wir dieses Ziel jetzt erreicht haben, ist in der Tat ein sehr gutes Ergebnis.
Die Reform schafft Planungssicherheit für die Wirtschaft, für die Nutzer der Wasserstraßen und für die Beschäftigten der WSV. Die Standorte der bisherigen 39 Wasser- und Schifffahrtsämter bleiben erhalten. Wir haben Revierverantwortungen gezeichnet. Wir werden eine stärkere Vernetzung der Standorte innerhalb der Reviere umsetzen. Insbesondere durch diese Vernetzung innerhalb der Revierstruktur werden der regionale Gedanke der Reform unterstützt und die lokale Verantwortung vor Ort gestärkt.
In den nächsten Wochen und Monaten wird den künftigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsämtern der Prozess der Reformumsetzung nahegebracht. Ich will ausdrücklich betonen, dass die Konkretisierung der Struktur – angesichts der Breite der WSV dauert eine derartige Umsetzung eine gewisse Zeit – natürlich bedeutet, fachlichen und organisatorischen Anregungen gegenüber weiter offen zu sein. Wir haben diese Struktur gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen, also mit den Mitarbeitern der WSV, entwickelt. Dies soll auch in den nächsten Monaten für den Umsetzungsprozess gelten. Die bessere Idee ist immer der Konkurrent zur guten Idee. Deswegen sind wir an möglichen Weiterentwicklungen durchaus interessiert.
Wir haben eine organisatorische Aufgabentrennung – so war es formuliert – von Verkehr und Infrastruktur geprüft. Wir kamen eindeutig zu dem Ergebnis, dass eine solche Aufgabenaufteilung mit einer entsprechenden Ämterstruktur nicht zweck- und zielführend ist. Vorzuziehen ist eindeutig eine Struktur mit größeren Zuständigkeitsbereichen in den einzelnen Revieren. Deswegen haben wir der Aufgabentrennung von Verkehr und Infrastruktur eine klare Absage erteilt, meine Damen und Herren.
Wir wollen die Kompetenzen vor Ort stärken. Deswegen ist, was die zentrale Steuerung betrifft, die Zuständigkeit der im Mai vergangenen Jahres eingerichteten Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt richtig gewesen, und sie bleibt richtig. Diese Zuständigkeit endet aber dort, wo regionale Belange und Kenntnisse maßgeblich sind. Ich glaube, auch das ist ein deutliches Bekenntnis zur Stärkung der Funktionsfähigkeit vor Ort.
Wir richten die WSV intensiv nach den spezifischen Revieranforderungen aus. Damit sichern und fördern wir die intensive Kooperation zwischen einzelnen Revierverwaltungen und der verladenden sowie der Transportwirtschaft. Wir entsprechen damit zugleich den regional sehr unterschiedlichen Anforderungen. Das gilt insbesondere für die spezifischen Belange der Küste und der Seeschifffahrt. Die Organisation und Kontrolle der Verkehrssicherung in der Deutschen Bucht bleiben ebenso eine vorrangige Vor-Ort-Aufgabe wie die Regelung des Schiffverkehrs von der Nord- und Ostsee in die deutschen Seehäfen.
Mit der Reform stärken wir die regionale Kompetenz und den unmittelbaren Revierbezug und sichern kurze Abstimmungswege zwischen Wirtschaft und Verwaltung.
Meine Damen und Herren, die Verwaltung dient der Wirtschaft, die Verwaltung dient den Wirtschaftswegen, und die Verwaltung dient vor allem der Wertschöpfung, die die Wirtschaft auf diesen Verkehrswegen erbringen kann. Deswegen kann eine besonders enge Vor-Ort-Abstimmung zwischen Verwaltung und Wirtschaft am besten mit unserem Reviergedanken erreicht werden.
Schleusen, Wehre, Brücken, Pumpen und all das, was wir an technischen Bauwerken an den Wasserwegen kennen, brauchen Planung und Betreuung mit einem großen ingenieurtechnischen Sachverstand. Manchmal ist nicht nur ingenieurtechnischer Sachverstand, sondern auch ein erhebliches Maß an Improvisationstalent erforderlich. Das kann die WSV. Das müssen wir auch für die Zukunft sichern. Das geht nur mit entsprechenden Fachkräften und Planungskapazitäten. Deswegen war es mir und unserem Haus ein besonders großes Anliegen, im nächsten Jahr wie auch in diesem Jahr zusätzliche Fachkräftestellen zu erwirken, sodass die notwendige Kompetenz an Ingenieurleistung und Improvisationstalent nicht verloren gehen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass wir den Umsetzungs- und Modernisierungsprozess in dieser sehr konstruktiven Art und Weise gemeinsam mit den Mitarbeitern und den Interessenvertretungen gestalten konnten. Das Mitwirkungsverfahren, wie wir es im Einvernehmen mit dem Hauptpersonalrat festgelegt und schriftlich vereinbart haben, hat dieses harmonische Miteinander gesichert. Ich möchte mich beim Hauptpersonalrat und bei allen Beschäftigten ausdrücklich für die konstruktive Zusammenarbeit in den letzten Monaten bedanken.
Wir modernisieren mit dieser Reform nicht nur eine der größten Flächenverwaltungen unseres Landes, sondern wir stärken damit zugleich die große Bedeutung unserer Wasserstraßen im Transport- und Güterverkehr. Mit den Mitteln aus dem zusätzlichen Investitionspaket in dreistelliger Millionenhöhe, die wir in die Wasserstraßen und Schifffahrtswege in dieser Wahlperiode investieren werden, stellen wir klar, dass die Wasserstraßen beim Investitionshochlauf des Verkehrsministeriums über alle Transportwege hinweg eine ganz bedeutende Rolle einnehmen werden.
Gemeinsam schaffen wir es, dass die Wasserstraße für die Anforderungen der Zukunft fit wird und für den Transport der Güterverkehre gerüstet ist. Das ist eine große Reform, nicht nur für die Mitarbeiter, sondern im Besonderen auch für die deutsche Wirtschaft.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Wort hat der Kollege Herbert Behrens für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4080997 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung |