12.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 65 / Zusatzpunkt 1

Andreas SchwarzSPD - Aktuelle Stunde zu den umstrittenen Steuermodellen in Luxemburg

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der vergangenen Woche haben wir an dieser Stelle über die Fortschritte im internationalen Datenaustausch und die Verschärfungen bei der strafbefreienden Selbstanzeige gesprochen. Es ist gut, dass wir uns gemeinsam darüber Gedanken machen, wie wir Steuerbetrug und Steuervermeidung – auch legale – unterbinden wollen. Unser gemeinsames Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass den staatlichen Ebenen die ihnen zustehenden Haushaltsmittel für Haushaltskonsolidierung und Zukunftsinvestitionen zufließen. Umso verständnisloser waren wir, als am vergangenen Donnerstag öffentlich wurde, dass Luxemburg offenbar jahrelang eine äußerst befremdliche Steuergestaltung als Standortpolitik betrieben hat.

Wie kann es sein, dass ein Land wie Luxemburg über Jahre hinweg unter Beauftragung einer Beratungsfirma Steuersparmodelle entwickeln ließ, die jeden fairen Steuerwettbewerb ad absurdum führen? Wir haben nicht vergessen, was Jean-Claude Juncker als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei im März 2014 im Spiegel antwortete, als ihn Martin Schulz zu mehr Transparenz aufforderte. Ich zitiere:

(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Meine Kolleginnen und Kollegen, das muss jetzt lückenlos aufgeklärt werden. Ganz besonders interessiert uns dabei natürlich die Rolle des heutigen EU-Kommissionspräsidenten bei der Ausgestaltung dieser Steuerdeals.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir fordern deshalb die neue Kommission auf, sich um die Aufklärung dieser skandalösen Enthüllungen zu kümmern und umgehend zu reagieren. Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger wäre es sinnvoll, wenn die Kommission nun eine umfangreiche Gesetzesinitiative zum Kampf gegen Steuervermeidung vorlegt. Dieser ruinöse Steuerwettbewerb, wie er von Luxemburg betrieben wurde – übrigens nicht nur von Luxemburg –, muss jetzt endlich aufhören.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])

Die Steueroasen, auch in Europa, müssen endlich trockengelegt werden; denn Hilfe beim legalen Steuerbetrug schadet uns allen.

Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die jüngsten Äußerungen des luxemburgischen Finanzministers, der das Vorgehen seines Landes zwar legal, aber zugleich ethisch und moralisch nicht vertretbar findet. Er fügte hinzu – ich zitiere –:

Unabhängig davon, dass wir da Luxemburg auch auf nationaler Ebene in der Pflicht sehen, unterstreicht die Aufdeckung des Falles Luxemburg die Dringlichkeit der Bemühungen der Bundesregierung, auf nationaler, europäischer und globaler Ebene gegen Steuerbetrug und -vermeidung vorzugehen.

(Beifall bei der SPD)

Übrigens: Die gleiche Beratungsfirma, PricewaterhouseCoopers, die offenbar im Auftrag Luxemburgs diese überaus fragwürdigen, schädlichen und skandalösen Steuersparmodelle entwickelt hat, hat im August dieses Jahres in einem Papier Länder und Kommunen zu intensiveren Sparanstrengungen aufgefordert. Natürlich müssen Länder und Kommunen sparen; aber sich das von Leuten erklären lassen zu müssen, die mit dafür sorgen, dass genau diesen Ländern und Kommunen durch Steuertricksereien Milliarden an Steuereinnahmen verloren gehen, geht dann doch ein bisschen zu weit.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Da ist die Grenze zur Doppelmoral weit überschritten. Wenn alle, Privatpersonen wie Unternehmen, ihrer Steuerpflicht nachkommen und Unternehmer vor allem da Steuern zahlen würden, wo sie am Markt tätig sind, dann müsste die öffentliche Hand nicht ständig sparen, bis es quietscht, und dringliche Investitionen in die ferne Zukunft verschieben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Der Fall Luxemburg in seiner ganzen Dimension zeigt, wie viel Arbeit noch vor uns liegt. Wir werden die Bundesregierung weiter tatkräftig dabei unterstützen, auf allen Ebenen gegen Steuerdumping und -betrug vorzugehen. Maßnahmen zur Bekämpfung und Vermeidung von Steuerflucht haben für die SPD-Bundestagsfraktion absolute Priorität. Wir werden da nicht lockerlassen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt Dr. Thomas Gambke, Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4102042
Wahlperiode 18
Sitzung 65
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den umstrittenen Steuermodellen in Luxemburg
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