12.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 65 / Zusatzpunkt 1

Jürgen HardtCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu den umstrittenen Steuermodellen in Luxemburg

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist an der Zeit, der Fraktion Die Linke dafür zu danken, dass sie uns heute die Gelegenheit gibt, hier die wirklichen und wahrhaftigen Fortschritte mit Blick auf die Politik für mehr Steuergerechtigkeit darzulegen.

(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Sehr schön!)

Diese Debatte ist auch eine Gelegenheit, deutlich zu machen, dass Europa, dass die Europäische Union einen wesentlichen Schlüssel zur Lösung von Steuerungerechtigkeit für Unternehmen und für Privatleute auf der Welt darstellt. Denn die Europäische Union ist genauso wie die OECD eines der großen beiden Felder, auf denen wir mehr Steuergerechtigkeit erreichen können. Die deutsche Bundesregierung ist dort im Driver’s Seat, wie man so schön sagt, sie ist eine der zentralen treibenden Kräfte. Nicht umsonst hat die BEPS-Konferenz hier in Berlin stattgefunden. Dort ist das MCAA-Abkommen geschlossen worden, nach dem zukünftig Daten ausgetauscht werden sollen.

Steuerhinterziehung durch international geschickte Platzierung von Gewinnen wird schwieriger denn je. Ich freue mich auch, dass der Bundesfinanzminister gestern in einem Brief an den Kommissar Moscovici gefordert hat, dass die Europäische Union mehr Transparenz bei den Regeln, bei diesen Rulings, also bei der Ausgestaltung von entsprechenden Steuergestaltungsmöglichkeiten, in den Mitgliedstaaten verlangt. Ich freue mich, dass der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, vor wenigen Minuten bekannt gegeben hat, dass seine Kommission eine entsprechende Richtlinienüberarbeitung vorbereitet, nach der es zukünftig notwendig wird, dass ein Land, das unter bestimmten Voraussetzungen entsprechende Steuernachlässe gewährt, die Regeln, nach denen das erfolgt, und die Tatsache, dass es erfolgt, den anderen Mitgliedstaaten meldet, sodass die Finanzbehörden der betroffenen Länder entsprechend reagieren können.

Es ist ja schon ein Ärgernis; das möchte ich ganz klar sagen. Wenn man in Luxemburg durch die Unterstadt Grund läuft, marschiert man an einem schönen Bürogebäude vorbei. Viele von Ihnen kennen es, weil es an einem der Wege liegt, die man entlanggeht, wenn man sich das schöne Luxemburg anschaut. Dort befindet sich eine Büroetage, in der auch ein paar Leute arbeiten. An der Tür ist ein Schild, das besagt, dass sich dort die Europazentrale eines der größten Internetversandhandelsunternehmen der Welt befindet. Dass dort nicht das Geschäft abgewickelt wird, das das Unternehmen tatsächlich repräsentiert, ist klar.

Es gilt auch die Regel, dass zwar jeder seinen Unternehmenssitz wählen kann, wo er will, aber dass er natürlich dort Steuern zu zahlen hat, wo der Aufwand stattfindet. Die mittelständischen Unternehmen wie die großen Unternehmen in Deutschland wissen, dass sie, wenn sie Zinsen für vom Mutterkonzern in einem anderen Land geliehenes Geld zahlen oder wenn sie ganz konkret für Lizenzen zahlen müssen oder wenn sie Fabrikabgabepreise für Unternehmen im Ausland haben, die ihre Güter vertreiben, sehr gut aufpassen müssen, dass sie realistische, marktübliche Werte ansetzen und dass sie auf diese Weise nicht Gewinne in Länder verschieben, in denen die Zinsen niedriger sind. Ich habe Vertrauen in die deutsche Finanzverwaltung, dass das auch in hohem Maße so stattfindet.

Mit Blick auf das, was jetzt in Luxemburg vorgefallen ist, bin ich erstens sicher, dass die EU-Kommission, die Kommissarin für Wettbewerb, Frau Vestager, ganz genau hinschauen wird, ob Verstöße gegen EU-Wettbewerbsrecht vorliegen, und dass, wenn hier tatsächlich das EU-Subventionsrecht verletzt worden ist, eine ungeschönte Rechnung an Luxemburg geschrieben wird.

Ich glaube darüber hinaus, dass die Initiative der Kommission, zukünftig für Transparenz zu sorgen, ein wichtiger Schritt ist. Ich glaube aber auch, dass wir den Steuerwettbewerb insgesamt nicht ausschalten dürfen, weil er auch ein stabilisierendes, ein disziplinierendes Instrument für überbordende Staatssteuern ist.

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Was? Oh nein!)

Aber natürlich müssen die Leitplanken so gestaltet sein, dass es zu keinen ungerechten Verzerrungen innerhalb des Steuersystems kommt. Das Belegenheitsprinzip muss in der gesamten Europäischen Union stärker zur Anwendung kommen. Das wird uns helfen, dann auch gerecht zu besteuern.

Es ist eine große Stunde und eine große Chance für die EU-Finanzpolitiker, auf der Basis dieser Diskussion im Hinblick auf die Rückendeckung der Öffentlichkeit ein Stück weit voranzukommen. Es ist auch eine große Chance für einzelne Staaten wie zum Beispiel Luxemburg, was die Fähigkeit zur Einsicht angeht, dass sich im Land etwas ändern muss. Ich glaube, dass wir aus dieser Diskussion insgesamt viele gute Impulse mitnehmen werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Margaret Horb, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4102081
Wahlperiode 18
Sitzung 65
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den umstrittenen Steuermodellen in Luxemburg
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