Margaret HorbCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu den umstrittenen Steuermodellen in Luxemburg
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worüber haben wir gerade geredet? Wir diskutierten über legale, aber aggressive Steuervermeidungsmodelle von Unternehmen im internationalen und nationalen Bereich. In Luxemburg sollen fast 350 Unternehmen sogenannte Tax Rulings genutzt haben, um ihre Steuerlast zu senken. Tax Rulings sind verbindliche Zusagen einer Finanzbehörde an ein Unternehmen zur Anwendung des Steuerrechts, also Verwaltungsentscheidungen. Dass diese Tax Rulings jedoch der dringenden Prüfung und Transparenz bedürfen, geht aus Dokumenten hervor, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurden. So weit die Fakten.
Doch in der aktuellen Debatte geht es um weit mehr als um Steuergestaltung. Es geht auch um Fairness und Gerechtigkeit. Es zeichnet eine Marktwirtschaft aus, dass Unternehmen Gewinne erzielen wollen und miteinander im Wettbewerb stehen. Aber ein funktionierender Wettbewerb, egal ob national oder international, braucht Regeln und ein Spielfeld, das niemanden benachteiligt. Ein Fußballspiel wäre höchst ungerecht, wenn der Fußballplatz an einem Hang liegen würde und eine Mannschaft immer bergauf spielen müsste.
(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN)
Das Gleiche muss auch für den Steuerwettbewerb gelten. Es kann also nicht sein, dass die Global Player verschiedene nationale Steuerrechte gegeneinander ausspielen und sich die Regeln aussuchen, nach denen sie spielen wollen, während die Local Player, also unsere Mittelständler, Handwerksmeister, Bäcker, Metzger vor Ort diese Möglichkeit nicht haben. Die können nämlich keine Tochtergesellschaften auf den Cayman Islands oder in Luxemburg gründen, und – wahrlich und gottlob – das wollen die auch nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Beim Fußball gelten bei der Weltmeisterschaft auch keine anderen Regeln als bei den Spielen in der Bezirksliga. Deshalb muss jeder Bürger und jede Bürgerin, jeder Selbstständige, jeder Gewerbeleistende, jedes Unternehmen, egal ob groß oder klein, nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit seinen fairen Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens leisten. Das ist eine Selbstverständlichkeit und sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn wir dieses Prinzip nicht durchsetzen, dann schadet das am Ende uns allen. Wir brauchen die Steuereinnahmen. Wir brauchen sie für unsere Straßen in den Städten, Gemeinden und Ortschaften. Wir brauchen die Steuereinnahmen für unsere Kinder, für die Kindergärten, für die Schulen, für die Universitäten, für unser Gesundheitswesen und für vieles mehr.
Es schadet im Übrigen nicht nur dem deutschen Staat, sondern allen Staaten weltweit, wenn sie sich bei der Besteuerung von Großkonzernen gegeneinander ausspielen lassen. Aggressive Steuergestaltung können wir in einer globalisierten Welt nur durch internationale Abstimmung verhindern. Nationale Alleingänge gehören in das 19. Jahrhundert und somit der Vergangenheit an.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Kaum jemand treibt den Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung so voran wie wir, nicht nur innerhalb der EU, sondern auch im Rahmen der OECD und der G 20 weltweit. Daher geht auch mein Dank ganz besonders an unseren Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Fragen, auf die eine Antwort zu geben ist, sind komplex und alles andere als trivial: Wie verhindern wir, dass Betriebsausgaben in zwei Ländern doppelt abgezogen werden? Wie stellen wir sicher, dass Gewinne dort versteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden? Es geht hier um Verrechnungspreise, hybride Gestaltungen und um das Zusammenspiel ganz unterschiedlicher internationaler Steuersysteme. Etwas Komplizierteres im Steuerrecht gibt es kaum.
Trotzdem haben wir in unglaublich schneller Zeit schon erste Ergebnisse erreicht, weitere werden und müssen folgen. Der G-20-Gipfel am kommenden Wochenende in Brisbane wird gerade bei den Tax Rulings für mehr Transparenz sorgen. Zum speziellen Fall dieser Rulings in Luxemburg prüft die Bundesregierung, inwieweit deutsche Unternehmen involviert und betroffen sind. Auch die EU-Kommission sieht sich die Unterlagen sehr genau an, und das ist gut so. Diese Prüfungen werden wir abwarten und daraus unsere Konsequenzen ziehen.
Wir haben in diesem Bereich der Steuerpolitik eine ganz klare Linie: Steuerhinterziehung verhindern, Steuervermeidung bekämpfen, internationale Abstimmung mit unseren Partnern, Steuereinnahmen sichern – das Ganze mit Beharrlichkeit und Konsequenz. Diese Linie werden wir weiter fahren.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4102135 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 65 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu den umstrittenen Steuermodellen in Luxemburg |