13.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 66 / Tagesordnungspunkt 3

Johannes SinghammerCDU/CSU - Vereinbarte Debatte zum Thema: Sterbebegleitung

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Leben gehört auch das Sterben. In Würde sterben zu können, war immer schon eine herausragende Aufgabe im Miteinander der Generationen auch unseres Landes. Die meisten von uns – eigentlich jeder – machen sich Sorgen, ob am Ende des eigenen Lebens nicht unerträgliche Schmerzen warten, die vermieden werden können, und machen sich Gedanken darüber, wie man am Lebensende Hilflosigkeit und Verlust der Selbstbestimmung und der Autonomie abwenden kann.

Einige meinen, mit einer organisierten und geschäftsmäßigen sogenannten Sterbehilfe sei die Verwirklichung des Anspruchs auf Selbstbestimmung zu erreichen. Ich meine, dass ein solcher individualisierter Anspruch aber auch entscheidende Konsequenzen für alle hätte; denn keiner lebt für sich allein. Ich wünsche auch niemandem, dass er alleine stirbt.

Wenn der assistierte Suizid in schweren Lebenssituationen eine legal wählbare Wirklichkeit werden würde, dann würde sich in Deutschland einiges ändern. Ich bitte, einfach einmal zu überlegen: Welche Erwartungen würden entstehen? Welcher Druck auf schwerstkranke Menschen würde entstehen, die ihren Angehörigen am Ende nicht zur Last fallen wollen? Welcher Erwartungsdruck könnte wachsen, obwohl er gar nicht gewollt ist? Zeigt nicht die schmerzliche Erfahrung von Eltern, die trotz der Prognose einer Behinderung Ja zur Geburt ihres Kindes sagen, dass diese Sorgen alles andere als unbegründet sind? Brauchen wir nicht stattdessen eine Kultur der Wertschätzung gegenüber kranken und sterbenden Menschen? Brauchen wir nicht eine Mobilisierung aller – wirklich aller – Möglichkeiten, dass niemand am Lebensende allein bleibt, sondern bis zum Ende geborgen, aufgefangen, selbstbestimmt und schmerzfrei im vertrauten sozialen Umfeld leben kann? Ich meine deshalb, wir sollten ein umfassendes und strafbewehrtes Verbot der organisierten und geschäftsmäßigen Sterbehilfe im Strafgesetzbuch und ein Werbeverbot dafür anstreben. Die Möglichkeit, dass Tod mit einem Geschäft in Zusammenhang gebracht wird, sollten wir nicht zulassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Für Angehörige sollten wir die gegenwärtige Rechtslage nicht ändern. Dabei handelt es sich nicht um eine Grauzone, die bestehen bleiben soll, sondern es geht um einen Verantwortungsbereich, der sich einer Regelung in feinziselierten Paragrafen weitgehend entzieht.

Die ärztliche Beihilfe zur Selbsttötung ist keine Lösung. Der immer wieder beschworene hippokratische Eid der Ärzte, vor fast 3 000 Jahren erstmals gesprochen, lautet eindeutig und klar: „Ich werde niemandem … ein tödlich wirkendes Gift geben und auch keinen Rat dazu erteilen.“

Ich glaube, wir brauchen eine einheitliche Lösung in Deutschland, und wir brauchen auch den Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Arzt und dem Patienten.

Das Verbot der organisierten Beihilfe zum Suizid und der umfassende Aufbau einer Palliativ- und Hospizversorgung gehören untrennbar zusammen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Eine bessere Palliativversorgung als derzeit verringert vielfach den Wunsch nach einer sogenannten Sterbehilfe erheblich, weil dann durch entsprechende Therapien, die immer besser werden, Schmerzfreiheit und Selbstbestimmung auch bis zum Lebensende besser ermöglicht werden. Deshalb brauchen wir eine umfassende Unterstützung des Ausbaus von Hospiz- und Palliativnetzwerken, eine bessere ärztliche Qualifikation, eine kostendeckende Vergütung bei stationärem Aufenthalt und die entsprechende Unterstützung des Ehrenamts und auch der Familien.

Daher sage ich: Leben miteinander gestalten bis zuletzt ist besser, als Sterben zu organisieren. Als Christ sage ich für mich persönlich: Mein Leben ist in Gottes Hand.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Thomas Oppermann erhält nun das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4104498
Wahlperiode 18
Sitzung 66
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zum Thema: Sterbebegleitung
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