Brigitte PothmerDIE GRÜNEN - Langzeitarbeitslosigkeit
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unterstützung für Menschen am Rand gibt es nicht zum Nulltarif. Wir müssen ausreichend Geld in die Hand nehmen, um Langzeitarbeitslose zu integrieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wo bleibt eigentlich der Applaus der SPD-Fraktion? In der letzten Legislaturperiode haben Sie bei diesem Satz noch frenetisch geklatscht. Das ist nämlich ein Satz Ihrer Kollegin Katja Mast.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Es kommt darauf an, wer was sagt!)
Leider haben Sie diese richtige Position beim Übergang von der Oppositionspartei zur Regierungspartei entsorgt. Denn mit dem Programm, das Ihre Ministerin hier zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit vorgelegt hat, nimmt sie keinen zusätzlichen Cent in die Hand.
(Katja Mast [SPD]: Das stimmt nicht! Das ist falsch! Das wissen Sie genau!)
Hier wird lediglich ein Programm durch ein anderes Programm ausgetauscht.
(Katja Mast [SPD]: Das ist falsch, Frau Pothmer!)
Beispiel ESF-Programm. Dieses Programm von Frau Nahles ersetzt eins zu eins das Bürgerarbeitsprogramm von Frau von der Leyen. Das Sonderprogramm von Frau von der Leyen hatte 33 000 Plätze. Interessanterweise hat auch das ESF-Programm von Frau Nahles 33 000 Plätze. Jede Ministerin bekommt ihr Profilierungsprogramm. Leider bleibt für die Langzeitarbeitslosen kein einziges zusätzliches Angebot übrig.
(Katja Mast [SPD]: Das ist falsch!)
Beispiel Aktivierungszentren. 1 000 Mitarbeiter sollen Langzeitarbeitslose bei der Integration in Arbeit unterstützen. Diese 1 000 Mitarbeiter unterstützen derzeit über 50-Jährige bei der Integration in Arbeit. Das Programm 50plus wird schlicht und ergreifend umetikettiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, die Decke, die die Arbeitslosen wärmen soll, wird keinen Millimeter größer. Sie ziehen einfach nur an einem anderen Zipfel, und dabei kommt heraus, dass dann eben die über 50-Jährigen kalte Füße bekommen. Das ist zu wenig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Beispiel Teilhabeprogramm. Das Geld für dieses Sonderprogramm wird vorher aus dem Integrationstitel den anderen Langzeitarbeitslosen schlicht und ergreifend weggenommen. Sie verteilen um, und zwar von den Mittellosen zu den Habenichtsen.
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was Ihre Ministerin da vorgelegt hat, reicht weder quantitativ noch qualitativ. In der öffentlich geförderten Beschäftigung sind in den letzten Jahren 200 000 Plätze weggefallen. Sie machen ein Angebot von 43 000 Plätzen. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass Sie für ein 4-Prozent- Angebot hier auch noch Applaus bekommen. In der Opposition haben Sie dieses Programm und eine solche Politik noch Kahlschlagpolitik genannt.
Dieses Programm ist auch qualitativ enttäuschend. Hier wird ein Projekt durchgeführt und noch ein Projekt und wieder ein Projekt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Frau Mast, diesen Text hätten Sie mitsprechen können. Auch das haben Sie in der letzten Legislaturperiode hier unter viel Applaus gesagt. Ich frage mich wirklich: Welche wundersame Wandlung haben Sie eigentlich in dieser kurzen Zeit der Regierungsbeteiligung durchgemacht, dass Sie dieses Programm-Hopping, das Sie in der Vergangenheit zu Recht kritisiert haben, jetzt loben?
(Widerspruch bei der SPD)
Sie wissen doch genauso gut wie ich: Mit dieser Form der Politik für Langzeitarbeitslose sind wir grandios gescheitert. Deshalb reden wir hier seit Jahren, und zwar in einem breiten Bündnis, darüber, dass wir einen verlässlichen sozialen Arbeitsmarkt brauchen. Von dieser Erkenntnis findet sich in dem Vorschlag von Frau Nahles leider nichts. Wissen Sie, was ich wirklich als Armutszeugnis empfinde? Ganz offensichtlich ist die CDU da weiter als eine sozialdemokratische Arbeitsministerin, jedenfalls wenn ich die Worte von Herrn Zimmer hier ernst nehme.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Widerspruch bei der SPD)
Sie lassen nicht nur die Arbeitslosen im Stich, Sie lassen Ihre eigenen grün-roten und rot-grünen Regierungen im Stich. Die haben in Form von Landesprogrammen inzwischen Vorleistungen erbracht, und die brauchen jetzt dringend Ihre Unterstützung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ab dem Haushalt 2013 wollten Sie den Eingliederungstitel jedes Jahr um 1,6 Milliarden Euro aufstocken.
(Zuruf von der CDU/CSU: Wollen Sie mal zum Antrag der Linken sprechen?)
„Daran lassen wir uns gerne messen, wenn wir in der Regierung sind“, haben Sie, Frau Mast, gesagt. Wir haben Sie, wir haben die SPD an diesem Programm gemessen, und ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben Sie für zu leicht befunden.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Gewogen heißt das, nicht gemessen!)
Wir haben einen Regierungswechsel; aber einen Politikwechsel für Langzeitarbeitslose haben wir nicht bekommen. Schade eigentlich!
Ich danke Ihnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Daniela Kolbe, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4105114 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 66 |
Tagesordnungspunkt | Langzeitarbeitslosigkeit |