Matthias BartkeSPD - Langzeitarbeitslosigkeit
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es stimmt: In Deutschland sind fast 43 Millionen Menschen erwerbstätig. Das sind so viele wie noch nie. Im Oktober waren nur 2,7 Millionen Menschen arbeitslos. Das sind so wenige wie zuletzt vor drei Jahren. Wir stehen damit im europäischen Vergleich hervorragend da.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es stimmt aber auch: Bei uns sind über 1 Million Menschen langzeitarbeitslos. Das ist mehr als ein Drittel aller Arbeitslosen. Diese Zahl hat sich außerdem seit 2009 kaum verändert. Von den neu geschaffenen Stellen und der positiven Entwicklung des Arbeitsmarktes haben andere profitiert. Deutschland steht damit im europäischen Vergleich schon deutlich schlechter da.
Wir sprechen hier von Menschen, die sich vergeblich auf Jobsuche befinden: ein Jahr, zwei Jahre und länger. Ihnen fehlen zum Teil Qualifikationen oder Deutschkenntnisse. Oder sie müssen sich um Kinder oder Angehörige kümmern. Sie sind zu alt, zu krank oder zu lange nicht beschäftigt. Die Gründe, weshalb sie aus eigener Kraft keine Beschäftigung finden, sind genauso vielfältig wie individuell. Auch mit Hilfestellungen gehört ihre dauerhafte Vermittlung zu den schwierigsten Aufgaben der Arbeitsmarktpolitik.
Die Teilhabe am Erwerbsleben ist bei uns eine wichtige Voraussetzung für die Teilhabe an der Gesellschaft. Man kann das berechtigt kritisieren. Der Wert eines Menschen wird sicherlich nicht durch seine berufliche Tätigkeit bestimmt. Am Ende ist es aber doch so, dass Arbeitslosigkeit soziale Ausgrenzung provoziert. Wenn wir Teilhabe wollen, muss uns die Integration der Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt ein Herzensanliegen sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Aus diesen Gründen rechne ich es der Bundesarbeitsministerin hoch an, dass sie das Thema Langzeitarbeitslosigkeit wieder prominent auf die Agenda gebracht hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist ihr Verdienst, dass wir hier heute stehen und darüber diskutieren. Ihrem Konzept zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit liegen eine umfassende Analyse und der Anspruch zugrunde, sich nicht mehr allein auf die Konjunktur zu verlassen. Nachdem die Bundesarbeitsministerin ihr Konzept vergangene Woche präsentiert hatte, wurde schnell auch Kritik laut. Die Hannoversche Allgemeine hat zum Beispiel getitelt: „Nahles wird keine Wunder wirken“. Aber ganz ehrlich: Es geht hier nicht um Wunder. Es geht darum, mit konkreten Maßnahmen konkrete Verbesserungen zu erwirken. Das Maßnahmenpaket der Bundesarbeitsministerin hat großes Potenzial, neue Chancen für Langzeitarbeitslose zu erwirken. Die verschiedenen Maßnahmen setzen bei den unterschiedlichen Gründen der Langzeitarbeitslosigkeit an: mehr Beratung, bessere Betreuung und weniger Bürokratie.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn ich mir die Schlagworte aus dem Linkenantrag anschaue, sehe ich, dass Sie in vielen Punkten durchaus nicht so weit von uns entfernt sind. Der Unterschied ist: Sie wollen von allem viel mehr, wie immer,
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Wir sind besser!)
allein 200 000 Stellen auf einem sozialen Arbeitsmarkt. Mit Kleinigkeiten wie der Finanzierung halten Sie sich gar nicht erst länger auf. Wenn Sie auf den Passiv-Aktiv- Transfer abstellen, muss ich sagen: Er beinhaltet leider keine Vollfinanzierung des sozialen Arbeitsmarktes.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Katja Mast [SPD]: Eine Wahrheit gelassen ausgesprochen!)
Wenn ich ehrlich bin: Auch ich will mehr. Aber der Bund kann nicht beliebig viel Geld drucken. Im Bereich Passiv-Aktiv-Transfer könnte auch ich mir trotzdem vorstellen, noch etwas zuzulegen. Wir haben ja vorhin darüber gesprochen. Da scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein. Und das finde ich richtig so.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich bin überzeugt, dass das vorliegende Maßnahmenpaket der Arbeitsministerin einen entscheidenden Unterschied machen wird. Es handelt sich eben nicht um dieselben Programme in einem anderen Gewand. Ja, Lohnkostenzuschüsse gab es auch schon vorher.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gibt es auch sonst!)
Sie sind aber auch besonders sinnvoll.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Hier haben wir die absolut höchste Eingliederungsquote. Neu ist aber: Den Langzeitarbeitslosen wird durch das Programm in Ergänzung ein Coach an die Seite gestellt, und zwar auch, wenn sie bereits erfolgreich in einen Job vermittelt worden sind.
(Beifall bei der SPD)
Ein stufenweiser Einstieg ist ebenfalls möglich. Die Chancen auf eine nachhaltige Vermittlung sind damit deutlich größer.
Sie werfen uns eine Umetikettierung mit Bezug auf das Programm „Perspektive 50plus“ vor. Ich sage Ihnen: Darum geht es nicht. Es geht darum, gewonnene Erfahrung und besonders geschulte Vermittler zum Vorteil der Langzeitarbeitslosen insgesamt einzusetzen. Das ESF-Programm mag auf 33 000 Teilnehmer und das Programm zur sozialen Teilhabe auf 10 000 beschränkt sein. Die Verbreitung der Aktivierungszentren aber, die individuell auf Langzeitarbeitslose eingehen, ist flächendeckend geplant.
Das vorliegende Konzept ist nur der Anfang. Es zeigt: Endlich haben wir wieder eine Arbeitsministerin, die die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit in Angriff nimmt.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Als letzter Rednerin in der Aussprache erteile ich das Wort der Abgeordneten Jutta Eckenbach, CDU/CSU- Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4105255 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 66 |
Tagesordnungspunkt | Langzeitarbeitslosigkeit |