13.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 66 / Tagesordnungspunkt 21

Heiko Maas - Mietrecht

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Sehr geehrter Herr Präsident und sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 54 Prozent aller Deutschen wohnen zur Miete – das ist mehr als in jedem anderen europäischen Land. Immer mehr Menschen in Deutschland sind heute von steigenden Mieten betroffen. Wir wollen etwas tun. Deshalb legen wir Ihnen heute diesen Gesetzentwurf vor.

In den vergangenen Jahren sind die Mieten vor allen Dingen in zwei Bereichen gestiegen, und zwar drastisch: erstens in den attraktiven Lagen vieler Großstädte, zweitens in den Universitätsstädten und in den Städten, die ganz besonders viele Arbeits- und Ausbildungsplätze anbieten.

Wenn dort nach einem Auszug eine Wohnung wieder neu vermietet wird, dann wird dies oft für eine kräftige Erhöhung der Miete genutzt. Die Preise liegen dann zum Teil deutlich über den ortsüblichen Vergleichsmieten. In Regensburg etwa beträgt diese Abweichung im Schnitt mittlerweile 33 Prozent. In Frankfurt am Main und in Münster sind es 30 Prozent, und in Hamburg und München sind es – schon bei einem außerordentlich hohen Niveau – 25 Prozent.

In dieser Situation brauchen wir die Mietpreisbremse.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn der vorliegende Entwurf Gesetz wird, dann kann bei einer Wiedervermietung die angehobene Miete nur maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Zudem werden wir im Maklerrecht einen allgemeinen Rechtsgrundsatz durchsetzen, nämlich dass die Maklerkosten bei dem anfallen, in dessen Interesse der Makler tätig wird. Beides zusammengenommen ist sinnvoll, angemessen und notwendig. Wir brauchen dieses Gesetz gerade zum jetzigen Zeitpunkt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will einige besondere Aspekte, auch solche, die in den vergangenen Wochen und Monaten schon intensiv diskutiert worden sind, noch einmal herausstellen. Die Geltungsdauer für die Ermächtigungsgrundlage für die Mietpreisbremse beträgt fünf Jahre. Einige sagen: nur fünf Jahre. – Aber auch das hat seinen Grund. Wir wissen, dass die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt zyklisch verläuft. Das hängt von Angebot und Nachfrage ab, entsprechend entwickeln sich die Preise.

Wenn man zusammenzählt, dass für fünf Jahre die Länder ermächtigt werden, entsprechende Verordnungen zu erlassen, und dass diese dann noch einmal fünf Jahre dauern können, dann sieht man, dass die Wirkungen der Mietpreisbremse bis zu zehn Jahre dauern. Mit diesem Zeitraum geben wir durchaus angemessene Antworten auf das, was im Moment auf dem Wohnungsmarkt stattfindet.

Ich sage auch dazu: Das ist ein neues Instrument. Wir sind davon überzeugt, dass dieses Instrument wirken wird. Aber es ist vollkommen berechtigt, nach fünf Jahren zu evaluieren, ob und wie dieses Instrument gewirkt hat, um es möglicherweise entsprechend weiterzuentwickeln.

Die Mietpreisbremse gilt nur für Wohnungsmärkte, in denen die Lage angespannt ist.

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Das ist sie doch überall!)

Es gibt Menschen, die der Auffassung sind, die Mietpreisbremse solle überall gelten.

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Ja! Gute Idee!)

Der Grund, warum wir uns auf diesen Geltungsbereich beschränkt haben, ist ganz einfach: Die Mietpreisbremse wird nicht überall gebraucht. Es gibt viele Regionen, von Mecklenburg-Vorpommern bis ins Saarland, in denen wir andere Probleme haben: Da fehlen aufgrund der demografischen Entwicklung eher die Mieter. Dort gibt es auch keine Preissprünge. Vielmehr ist es für Vermieterinnen und Vermieter außerordentlich schwierig, für ihre Wohnung überhaupt einen Mieter zu finden. Deshalb wollen wir, dass die Mietpreisbremse dort gilt, wo sie wirklich notwendig ist. Alles andere würde nur zu unnötiger Bürokratie führen. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben in diesem Gesetzentwurf auch die Voraussetzungen definiert, nach denen die Länder eine Verordnung zur Einführung der Mietpreisbremse umsetzen können. Auch das wird unterschiedlich diskutiert. Letzte Woche ist der Gesetzentwurf bereits in den Bundesrat eingebracht worden. Dort ist zum Beispiel von dem Land Brandenburg moniert worden, dass man den Ländern überhaupt Spielräume belässt. Aus Bayern kam dagegen der Einwand, dass die festgelegten Kriterien die Länder vielleicht doch etwas zu sehr einengen. Möglicherweise ist das, was der Gesetzentwurf vorsieht, nämlich die Mitte, auch die goldene Mitte. Es ist nichts anderes als das Angebot einer sachgerechten Lösung.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mein Gott! Was für eine Selbstlobhudelei!)

Denn wir sind davon überzeugt, dass aufgrund der Sach- und Ortsnähe am besten vor Ort darüber entschieden werden kann, wo diese Kriterien erfüllt sind.

Die Kriterien als solche halte ich für unbestreitbar: Ein Wohnungsmarkt gilt dort als angespannt, wo die Mieten hoch sind, wo sie besonders stark steigen, wo die Wohnbevölkerung bei stagnierendem Wohnraum wächst und wo geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb ist es richtig, es den Ländern zu überlassen, wo sie von diesem Instrument Gebrauch machen.

Ein weiterer Punkt in unserem Gesetzentwurf, einer, der vielleicht am heftigsten diskutiert worden ist, ist das Vorhaben, Neubauten von der Mietpreisbremse auszunehmen.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Falsch! Eingeknickt! Aber dazu sage ich nachher noch was!)

Auch das ist, wie ich finde, eine richtige Entscheidung. Wir wollen niemanden, der in den Wohnungsbau investieren will, mit der Mietpreisbremse zum Nachdenken veranlassen, was die Amortisation angeht, was möglicherweise zur Folge hat, dass diese Investition nicht durchgeführt wird.

Die Einwände dagegen, die Neubauten von der Mietpreisbremse auszunehmen, gehen aber auch aus einem anderen Grund völlig ins Leere. Wir haben in Deutschland 20 Millionen Bestandsmietwohnungen. Jedes Jahr kommen etwa 200 000 neue Wohnungen, also Neubauten, dazu. Die Hälfte dieser 200 000 neuen Wohnungen sind Mietwohnungen. Das heißt, weniger als 1 Prozent der Wohnungen kommt überhaupt für die Mietpreisbremse in Betracht.

Bedenkt man zudem, dass statistisch gesehen eine Wohnung alle zehn Jahre wieder- und weitervermietet wird, dann wird sehr schnell deutlich, dass es nur marginale Ergebnisse bringen würde, Neubauten miteinzubeziehen, weil es praktisch überhaupt keine Fälle gibt, die wir mit dieser Regelung erfassen würden. Deshalb ist es, finde ich, richtig, in dem Fall der Investitionsbereitschaft den Vorrang zu geben. Es gibt praktisch keine Mieter bei Neubauten, die wir mit der Mietpreisbremse schützen müssten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es geht um die Durchschnittsmieter!)

– Für die Durchschnittsmiete gilt: Die Mietpreisbremse soll in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt gelten, und wenn dort neue Wohnungen gebaut werden, dann werden in der Regel Quadratmeterpreise von weit über 10 Euro pro Quadratmeter verlangt.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das liegt an der Liegenschaftspolitik des Bundes! Unter anderem!)

Das bewegt sich in Regionen, wo es um Menschen geht, die nicht unbedingt von der Mietpreisbremse geschützt werden müssen.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt, der schon diskutiert worden ist: Bei der Mietpreisbremse stellen wir nicht auf einen Mietspiegel, sondern auf die ortsübliche Vergleichsmiete ab. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist im Mietrecht bereits heute ein anerkannter Maßstab. Mietspiegel reflektieren lediglich die ortsübliche Vergleichsmiete.

Bis heute haben aber lediglich 7 Prozent aller deutschen Gemeinden einen Mietspiegel. Selbst unter den Städten mit hohen Mietpreisen haben nur 20 Prozent einen Mietspiegel. Über die Einzelheiten, wie ein einfacher oder ein qualifizierter Mietspiegel genau aussehen soll – das sind Fragen, mit denen wir uns anschließend intensiv und zügig beschäftigen müssen –, gibt es bislang keinen Konsens zwischen den Beteiligten.

Wir können aber nicht abwarten, bis sich alle Beteiligten auf die Gestaltung eines – am besten eines qualifizierten – Mietspiegels geeinigt haben. Wir müssen sofort etwas gegen die steigenden Mieten tun. Deshalb stellen wir auf das anerkannte Kriterium der ortsüblichen Vergleichsmiete ab. Alles andere würde dazu führen, dass die Einführung, Umsetzung und Anwendung der Mietpreisbremse genau dort, wo sie gebraucht wird, gefährdet würde.

Meine Damen und Herren, alles in allem: ein sinnvolles und notwendiges Gesetz, zu dem ich um Ihre Zustimmung bitte.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie denn jetzt nichts zu den Maklergebühren gesagt?)

Ich will noch eine Anmerkung machen. Es kann sein, dass ich die Debatte etwas früher verlassen muss, aber nur deshalb, weil in wenigen Minuten der Haushalt des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses aufgerufen wird. Da muss ich selber hin. Das hat nichts damit zu tun, dass mir der Respekt vor dem Hohen Hause fehlt. Ich bitte darum um Verständnis.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Als nächste Rednerin spricht die Kollegin Caren Lay.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4105267
Wahlperiode 18
Sitzung 66
Tagesordnungspunkt Mietrecht
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