Ernst Dieter RossmannSPD - Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hein, das soll jeder merken.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wenn wir heute diese Grundgesetzänderung beschließen, dann dürfen Sie sicher sein, dass wir zu den Hochschulen und den Wissenschaftseinrichtungen im ganzen Land gehen und sagen werden: Wir haben ein gutes Stück geschafft. – Aber wie alle hier im Bundestag wissen, ist das für die Sozialdemokratie noch nicht das ganze Stück.
(Beifall bei der SPD)
Denn wir möchten, dass der Geist der gemeinsamen Förderung von Bildung nicht auf Hochschulen begrenzt ist, sondern tatsächlich durch die gesamte Bildungskette, von der frühkindlichen über die schulische und die berufliche Ausbildung bis zur Weiterbildung, geht. An dieser Stelle gibt es ein Kooperationsverbot, und es gibt ein Förderungsverbot, wenn Sie es präzise haben wollen.
Wir, der Bund, wollen natürlich keine Schulgesetze oder Hochschulgesetze machen, aber wir wollen möglichst das Sinnfällige tun können.
(Beifall bei der SPD)
Da, wo es ein gemeinsames Interesse gibt, wollen wir die Kräfte des Bundes und der Länder bündeln, und zwar zum Besten der Bildung.
Wir müssen anerkennen: Das hat der Wähler noch nicht goutiert, dafür haben wir im Parlament noch keine Zweidrittelmehrheit. Was wir aber geschafft haben, ist Folgendes: In der Kontinuität von 1949 bis in die Gegenwart hinein haben wir in Sachen Hochschule eine aufbauende, zusätzliche Förder- und Kooperationsmöglichkeit geschaffen.
(Beifall bei der SPD)
1949 gab es gar keine Kooperation. Damals gab es den separativen Föderalismus. 1969 wurden die Rahmenplanung, der Hochschulbau und die Bildungsplanung eingeführt. Zusätzlich gab es einen ersten gemeinsamen Aufbruch hin zu mehr Förderung der Hochschulen. 2006 drohte das Ganze in sich zusammenzufallen. Es waren die SPD-Bildungspolitiker, die durchgesetzt haben, dass die Vorhaben der Wissenschaft als Gemeinschaftsaufgabe in das Grundgesetz aufgenommen wurden. Jetzt sind alle froh darüber. Wir sind erst recht froh darüber, dass wir jetzt, 2014, eine erweiterte Kooperation in der Verfassung verankern. So deutlich hat das für die Wissenschaft und die Hochschulen noch nie in einer deutschen Verfassung nach dem Nationalsozialismus gestanden.
(Beifall bei der SPD)
Das ist etwas, für das wir ohne Weiteres die Fanfaren erklingen lassen. Wir haben jetzt etwas Modernes erreicht, etwas, was der Hochschulrepublik Deutschland gut entspricht. Das ist wichtig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich möchte das aufnehmen, was die Ministerin gesagt hat: Ja, im Ausschuss hat es tatsächlich eine volle Unterstützung für diesen Vorschlag gegeben. Es ist auch von den Sachverständigen herausgearbeitet worden, welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt.
Frau Hein, Sie greifen den einen kritischen Punkt der Einstimmigkeit auf. Wir sagen doch auch an anderer Stelle: Wir wollen alle mitnehmen. Wollen wir denn nicht auch alle bei der Hochschulkooperation zwischen Bund und Ländern mitnehmen? Oder wollen wir einzelne Bundesländer beiseitelassen? Sie als Vertreterin eines Bundeslandes würden es auch nicht gut finden, wenn Sie nicht mitgenommen würden. Deshalb ist auch das etwas, was den kooperativen Geist ausmacht. Wir wollen alle mitnehmen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Die Türen werden jetzt geöffnet, wie die Ministerin es gesagt hat. Das bedeutet nicht, dass jetzt unmittelbar Milch und Honig fließen und dass es jetzt noch dramatisch viel zusätzliches Geld für die Hochschulen und die Wissenschaft geben könnte. Dafür hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz und dafür wird die Bundeskanzlerin zusammen mit den Ministerpräsidenten in einem guten Monat, im Dezember, ein Zeichen setzen können; denn es sind 25 Milliarden Euro, die wir, Bund und Länder, über die Jahre hinweg für den Ausbau von Wissenschaft, Forschung und Lehre mobilisieren. Auch dass die Lehre zum ersten Mal im Grundgesetz erwähnt wird – das nur in Klammern –, bedeutet keine Schwächung der Hochschulen; es ist vielmehr eine Stärkung der Hochschulen. Auch das ist mit dieser Grundgesetzänderung verbunden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir werden das Jahr 2015 mit dieser Grundgesetzänderung im Rücken dafür nutzen können, uns neue Gedanken über die zukünftige Wissenschafts- und Forschungsarchitektur zu machen; denn dafür wird jetzt das Tor geöffnet. Wir werden viel freier und präziser darüber nachdenken, was das in Bezug auf die bessere Kooperation von außeruniversitären und universitären Forschungseinrichtungen bedeutet, was das in Bezug auf die Profilierung der Hochschul- und der Forschungslandschaft bedeutet und was das in Bezug auf die nachhaltige Förderung von Internationalität heißt. Die Aufgabe, die wir jetzt haben, nachdem das Grundgesetz die Voraussetzungen dafür schafft, ist, in den Jahren 2015 und 2016 alles dafür zu tun, dass wir im Jahr 2017 mit einer guten Fortsetzung der Exzellenzinitiative in der Spitze und in der Breite weiteren Fortschritt für Deutschland erreichen können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir setzen auch einen sozialdemokratischen Akzent. Für uns muss der wissenschaftliche Nachwuchs – wir haben uns darüber gefreut, dass die Wissenschaftsministerin das in gleicher Weise immer wieder betont – ins Zentrum rücken. Wir möchten einen zusätzlichen Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs,
(Beifall bei der SPD)
zusätzlich zu dem Pakt für Exzellenz, zu dem Pakt für die Forschung und zu dem Pakt für die Hochschulen. Dass dies notwendig ist, muss man hier nicht begründen; denn die Einsicht ist gewachsen, dass es der Wissenschaft und der Forschung nicht zuträglich ist, wenn viele junge Leute mit heißem Herzen in die Wissenschaft und die Hochschullehre gehen, aber tatsächlich immer darauf achten müssen, wann ihr Vertrag zu Ende ist. Wenn sie mit heißem Herzen zum Nutzen von Wahrheit und zum Nutzen der Menschen und ihrer Lebensverhältnisse etwas bewegen wollen, aber gleichzeitig merken, dass ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen und ihre Perspektiven schlechter werden, dann schadet das der Wissenschaft und Forschung.
Deshalb: Nutzen wir dieses neue Grundgesetz dazu, auch den in der Wissenschaft handelnden Menschen eine verlässliche Perspektive zu geben.
Wenn wir diesen Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes jetzt gleich verabschieden, dann wird das hoffentlich nicht nur mit Zustimmung der Regierungsfraktionen geschehen; schließlich sind auch die anderen hier vertretenen Parteien, die Linken wie die Grünen, an anderer Stelle an der Regierung. Am Ende muss es so wirksam sein, dass, egal wie Regierungen zusammengesetzt sind, Länderregierungen wie Bundesregierung zusammen die neue Qualität des Grundgesetzes nutzen.
Also, etwas pathetisch zum Schluss: Diese Grundgesetzänderung öffnet neue Horizonte. Kommen Sie mit, und nutzen Sie diese Horizonte!
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kai Gehring, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4105757 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 66 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b) |