Johannes FechnerSPD - Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich bin sehr froh, dass wir heute diesen Gesetzentwurf verabschieden können, weil wir damit eine EU-Richtlinie umsetzen – das ist der Anlass für dieses Gesetz –, was bei der Vorgängerregierung liegen geblieben war. Sie sehen also: Wir reden nicht nur vom Schutz von Kindern, sondern wir handeln auch, und wir schließen mit diesem Gesetz zum Schutz der Kinder wichtige Strafbarkeitslücken in Deutschland.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dabei sind wir uns bewusst, dass wir mit dem Strafrecht allein den Missbrauch von Kindern sicherlich nicht verhindern können. Dazu brauchen wir Präventionsprojekte wie das Projekt „Kein Täter werden“ in Berlin oder ein ähnliches Projekt in Baden-Württemberg. Wir unterstützen das Projekt „Kein Täter werden“ in diesem Haushaltsjahr mit zusätzlichen 150 000 Euro.
Natürlich, die besten und strengsten Gesetze helfen nichts, wenn wir bei den Ermittlungsbehörden, etwa bei der Polizeidienststelle vor Ort, nicht die technische und auch nicht die personelle Ausstattung haben, die für die Verbrechensbekämpfung benötigt werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Ich bin gespannt, was zu diesem für mich wesentlichen Aspekt im Untersuchungsausschuss zum BKA herauskommt; denn die entscheidende Frage ist: Was können wir hier verbessern?
Es gibt in Deutschland Strafbarkeitslücken im Strafgesetzbuch, die wir mit diesem Gesetz schließen wollen. Wichtig ist mir, dass wir das Strafmaß für den Besitz von Kinderpornografie von zwei auf drei Jahre erhöhen; das halte ich für eine wichtige Maßnahme. Das Erstellen, das Verbreiten und der Besitz sogenannter Posingbilder werden zukünftig nach dem StGB explizit als Kinderpornografie strafbar sein. Ich halte es für ganz wichtig, dass wir hier ein klares Kriterium gefunden haben und im Gesetz definiert haben, wann etwas als Kinderpornografie strafbar sein soll.
Wir haben klar definiert, wann ein Bild eines nackten Kindes oder eines Jugendlichen als pornografisch und damit strafbar einzuschätzen ist, nämlich dann, wenn das Bild oder das Video die unbekleideten Genitalien oder das unbekleidete Gesäß eines Kindes zeigt oder wenn ein Kind bzw. ein Jugendlicher in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung abgebildet ist. Zudem macht sich nach unserer Neuregelung strafbar, wer mit kommerziellen Absichten Nacktbilder von Jugendlichen, die die Schwelle zur Pornografie, die ich gerade beschrieben habe, nicht erreichen, herstellt oder anbietet.
Wir beschließen noch viele weitere wichtige Maßnahmen. Da möchte ich dem Kollegen Wiese allerdings nicht vorgreifen. Ich will nur benennen, dass wir das Cybergrooming zukünftig explizit unter Strafe stellen. Ich finde, eine wichtige Maßnahme ist auch, dass wir die Verjährungsfrist deutlich verlängern. Sie sehen also: Wir nehmen den Schutz der Kinder sehr ernst. Wir schließen Strafbarkeitslücken im Gesetz zum Wohle der Kinder in Deutschland.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber auch den höchstpersönlichen Lebensbereich von Erwachsenen schützen wir zukünftig besser, etwa indem wir die Personen, die in einer hilflosen Situation fotografiert und dadurch zur Schau gestellt werden, strafrechtlich schützen. Strafbar macht sich zukünftig auch, wer unbefugt ein Bild – das Wort „unbefugt“ ist ein ganz wichtiges Korrektiv im Gesetzestext – herstellt und dabei dem Ansehen der fotografierten Person erheblich schadet. Wir haben ja heute die Situation, dass Smartphones und damit Kameras und Videokameras allgegenwärtig sind. Sofort ist jemand da, der auf den Auslöser drücken und knipsen kann. Ich finde, angesichts dieser technischen Entwicklung müssen wir den höchstpersönlichen Lebensbereich, nicht nur der Kinder, sondern auch der Erwachsenen besser schützen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie sehen also: Wir haben in Umsetzung der EU- Richtlinie präzise Regelungen für das Strafgesetzbuch zum Schutz der Kinder in Deutschland getroffen. Da in manchen Medien anscheinend noch Unklarheiten bestanden, möchte ich ausdrücklich auf Folgendes hinweisen: Die Sorge, dass die journalistische Bildberichterstattung durch dieses Gesetz in irgendeiner Form eingeschränkt werden könnte, ist unbegründet. Wir haben in einer Vorschrift explizit geregelt, dass die journalistische Bildberichterstattung und wissenschaftliche Tätigkeiten von der Strafbarkeit ausgeschlossen sind. Da auch viele Eltern nach Medienberichten Sorge hatten, ist es mir ebenso wichtig, zu sagen: Wenn Eltern ihre kleinen Kinder im Familienurlaub nackt am Strand spielend fotografieren, dann ist das nicht strafbar, auch dann nicht, wenn solche Fotos verbreitet werden. Es war uns ganz wichtig, dass solche privaten Fotos nicht kriminalisiert werden.
Zusammengefasst: Wann sind Nacktfotos von Kindern strafrechtlich problematisch? Das ist bei der Herstellung, beim Besitz oder beim Erwerb von Nacktbildern von Kindern und Jugendlichen der Fall, wenn das Bild vom Täter mit der Absicht, es zu verkaufen, also einem Dritten gegen Entgelt zugänglich zu machen, hergestellt wurde oder wenn es sich um pornografische Bilder handelt, wobei wir im Gesetz ganz klar definiert haben, wann diese Schwelle erreicht ist.
Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz verbessern wir den Schutz der Kinder vor Missbrauch, und wir schützen den höchstpersönlichen Lebensbereich von Bürgerinnen und Bürgern, ganz unabhängig vom Alter. Es ist deshalb ein wichtiges und sinnvolles Gesetz, dem wir alle einvernehmlich zustimmen sollten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Jörn Wunderlich für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4107872 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 67 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht |