14.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 67 / Tagesordnungspunkt 22

Petra CroneSPD - Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Tribünen! Jetzt haben wir festgestellt, dass nicht nur die Opposition, sondern auch die Koalitionsfraktionen recht haben. Wunderbar. Es ist alles geregelt.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ist das herrlich!)

Ich habe mir Ihren Änderungswunschkatalog und Ihre Kritik zu dem heute eingebrachten Gesetzentwurf genau angehört, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Einiges davon ist bedenkenswert – ohne Frage –,aber einiges – das muss ich schon sagen – ist reichlich überzogen. Wenn Sie ganz genau hinschauen, dann müssen Sie zugeben: Dieser Entwurf eines Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf hat seinen Namen wirklich verdient.

(Beifall bei der SPD)

Das kann ich gleich auch noch belegen.

(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bitte!)

Das ist keine Luftnummer. Wir haben vor drei Jahren das Gesetz über die Familienpflegezeit verabschiedet. Das allerdings war ein zahnloser Tiger: Es gab keinen Rechtsanspruch und stattdessen jede Menge Kleingedrucktes.

(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kriegt er ein Gebiss!)

Wer die Not kennt, die Angehörige umtreibt, die dem Wunsch von pflegebedürftigen Angehörigen nachkommen und sie pflegen wollen, der muss zugeben, dass Ministerin Manuela Schwesig den vorliegenden Gesetzentwurf richtig angegangen ist, indem sie einen Rechtsanspruch und Lohnersatzleistungen während einer zehntägigen Auszeit verankert hat, zudem einen Kündigungsschutz und die Möglichkeit, die Arbeitszeit bis zu 24 Monate lang zu verringern. Das ist ein Riesenunterschied.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist kein Wunder, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieses Angebot vorher nicht angenommen haben. Jetzt geben wir ihnen ganz andere Möglichkeiten. Deswegen finde ich die Kritik überzogen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])

Endlich wird die wichtige Aufgabe, die Angehörige mit der Pflege übernehmen, erleichtert. Pflege ist eine Aufgabe, die unsere allergrößte Hochachtung verdient. Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir endlich realistischere Bedingungen. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen müssen ihre finanziellen Einbußen nicht länger alleine tragen. Der aufgezwungene Abschluss einer privaten Versicherung wird zurückgenommen. Damit wird privates Engagement von Angehörigen nicht länger bestraft. Außerdem kommen wir dem Wunsch vieler Angehöriger entgegen, die gerne zu Hause pflegen möchten.

Auch in meinem Wahlkreis ist es so – wir haben das Thema vorhin schon angesprochen –, dass viele Unternehmen schon einen Schritt weiter gegangen sind und betriebsinterne Vereinbarungen anbieten. Ich komme aus Südwestfalen, einer ganz starken Wirtschaftsregion. Für die mittelständischen Unternehmen dort ist das ein ganz wichtiges Thema, weil sie ihre Fachkräfte nicht verlieren wollen.

(Beifall des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])

Deswegen unterstützen sie Vorhaben für eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Finden die denn auch Ersatzkräfte?)

Solche Regelungen gibt es aber auch überregional. Rewe und Real zum Beispiel bieten auch betriebsinterne Vereinbarungen an.

Lebensnah und realistisch ist es auch, entferntere Angehörige zum Empfang von Pflegegeld zu berechtigen. Immer öfter wohnen Kinder nicht mehr in der Nähe, sind Pflegebedürftige alleinstehend. Wir müssen verlässliche Strukturen fördern, damit Angehörige gepflegt werden können, auch unabhängig vom ehelichen Status. Ehrlich gesagt – da gebe ich meiner Kollegin Carola Reimann recht –: Vielleicht müssen wir den Personenkreis noch ausweiten.

Ich freue mich aber auch besonders über die Möglichkeit für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, ihre Angehörigen in den letzten Wochen zu begleiten, auch wenn diese in Hospizen leben. Wir haben gestern eine Debatte darüber geführt und immer wieder betont, wie wichtig es ist, Angehörige auf dem letzten Weg zu begleiten und sie würdevoll sterben zu lassen.

Ich glaube, wir alle sind uns einig, dass die bisherigen Regelungen zur Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf nicht ausreichend waren. Mit Blick auf die Zukunft brauchen wir deutlich mehr Maßnahmen. Die Betroffenen brauchen flexible Lösungen für ihre individuellen pflegerischen und beruflichen Herausforderungen.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, das Thema Pflege ist durch die demografische Entwicklung in unserem Land eine riesengroße Herausforderung. Die Familienpflegezeit ist da ein Baustein eines ganzen Pakets. Wir brauchen und schaffen weitere Bausteine. Wir haben jetzt das Erste Pflegestärkungsgesetz vereinbart, mit dem die Pflegeversicherung und ihre Leistungen modernisiert werden. Wir werden die Pflegeausbildung reformieren und attraktiver machen. Durch die Zuschussvariante bei der Förderung altersgerechten Umbaus werden die Menschen in ihrem Wunsch unterstützt, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben zu können.

Letztendlich aber ist ein Familienpflegezeitgesetz nur so gut wie die Pflegestruktur in den Städten und Kommunen. Da brauchen wir eine gute, unabhängige Beratung, die betroffene Bürger aufsucht, haushaltsnahe Dienstleistungen sowie ambulante Betreuung und Pflege, auch Tagespflege. Wir benötigen weiter ein dichtes Netz von Ärzten, Anbietern der Wohlfahrtspflege, privaten und kommunalen Anbietern, Ehrenamt, Palliativmedizin und Hospizen. Eine gute Sozialplanung sollte unser Ziel sein.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Crone. – Die nächste Rednerin in der Debatte ist Antje Lezius für die CDU/ CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4112218
Wahlperiode 18
Sitzung 67
Tagesordnungspunkt Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf
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