Erwin RüddelCDU/CSU - Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Pflege ist in dieser Legislaturperiode ein zentrales Thema. Die Koalitionsfraktionen haben den Pflegebedürftigen, ihren Angehörigen und den Pflegekräften einen großen Wurf versprochen. Wir werden Wort halten.
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Da sind wir ja mal gespannt!)
Wir setzen diesen großen Wurf Schritt für Schritt um. Die Familienpflegezeit ist ein wichtiger Baustein eines großen Gesamtkonzeptes. Ich sage ganz bewusst auch in Richtung der Grünenfraktion: Pflege und die Hilfe, die gebraucht wird, sind nicht schwarz-weiß zu sehen. Was wir machen, ist Folgendes: Wir vergrößern einen Baukasten und gestalten ihn für all diejenigen, die in einem Pflegefall Hilfe brauchen, flexibler.
(Beifall bei der CDU/CSU – Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Wo ist denn das Gesamtkonzept?)
Ich erwähne in diesem Zusammenhang, dass wir bereits das Pflegestärkungsgesetz 1 verabschiedet haben, das deutlich mehr und flexiblere Leistungen für Pflegebedürftige und deren Familien mit sich bringt. Ich nenne als Beispiel – das möchte ich ganz besonders betonen –, dass wir dafür gesorgt haben, dass Pflegesachleistungen in niederschwellige Leistungen umgewandelt werden können, damit die Familien flexibler handeln können. Ich nenne aber auch das Pflegestärkungsgesetz 2, das 2017 verabschiedet werden soll und mit dem wir deutliche Verbesserungen für Demenzkranke auf den Weg bringen werden. Da heute in der Debatte der Pflegebedürftigkeitsbegriff angesprochen worden ist: Wir erproben bereits die Umsetzung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes, und wir werden ihn spätestens 2017 im Gesetz festschreiben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich erwähne auch das Versorgungsstärkungsgesetz, über das wir derzeit diskutieren, in dem es um konkrete Verbesserungen der medizinischen Versorgung von Pflegebedürftigen geht. Ich erwähne in diesem Zusammenhang das Pflegeberufegesetz, das in nächster Zeit diskutiert wird und in dem es um die Verbesserung der Pflegeausbildung und der Arbeitsbedingungen in der Pflege geht.
Aber ich denke im Rahmen unserer Krankenhauspolitik auch an unsere Krankenhausgesetzgebung. Qualität im Krankenhaus wird in Zukunft daran gemessen werden müssen, ob die Strukturen stimmen, ob es ein gutes Entlassmanagement gibt, wie die Übergänge vom Krankenhaus in die Pflege sind, wie Palliativversorgung und Hospizarbeit ausgestaltet sind.
Bei all dem, was wir in der Pflegepolitik machen, steht für uns im Mittelpunkt: mehr Qualität, mehr Betreuung und mehr Hände für gute Pflege in Deutschland. Ich habe es mehrfach gesagt: Es wird in dieser Legislaturperiode kein Gesundheitsgesetz geben, in dem der Aspekt der Pflege keine Rolle spielen wird. Ich kann in dieser Aufzählung auch das Präventionsgesetz erwähnen, in dem die Pflege wieder eine große Rolle spielen wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben den Pflegebedürftigen und ihren Familien sowie all denen, die in der Pflege arbeiten, in unserem Koalitionsvertrag ein Versprechen gegeben. Dieses Versprechen werden wir stringent einlösen.
In dieses Gesamtkonzept fügt sich der Entwurf eines Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf sehr gut ein. Für meine Fraktion ist die Unterstützung pflegender Angehöriger ein zentrales Anliegen. Ältere Menschen haben Anspruch auf ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass Alter auch Leid und Krankheit, Hilfe und Pflegebedürftigkeit bedeuten kann. Schicksalsschläge wie Demenz treffen nicht nur die Kranken, sondern ebenso auch die unmittelbaren Angehörigen, die sehr oft zugleich berufstätig sind.
Beschäftigte haben künftig einen Rechtsanspruch auf Pflegeunterstützungsgeld aus der sozialen Pflegeversicherung. Wir haben bereits in der letzten Legislaturperiode die Familienpflegezeit eingeführt und sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf weiterentwickelt.
Die meisten Menschen wollen die Pflege naher Angehöriger nicht delegieren. Sie möchten ihre Angehörigen nach Möglichkeit selbst betreuen und in ihrer gewohnten Umgebung belassen. Umgekehrt gilt dies auch für die meisten pflegebedürftigen Menschen: Sie bauen auf die Unterstützung ihrer Angehörigen in den vertrauten vier Wänden. Diesem Anliegen trägt der vorliegende Gesetzentwurf, auch in Verbindung mit all den Gesetzesinitiativen, die ich eben vorgetragen habe, mit einer Vielzahl von hilfreichen Angeboten Rechnung. Dabei gewinnen alle: die Pflegebedürftigen, die pflegenden Beschäftigten und die Unternehmer.
Als Pflegepolitiker wünsche ich mir, dass wir diese Angebote künftig durch noch mehr niederschwellige und familiennahe Maßnahmen ergänzen und unterstützen. Dabei denke ich an aufsuchende Angebote für ältere Menschen, an Vernetzung und Kooperation in der Altenhilfe und Gesundheitsförderung sowie an die Stärkung professioneller und ehrenamtlicher Strukturen in den Kommunen.
Ein letztes Wort zu den Unternehmen; denn ich weiß, dass es aus der Wirtschaft vereinzelt Kritik gibt. Kluge und weitblickende Unternehmer haben längst erkannt, dass ihnen die demografische Entwicklung, die langfristige Finanzierung unserer Sozialsysteme und der Bedarf an qualifizierten Erwerbstätigen künftig gar keine andere Wahl lässt, als die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu verbessern. Deshalb sage ich den Kritikern, dass wir durchaus im wohlverstandenen Interesse der Unternehmen handeln, und knüpfe daran die Hoffnung, dass unser Vorhaben weiterführende und innovative Lösungen in den Betrieben selbst befördert.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4112234 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 67 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf |