14.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 67 / Tagesordnungspunkt 23

Christian FlisekSPD - Telemediengesetz - Störerhaftung

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Als 1997 das Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz vom deutschen Gesetzgeber verabschiedet wurde, haben wir tatsächlich Neuland betreten. Dieses Gesetz war eine Pioniertat. Es war das erste spezifische Internetgesetz. Man hat damals gleichsam Maßstäbe für ganz Europa gesetzt – und das, wohlgemerkt, in einer Zeit, als es Google noch nicht gab und jemand wie Mark Zuckerberg mit 13 Jahren vielleicht noch andere Dinge im Kopf hatte als die Gründung von Facebook; von Twitter, Spotify und Skype ganz zu schweigen.

Zehn Jahre lang spiegelte dieses Gesetz die föderale Ordnung unseres Landes wider mit dem Nebeneinander von Teledienstegesetz und Mediendienste-Staatsvertrag. Der Bund hat die Regelung der Individualkommunikation für sich reklamiert, die Länder haben die Zuständigkeit für die Massenkommunikation für sich beansprucht. Dieses Nebeneinander und die daraus resultierenden Abgrenzungsschwierigkeiten waren eher eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Rechtswissenschaftler; es war keine vernünftige Regelung.

Seit 2007 werden die Regelungen zu diesem Bereich im Wesentlichen im Telemediengesetz zusammengefasst. Dieses Gesetz regelt die Anbieterkennzeichnung, die Informationspflichten, den bereichsspezifischen Datenschutz für das Internet und eben auch die Providerhaftung.

Wesentliche Weichenstellungen bei der Providerhaftung haben sich somit seit 1997 eigentlich nicht verändert. Die Rechtsprechung hat darauf aufgebaut und die Grundsätze weiterentwickelt. Das wurde in der heutigen Debatte auch schon angesprochen. Was sich allerdings verändert hat, ist die technische Entwicklung. Durch leistungsfähige, vor allen Dingen mobile Endgeräte ist der Bedarf an WLANs, in die wir uns überall einschalten können, gestiegen. Auch das Nutzerverhalten hat sich weiterentwickelt. Streaming mag hier als ein Stichwort genügen.

Auf diese Entwicklung hat sich die Koalition eingelassen. Sie hat sich vorgenommen, hierauf angemessen zu reagieren. Wir wollen ein mobiles Internet in ganz Deutschland für jedermann verfügbar machen. Wir wollen das Potenzial lokaler WLANs nutzen, vor allem deswegen, weil wir dies als einen ganz wesentlichen Beitrag zum digitalen Fortschritt in Deutschland sehen. Ich bin dem Kollegen Held dankbar, dass er Passau als Beispiel zitiert hat. Danke für diesen Werbeblock. Das ist natürlich ein schönes Beispiel für die funktionierende und historisch gewachsene pfälzisch-bayerische Freundschaft.

Zu dem notwendigen Breitbandausbau gehört auch eine Novellierung des Telemediengesetzes. Das eine hat mit dem anderen viel zu tun. Wir werden die Haftungsregelungen so ausgestalten, dass der Betrieb eines WLANs nicht zu einem unkalkulierbaren Haftungsrisiko wird, aber auch nicht zu einer Einladung zu massenhaften Rechtsverletzungen. Berücksichtigt man dann noch, dass eine freie und unbeobachtete Kommunikation Verfassungsrang hat, dann genügen, glaube ich, diese wenigen Aussagen, um das sehr komplexe Problemfeld zu skizzieren und deutlich zu machen. Wir werden als Große Koalition auf einen angemessenen Ausgleich der Interessen aller Beteiligten hinarbeiten. Die Nutzer spielen hier eine wesentliche Rolle, die WLAN-Betreiber, aber eben auch die Rechteinhaber.

Lieber Konstantin von Notz, bis zu Ihrer Rede hätte ich eigentlich vorgehabt, auch die Grünen für diesen konstruktiven Beitrag zur Debatte zu loben. Die einleitende Rede war dann weniger konstruktiv.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ehrt mich, Herr Flisek!)

Ich betone aber ausdrücklich, dass ein solcher Beitrag von uns ernst genommen wird, weil er – darauf wurde ja bereits vom Kollegen Held hingewiesen – eben mitten aus der Zivilgesellschaft stammt.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der war sehr viel konstruktiver als Sie jetzt!)

Ich hoffe, dass ich mit diesem Lob durch die Blume deutlich gemacht habe, dass wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden, schlicht und ergreifend deshalb, weil wir in der Großen Koalition einen eigenen erarbeiten werden, der noch einige weitere Aspekte, die dringend notwendig sind, berücksichtigt und genau für diesen angemessenen Ausgleich der Interessen aller Beteiligten steht.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4112371
Wahlperiode 18
Sitzung 67
Tagesordnungspunkt Telemediengesetz - Störerhaftung
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