Johannes Singhammer - Bundeseinheitliche Netzentgelte für Strom
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gerade zu Oliver Krischer aus Spaß gesagt: Mensch, du kannst ja auch vernünftig sein.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin vernünftig! Ich bin die Vernünftigkeit in Person!)
Was will ich damit sagen? Ich bin der Fraktion Die Linke durchaus dankbar, dass sie sich dem Energiethema widmet, mit dem man in der Tat vielleicht keine Wahlkämpfe gewinnt. Es sind etliche Themen in der Pipeline, die für die Energiewende unverzichtbar sind, und das Thema der Verteilnetze, der Übertragungsnetze gehört unstrittig dazu.
Ich will zu Beginn auch mit Blick auf Thomas Bareiß kurz den Koalitionsvertrag zitieren, wenn ich darf, Herr Präsident. Dort ist nämlich das festgehalten, was Oliver Krischer eben gesagt hat.
Es ist klar: Wir haben in den Koalitionsverhandlungen erkannt, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Es gibt Unterschiede, die aus den eben dargestellten Gründen herrühren. Wir wollen uns das anschauen und dann für eine fairere Verteilung sorgen.
Aber, lieber Ralph Lenkert, man darf das Thema nicht an diesem Punkt beenden.
(Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Nein!)
Man darf nicht nur eine Gerechtigkeitsdebatte daraus machen, sondern es handelt sich auch um eine Frage der Technik, der neuen Herausforderungen, der Weiterentwicklung und ob wir Leistungskomponenten brauchen. Auch das ist im Koalitionsvertrag genauso adressiert. Das heißt, es geht nicht nur um die Frage, ob es gerecht oder fair ist, sondern auch darum, wie ich die künftigen Herausforderungen angehen kann. Man muss aufpassen – das hat Oliver Krischer gesagt –, dass man die Anreize für Effizienzmaßnahmen hochhält, dass man aber die ungerechten Differenzierungen, die gesamtsystematisch entstanden sind – denn die Energiewende ist eine gesamtdeutsche Herausforderung –, ausgleicht.
Lieber Thomas Bareiß, gestatte mir einen Hinweis. Möglicherweise könnte hier und da der Eindruck entstehen, dass wir in dieser Debatte grundsätzlich noch einmal die Frage der Entschädigungsregelung diskutieren. Du kennst die offizielle Sprachregelung in der Koalition. Wir haben das im Rahmen der EEG-Novelle diskutiert. Wir sind zu einer anderen Überzeugung gekommen, und die gilt bis zum Ende dieser Legislaturperiode. Ich sage das nur, damit für Außenstehende an dieser Stelle keine Verunsicherung entsteht.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Danke für die Klarstellung!)
Was mir relativ wichtig ist, ist, dass wir Folgendes noch einmal miteinander besprechen – das klang eben an –:Das ist die Frage, ob Annahmen der Energiewende heute noch so zutreffen wie beispielsweise zu dem Zeitpunkt, als wir über die vermiedenen Netznutzungsentgelte gesprochen haben. Wir haben vor einigen Jahren angenommen, dass wir mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien weniger Investitionen in die Netze zu tätigen haben. Der Gegenbeweis ist heute an vielen Stellen erbracht: Die Netze haben neue Funktionen erhalten; sie müssen anders aufgestellt werden; andere Investitionen sind erforderlich. Von daher müssen wir an dieser Stelle in Erwägung ziehen, dass die vermiedenen Netznutzungsentgelte heute eigentlich nicht mehr zeitgemäß sind, und müssen darüber hinaus – wir haben das beim Thema Eigenverbrauch und beim EEG diskutiert – schauen, wie wir alle stärker an den Kosten der Infrastruktur beteiligen, unabhängig davon, ob sie sie ständig nutzen oder nur als Rückfalloption betrachten. Diese Investitionen sind für das gesamte System erforderlich, und alle sind daran zu beteiligen.
Von Oliver Krischer wurde eben die Frage gestellt: Wie seid ihr denn aufgestellt? Es ist so – ich glaube, das weißt du auch; der Zeitplan ist ja nicht geheim –, dass bis zur Sommerpause des nächsten Jahres die Regierung eine Reform der Anreizregulierungsverordnung plant und dass wir in dem Zusammenhang die vom Kollegen Lenkert aufgeworfenen Fragen prüfen.
Ich will an dieser Stelle eines aber auch sagen – ich habe es Ihnen vorweg schon gesagt –: Wir haben natürlich schon Gespräche mit den Akteuren im Markt geführt; denn so etwas macht man nicht am Reißbrett und nicht, indem man das nur als Gerechtigkeitsfrage behandelt. Dabei hat man es mit etwas zu tun, was oft vorkommt: Jeder Übertragungsnetzbetreiber hat eine andere Position. Den Vorschlag, den Sie machen, sehe ich gegenwärtig – ich sage es einmal vorsichtig – noch am weitesten weg. Es gibt viele Vorschläge dazu, wie man so etwas in einem Übergang, vielleicht in verschiedenen Stufen, modellieren kann.
All das werden wir besprechen, gern mit der Opposition, in jedem Fall aber mit den Akteuren am Markt. Das Problem ist angekommen, es steht auf der Agenda der Großen Koalition, und wir werden es entsprechend lösen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Sie hatten gefragt, ob das Zitieren des Koalitionsvertrags zulässig ist. Ich möchte Ihnen hier eindeutig erklären: Es ist zulässig; allerdings wird es auf die Redezeit angerechnet.
(Heiterkeit)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Herlind Gundelach für die CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Bernd Westphal [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4112714 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 67 |
Tagesordnungspunkt | Bundeseinheitliche Netzentgelte für Strom |