25.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 68 / Tagesordnungspunkt I.6

Nicole MaischDIE GRÜNEN - Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Epl 07

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Dr. Hoppenstedt, ich habe vernommen, dass Sie mit Anlauf zweimal gegen dieselbe Wand laufen wollen, nämlich bei der Vorratsdatenspeicherung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann nur sagen: Hier hört für uns Grüne der Spaß auf. Wenn Sie einen Angriff auf unsere Bürgerrechte fahren, dann wird es hier in der Debatte durchaus ungemütlich. Das möchten wir nicht zulassen. Wir halten Ihr Vorhaben hier für völlig falsch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir sind ja heute zusammengekommen, um über den Haushalt zu reden. Man kann sagen, dass die Beratungen im Haushaltsausschuss durchaus erfolgreich waren. Herr Maas, Sie haben viel Kritik eingesteckt. Aber es gibt auch Dinge, die man loben kann.

Wir finden es als Grüne gut, dass der Bundesverband Verbraucherzentralen mehr Geld bekommt. Wir finden es gut, dass Sie endlich Geld für die Marktwächter in den Bereichen Finanzen und Digitales eingestellt haben. Wir finden es auch gut, dass Sie endlich einen Sachverständigenrat für Verbraucherfragen benannt haben und den auch finanzieren wollen.

Aber – damit ist die lobende Vorrede vorbei – wenn man so etwas Schlaues macht wie Marktwächter, was wir lange gefordert haben, dann muss man auch den Mut haben, alles zu tun, damit das Projekt ein Erfolg wird. So wie Sie das angelegt haben, sieht es ein bisschen so aus, als ob Sie sich eigentlich gar nicht trauen, dass die Marktwächter erfolgreich werden. Warum ist das so? Sie wollen weiter mit Projektförderungen operieren. Sie wissen so gut wie ich, dass der Bundesrechnungshof die Projektitis nicht gerne sieht. Hier kann man schon fragen: Ist es vor allem ein Ansinnen der Union, die Marktwächter nach kurzer Zeit in Schönheit sterben zu lassen, oder warum finden sie nicht eine längerfristige, eine institutionelle Finanzierung?

Wenn man will, dass die Marktwächter auch wirklich beißen und bellen können, dann brauchen sie auch die strukturellen Voraussetzungen dafür. Dann brauchen sie ein formales Beschwerderecht gegenüber der BaFin. Wir müssen außerdem darüber nachdenken, ob wir nicht bessere Möglichkeiten der kollektiven Rechtsdurchsetzung finden können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Geld allein, so wichtig es ist, macht noch keinen guten Verbraucherschutz. Das gilt insbesondere für den Finanzbereich. Hier haben Sie noch einige Versprechungen einzulösen. Sie haben Maßnahmen zur Begrenzung von Dispozinsen angekündigt. Ich habe akzeptiert, dass es erst einmal keinen gesetzlichen Deckel geben wird. Aber Sie haben andere Möglichkeiten angedeutet und entsprechende Gesetze versprochen. Darauf warten wir noch.

Weil wir gerade beim Thema „Knietief im Dispo“ sind, will ich noch auf den Kollegen Klaus-Dieter Gröhler eingehen. Er hat hier eine allgemeine Haushaltsrede gehalten, hat sich für die schwarze Null und eine solide Haushaltsführung gerühmt und hat dann auf die Linken und die Grünen geschimpft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Max Straubinger [CDU/CSU]: Da hat er recht! Das hat er gut gemacht! Das gibt es bei den Grünen nie!)

Da muss ich Ihnen Folgendes sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wer so tief wie Sie in die Rentenkasse, in den Gesundheitsfonds und in den Topf für die Finanzierung der Infrastruktur fasst, der hat keine schwarze Null aufzuweisen, sondern der steckt knietief im Dispo bei den kommenden Generationen. Das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Sie haben doch gesagt, die Mittel müssten noch gekürzt werden!)

Wenn wir uns den Haushalt für den Verbraucherschutz anschauen, dann finden wir dort hinsichtlich des nachhaltigen Konsums eine Leerstelle. Verbraucher sind nicht nur schutzbedürftig, sondern sie sind auch mächtige Akteure, wenn es um mehr Tierschutz, mehr Umweltschutz und nachhaltigeren Konsum geht. Aber dafür braucht man eben auch die strukturellen Voraussetzungen: vor allem verlässliche Label und Siegel – zum Beispiel für grüne Geldanlagen, echten Ökostrom, aber auch für faire Kleidung. Hier, finde ich, ist der Verbraucherschutzminister in der Verantwortung, den Kollegen Müller nicht scheitern zu lassen

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er könnte es sogar besser machen!)

und dieses Textilsiegel zum Erfolg zu führen. Hier sollten Sie Ihren Kollegen unterstützen, damit das Ganze zu einem Erfolg wird; denn so, wie es im Moment angelegt ist, ist es eher dazu geeignet, ein Rohrkrepierer zu werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte, dass Sie sich weiterhin dafür einsetzen, dass wir bessere Informationsansprüche im VIG haben und dass Sie Kampagnen für nachhaltigere Konsummuster und für bessere Produkte fahren. Grüner und nachhaltiger Konsum ist eine große Macht bei der Transformation der Wirtschaft. Hier kann der Verbraucherschutzminister einfach noch mehr tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Maas, ich wundere mich schon, dass es beim Thema TTIP um Sie sehr ruhig geworden ist. Vor einigen Monaten hörte sich das noch sehr mutig an. Da haben Sie den Bürgern in unterschiedlichsten Zeitungsinterviews viel versprochen. Ihr erstes Versprechen war: keine Absenkung von Standards. Sie stehen in der Verantwortung, zu erklären, wie regulatorische Kooperationen mit einem System – nämlich dem der USA – möglich sein sollen, welches das Vorsorgeprinzip nicht kennt. Wie soll es eine regulatorische Kooperation und gleichzeitig den Erhalt des Vorsorgeprinzips geben? Vielleicht ist das möglich. Aber Sie sind in der Verantwortung, es zu erklären.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben auch gesagt: keine Investor-Staats-Schiedsgerichte. Das heißt, Sie haben den Bürgerinnen und Bürgern versprochen, dass es keine undemokratische Konzernjustiz gibt. In dieser Deutlichkeit – das muss ich ganz offen sagen – habe ich das von Ihnen lange nicht mehr gehört. Das mag damit zusammenhängen, dass sich Ihr Parteivorsitzender und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel von der Forderung „keine Investor- Staats-Schiedsgerichte“ klammheimlich verabschiedet. Jetzt sind Sie als Verbraucherschutzminister gefragt, gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern Ihr Versprechen zu halten: kein Ausverkauf von Verbraucher- und Datenschutz und keine Sonderjustiz für Konzerne.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Hier steht nicht nur der europäische Standard für Verbraucher- und Datenschutz auf dem Spiel, sondern auch Ihre Glaubwürdigkeit als Minister.

Ich bedanke mich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß das Wort.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4173544
Wahlperiode 18
Sitzung 68
Tagesordnungspunkt Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Epl 07
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