Rüdiger KruseCDU/CSU - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 04
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Das war zumindest ein Liedtext heute Morgen in der Andacht. Gemeint waren allerdings nicht die Haushaltsberatungen. Haushalt ist Menschenwerk
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Schon gar nicht die Haushaltspolitiker!)
– das sagt ein Haushaltspolitiker ganz sachlich und „down to earth“ –, aber zu loben ist es, und das wird ja auch mit Menschenzungen getan.
Was gelobt wird und was gelobt werden sollte, ist nicht die Tatsache, dass wir die Normalität erreicht haben; also nicht die Normalität ist zu loben – das tut man ja auch nicht –, sondern die Rückkehr zu dieser, welche übrigens sehr lange gedauert hat. Es war ein langer Weg von der Normalität, wie man Haushalte machen sollte, bis wir dann über die Einsicht und in den letzten Jahren über sehr intensives Bemühen an das Ziel gelangt sind und nun einen entsprechenden Haushalt vorlegen.
Der besondere Charme dieses Haushaltes ist einfach, dass er auch die Zukunft zwingt. In der Vergangenheit wäre es so gewesen: Wenn man bei einem Ziel, nur 20 Milliarden neue Schulden zu machen, bei 20,1 Milliarden gelandet wäre, hätte keiner etwas gesagt. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass jetzt einer von uns auch nur 100 Millionen Euro auf die schwarze Null in Rot drauflegen möchte. Das ist die große Leistung, und dafür gilt dem Bundesfinanzminister und allen Parlamentariern Dank. – Jetzt darfst du klatschen, Johannes.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Ich habe mich gewundert, dass bei der Union keiner klatscht!)
– Ich bin noch nicht so ganz bei den Müntefering-Sätzen; da ist das einfacher.
Das Parlament hat ja immer die Chance, den Regierungsentwurf zu verändern. Man kann ihn verbessern, man kann ihn auch verschlimmbessern. Die Leidenschaft könnte ja auch sein, einfach überall etwas draufzulegen. Die Gefahr, die bei dem Diktat der schwarzen Null gesehen worden ist, war, dass wir gar nichts mehr tun können. Die jetzigen Haushaltsberatungen haben aber gezeigt, dass man beides machen kann, dass man Dinge, die man vorher vielleicht nicht gesehen hat, nicht sehen konnte, aufgreifen kann und dass man handeln kann.
Ich denke nur an das Thema Flüchtlinge. Es ist richtig umgesetzt worden.
Ich denke daran, dass wir als Parlament schon bei den letzten Haushaltsberatungen, die ja auch in dieses Jahr fielen, das Thema Ukraine im Zusammenhang mit der Deutschen Welle thematisiert haben und dass wir dabei, wie man im Nachhinein schnell gesehen hat, die richtigen Akzente gesetzt haben.
Auch dieses Mal gab es zwei Stufen. Natürlich gilt immer: ohne Parlament kein Haushalt. Aber zunächst einmal darf sich die Regierung für all das, was so aus dem Regierungsentwurf übernommen worden ist, wie es drinstand, nicht nur bedanken, sondern sie darf sich dafür auch selbst loben, dass sie es gut gemacht hat; denn ansonsten hätten wir es ja nicht übernommen.
Dann gibt es eine zweite Stufe: die Dinge, die nicht drinstanden, die wir hinzugefügt oder geändert haben. Das betrifft zum Beispiel – das ist schon erwähnt worden – das Museum der Moderne. Ich sehe das auch so: So ganz etatreif war das noch nicht. Aber außer Verwaltung ist ja nichts ewig. Das heißt, wenn wir Spender haben, die vor vier, fünf Jahren gesagt haben: „Wir geben unsere Sammlung, wenn ihr einen Ort schafft“, dann darf die Diskussion nicht zu lange dauern. Wir haben jetzt gesagt: Wir erkennen diese Schenkung an, und wir wollen das befördern. Das ist auch ein Signal an alle zukünftigen Spender; es gibt ja noch ein paar andere Leute, die eine Sammlung haben. Wir sagen: Wir schaffen im Haushalt jetzt die Möglichkeit und können dann das Wie, das Wo und das Wer klären. Ich glaube, es ist das Vorrecht des Parlaments, das so zu tun und so dieses Kapitel abzuschließen.
Erlauben Sie mir für die Überleitung ein Bild der Moderne zu nutzen: Das ist kein iPhone. Wenn Sie jetzt an Magritte denken, dann haben Sie den Test schon einmal bestanden. Das Thema ist natürlich Bauhaus. Das, was ich Ihnen eben gezeigt habe, ist Bauhaus. Diese Feststellung bietet uns die Möglichkeit, wenn wir schon in technologischer Hinsicht die Gelegenheit verpennt haben, dieses Produkt mit uns Deutschen in Verbindung zu bringen. Wir haben das iPhone nicht erfunden – wir haben vielleicht die Grundlagentechnik gebastelt und das Ergebnis dann in den Keller gelegt –, aber das Design, das, was die Welt heute schick findet, das hat seine Wurzeln hier. Dieses Design hat seine Wurzeln in einer Entwicklung, die auf den Ersten Weltkrieg reflektiert hat. Auch das ist ein interessanter Aspekt der europäischen Geschichte. Bauhaus ist eine Möglichkeit, Deutschland international ins Licht zu setzen, und zwar als einen Ort für Design und Technik. Wir haben „form follows function“ erfunden. Auf den Städtebau in Deutschland schaute und schaut diesbezüglich die Welt.
Da gab es auch einen Termin, da gab es zwei Möglichkeiten: Freuen wir uns auf das Jubiläum im Jahr 2069. Da einige Abgeordnete jedoch Bedenken hatten, dass sie dann nicht mehr in Funktion dabei sein könnten, haben wir mit Zustimmung der beiden Fraktionsvorsitzenden dieses Thema vorgezogen. Nun feiern wir im Jahr 2019 100 Jahre Bauhaus. Das ist nun vernünftig durchfinanziert. Dieses Thema ist damit abgeräumt.
Das zeigt, dass wir Akzente setzen können und mit wenig Aufwand zeigen können, für welche Werte wir in der Welt kämpfen. Man muss seine Werte auch polieren. Es nützt nichts, gegen andere anzukämpfen, wenn die noch nicht einmal erkennen können, wofür wir kämpfen. Es lohnt sich, für die europäischen Werte zu streiten. Wir müssen uns bewusst sein, dass Deutschland als reiches Land, als immer noch reiches Land und als Land der Dynamik diese Kultur hochhalten muss.
Das Gute an diesem Haushalt und an den Beratungen, die jetzt folgen, ist: Wir haben eine schwarze Null vorgelegt und gleichzeitig dafür gesorgt, dass in den nächsten Jahren 10 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden. Das heißt, dass die in Europa oft gestellte Frage, ob man eine solide Haushaltsführung betreiben und gleichzeitig nötige Investitionen tätigen kann, damit beantwortet ist. Das wird in Europa gesehen. Dafür bekommen wir aus ganz Europa Applaus.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Nicht nur von dort!)
Vorhin ist das Pina-Bausch-Tanzzentrum in Wuppertal erwähnt worden. Auch in dieser Region ist das iPhone nicht erfunden worden. Dort gibt es eine Schwebebahn; die kennt man. Kurzfristig tauchte Wuppertal wegen der sogenannten Scharia-Polizei in den Medien auf. Und dann gibt es dieses Asset, mit dem man dort etwas tun könnte. Deswegen haben wir gesagt: Gut, wir geben für die Projektidee 1 Million Euro, wenn das Land auch 1 Million Euro gibt. Damit sind wir am entscheidenden Punkt: Es kann nicht sein, dass der Bund für zusätzliche Aktivitäten Geld draufsattelt und die Länder im Gegenzug ihre Aktivitäten teilweise herunterfahren. Wir müssen dieses Anliegen schon gemeinschaftlich verfolgen. Deshalb lautet mein dringender Appell an alle Länder, mitzuwirken, weil wir dieses Engagement sonst nicht aufrechterhalten können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Am Anfang meiner Rede habe ich aus einem Lied zitiert und festgestellt, dass wir nicht mit Engelszungen gelobt werden. Es gibt ein Lied, das vielleicht besser zur Haushaltspolitik passt. Es ist von den Fantastischen Vier und Herbert Grönemeyer. Letzterer singt den Refrain:
Das rechtfertigt dann auch das Lob: Wenn man all diese Mühen auf sich nimmt und am Ende einen solchen Haushalt vorlegt, der Platz für Visionen bietet, dann war es nicht einfach, aber es wurde gut.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Der Kollege Martin Dörmann hat das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4178575 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 04 |