Karin Evers-MeyerSPD - Bundesministerium der Verteidigung Epl 14
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon gesagt worden, aber da Haushälter nicht allzu oft Gelegenheit haben, von hier aus gute Nachrichten zu verbreiten, wiederhole ich bewusst: Es ist wirklich gut, dass wir gemeinsam die rot-schwarze Null hinbekommen haben. Ich glaube daran, dass das keine Eintagsfliege bleiben muss. Ich danke meinen Mitberichterstattern und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Ministerin und ihren Staatssekretären und ganz besonders Herrn Dr. Jansen für die gute und kollegiale Zusammenarbeit. Ich freue mich auf die Fortsetzung im nächsten Jahr.
Wir werden auch 2015 hart in der Sache, aber diszipliniert zusammenarbeiten. Sollte uns die Konjunktur keinen allzu fetten Strich durch die Rechnung machen, dann können wir auch im nächsten Jahr einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen. Künftige Generationen werden uns das sicher danken. So viel zur Metaebene.
Jetzt gehe ich in die Niederungen des Einzelplans. Natürlich ist jeder Einzelplan etwas Besonderes. Erlauben Sie mir die Bemerkung: Der Einzelplan 14 ist sogar etwas ganz Besonderes. Kein Etat wurde in den zurückliegenden Wochen so öffentlich diskutiert wie der Verteidigungsetat. Zu Recht. In der Vergangenheit haben wir viel zu wenig darüber diskutiert. Ich fange hier aber nicht noch einmal damit an, die Horrorgeschichten aus dem Beschaffungsbereich des BMVg zu wiederholen. Darüber wurde zur Genüge berichtet.
Heute ist der Zeitpunkt, nach vorne zu schauen. In dieser Krise liegt eine Chance, nämlich die Chance, es in der Zukunft besser zu machen. Natürlich darf es künftig nicht mehr so sein, dass altersschwache Hubschrauber am Boden bleiben müssen, während Hunderte Millionen Euro an den Finanzminister zurücküberwiesen werden. Da ist es völlig egal, ob es in diesem Jahr schon wieder 300 Millionen oder 700 Millionen Euro sind, die ungenutzt liegen bleiben. Schon wenn 1 Euro nicht investiert wird, ist das den Soldaten in ihren zum Teil maroden Kasernenunterkünften nicht zu vermitteln.
(Beifall bei der SPD)
Was muss also in Zukunft besser werden? Zunächst einmal, Frau Ministerin: Sie haben für einen wesentlichen Bereich Ihres Etats den richtigen Weg eingeschlagen. Das Thema Beschaffung lag in den letzten drei Jahren völlig am Boden. Nichts wurde entschieden, jedenfalls nichts, was in die Zukunft gerichtet war. Bis vor gut einem Jahr saß ich selbst noch im Verteidigungsausschuss, und uns war völlig klar, dass das so nicht weitergehen kann. Jeder Autofahrer weiß: Wenn ich drei Jahre lang nicht in Öl investiere, dann ende ich spätestens im vierten Jahr auf dem Standstreifen und muss abgeschleppt werden.
Mit dem Gutachten von KPMG und anderen zu den Beschaffungsprojekten des BMVg liegt jetzt wenigstens einmal eine präzise Handlungsgrundlage mit deutlicher Aussprache und ebenso deutlichen Arbeitsaufträgen vor. Mit Ihrer neuen Staatssekretärin, Frau Ministerin, haben Sie jemanden gefunden – das ist jedenfalls mein Eindruck –, die, um im Jargon zu bleiben, weiß, wie man mit so einer Präzisionswaffe umgeht. Es ist also Bewegung hereingekommen.
Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Arbeit gerade erst begonnen hat. Abgerechnet wird auch hier erst zum Schluss. Trotzdem gibt es von mir bewusst Vorschusslorbeeren als Zeichen des Vertrauens und als Signal, dass die Haushälter der Koalition sich hier nicht auf eine Zuschauerrolle zurückziehen. Frau Ministerin, bitte verstehen Sie in diesem Sinne auch die mehr als 4 Milliarden Euro, die wir Ihrem Etat als Verpflichtungsermächtigungen zugestanden haben. Das ist eine bemerkenswerte Summe und haushalterisch ziemlich einmalig, auch wenn natürlich klar ist, dass das alles im Einzelnen noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Haushaltsausschusses steht. Wir wollen Sie darin unterstützen, an dem gesteckten Ziel der Konsolidierung des Beschaffungsbereichs festzuhalten.
Mich beschleicht allerdings schon wieder das Gefühl, dass manche die kritischen Passagen aus dem Gutachten herauspicken, die ihnen gerade in den Kram passen; aber da, wo es gerade nicht passt, wird versucht, die Empfehlungen aus dem Gutachten politisch wegzudiskutieren. Jedem sollte jetzt klar sein: Das geht nicht. Deswegen bitte ich das BMVg eindringlich darum, hier Kurs zu halten, und zwar auch dann, wenn der politische Druck in die eine oder andere Richtung noch weiter wächst.
Die Frage der politischen Einflussnahme bei Beschaffungsvorhaben ist neben dem partiellen Versagen von Industrie und Verwaltung auch ein wesentlicher Kritikpunkt, der an vielen Stellen im Gutachten zutage tritt.
(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie das einmal Ihren eigenen Leuten!)
Ich zitiere einmal sinngemäß: Durch die Einflussnahme der Politik auf die Analyse von Rüstungsprojekten kommt es oftmals zu unrealistischen Zeit- und Kostenplanungen. Dabei kann die oftmals impulsartige Einflussnahme wegen mangelnder planerischer oder prozessualer Grundlagen oftmals nicht strukturiert abgefangen werden. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das sollten wir uns so auch ins Tagebuch schreiben.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wohl wahr!)
Auch die Politik muss ihren Beitrag leisten. Wir müssen sachgerechten Entscheidungen zum Durchbruch verhelfen, frei von Partikularinteressen.
Das Stichwort „Partikularinteressen“ bringt mich schließlich zu meinem nächsten Punkt, der Frage der Europäisierung bzw. Internationalisierung. Die Bundesregierung hat einen Weißbuchprozess angekündigt, den ich sehr begrüße und von dem ich mir ganz besonders erhoffe, dass er belastbare Pflöcke einschlägt, sowohl bei den Themen „Joint Forces“ und „Pooling and Sharing“, vor allem aber auch beim Thema „Standardisierung und gemeinsame Beschaffung“. Es muss mehr auf den Tisch als ein bloßes Bekenntnis zur internationalen bzw. europäischen Perspektive.
Selbst wenn es in den kommenden Jahren zu einem Anstieg des Verteidigungsetats kommen sollte, wird das die Notwendigkeit einer effizienten Internationalisierung nicht abschwächen. Wenn überhaupt, dann würde eine Etaterhöhung das Leiden verlängern. Die Stückzahlen werden nämlich weiter sinken. Die technischen Anforderungen werden weiter steigen. Damit steigt auch der Preis. Die Kosten müssen wir uns im Bündnis teilen, anders wird es aus haushaltspolitischer Sicht nicht gehen. Alles andere macht auch sicherheitspolitisch keinen Sinn.
Allerdings – auch das gehört zur Wahrheit dazu – waren die bisherigen europäischen Rüstungsprojekte alles andere als ein Schnäppchen. Es kann daher zukünftig nicht mehr so sein, dass man sich mit seinen Partnerstaaten auf die Beschaffung eines Flugzeugtyps einigt und im Nachhinein dann jedes Land über seine eigene Projektagentur noch so lange individuelle Goldrandwünsche hinzufügt, bis am Ende quasi doch ganz verschiedene Flugzeuge dabei herauskommen. Wenn man das so macht, kann man sich das Ganze auch sparen. Künftig muss gelten: Wenn man sich auf VW Golf verständigt, dann wird auch ein VW Golf beschafft und nichts anderes. Nur so kann man wirklich sparen, ganz abgesehen davon, dass Lieferzeiten sich verkürzen und die Truppe noch schneller an neues Gerät kommt.
Sehr geehrte Damen und Herren, da steckt noch viel Arbeit im Detail, wie man sieht, auf die ich nun nicht mehr eingehen kann. Bei aller Manöverkritik will ich aber noch zwei gute Nachrichten verbreiten. Die eine Nachricht lautet: Es ist vieles gut. Ich weiß zwar nicht, ob der A400M noch vor Silvester dieses Jahres abgenommen werden kann. Aber ich weiß, dass wir ein Spitzenflugzeug bekommen werden. Will sagen: Wenn Rüstungsprojekte zulaufen, dann steht auch Topqualität auf dem Hof.
Die zweite gute Nachricht für die Soldatinnen und Soldaten ist: Der Haushalt 2015 wird zumindest ein wenig Bewegung in den Personalkörper bringen. Im zivilen Bereich sind 200 Planstellenanhebungen von Besoldungsgruppe A 7 auf A 8 vorgesehen. Das hilft, den Beförderungsstau bei der Beförderung zum Hauptsekretär aufzulösen. Bei den Streitkräften werden zusätzliche 50 Planstellen der Besoldungsgruppe A 12 ausgebracht, was auch hier helfen wird, etwas Bewegung in den Stau zu bringen. Das waren die positiven Nachrichten zum Schluss.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Das Wort für die Bundesregierung hat jetzt die Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4179106 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Bundesministerium der Verteidigung Epl 14 |