Claudia Roth - Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Epl 09
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich vermute, es gilt noch die Regel, nach der Haustiere hier nicht erlaubt sind.
Ja.
Sonst würde ich das nächste Mal meine Katze mitbringen.
Meine Damen und Herren, bei der heutigen Debatte über den Haushalt bleibt mir nur noch die Funktion, alles ein bisschen zusammenzukehren und die Diskussion wieder darauf zu fokussieren, worum es eigentlich geht. Immer, wenn man sich einen Haushaltsentwurf anschaut, muss man die Grundsatzfrage stellen: Nützt der Haushaltsentwurf, so wie er aufgestellt worden ist, der weiteren Entwicklung der Konjunktur, oder nützt er diesem Ziel nicht?
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nützt er nicht! Die Frage kann man eindeutig beantworten!)
– Das ist Ihre Sicht, Herr Krischer, aber Sie werden sicherlich nach dieser Rede überzeugt sein, dass er doch dem Ziel der Stützung der Konjunktur nützt.
Die Förderung von Investitionen ist im Haushalt klar festgelegt, und sie ist sogar auf das im Koalitionsvertrag festgelegte Niveau erhöht worden. Die Förderung von F und E ist heute schon lange und breit dargelegt worden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt in der Strategie der Bundesrepublik Deutschland. Damit wird ein klares Zeichen für den weiteren Aufbau der Mittel bei Forschung und Technologie gesetzt.
Die Förderung der Außenwirtschaft ist ebenfalls ein sehr wichtiger Punkt. Deutschland ist ein exportorientiertes Land. Deswegen ist natürlich freier Handel sehr wichtig. Insofern fand ich die Diskussion um TTIP und CETA sehr interessant und danke dem Wirtschaftsminister, dass er hier noch einmal klar Position bezogen hat. Wir stehen zu diesen Abkommen.
Herr Krischer und Frau Dröge, Sie schüren ja mit gut gesetzten Worten immer wieder Zweifel an diesen Abkommen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)
Das eigentlich Schlimme ist das, was Sie auf der Straße veranstalten, nicht die Diskussion hier; denn hier kann man die Argumente austauschen. Aber das, was Sie auf der Straße veranstalten, wenn Sie Ihre Vorfeldtrupps
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meine Vorfeldtrupps?)
zum Unterschriftensammeln durch die Fußgängerzonen ziehen lassen,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind nicht bei der Union! Was sind denn Vorfeldtrupps?)
gemeinsam mit den Leuten der Linken,
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: In Thüringen gelernt!)
und dort die Leute nicht einmal ansatzweise über TTIP oder CETA aufklären, sondern einfach versuchen, sie zum Unterschreiben zu nötigen, ist genau das, was Sie wieder einholen wird.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind 89 stehen geblieben!)
Die Grünen bleiben damit bei ihrer Linie, zu allem Nein zu sagen, was die Entwicklung Deutschlands voranbringen könnte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist genau der Punkt. Es hat sich ja auch bei den Wahlen gezeigt, dass das die Bürger einfach nicht mehr wollen. Ich meine, Sie werden mit Ihrer tollen Koalition in Thüringen, die Sie da jetzt anbahnen, sicherlich in der Wählergunst weiter sinken.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Schande!)
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich den Haushaltsentwurf im Hinblick auf das Thema Außenwirtschaft angeschaut hätten, dann wäre Ihnen aufgefallen: Wir haben eine Exportinitiative Erneuerbare Energien. Wir haben eine Exportinitiative Energieeffizienz. Wir haben eine Exportinitiative Umwelttechnologie, und wir haben eine Exportinitiative Gesundheitswirtschaft gestartet. Das alles sind Felder, auf denen wir versuchen, dem deutschen Mittelstand Möglichkeiten zu geben, sich Geschäftsfelder in der Welt zu erschließen. Genau das ist der Weg. Hier müssen wir unsere Aktivitäten ausbauen. Dazu brauchen wir freien Handel.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind öffentlich-private Partnerschaften im Bereich der Außenwirtschaft. Ich nenne hier als Beispiel die Büros der AHKs. Wir sind in 54 Ländern mit diesen Büros vertreten. Diese sind Anlaufpunkte für die deutsche Wirtschaft in allen Teilen der Welt, um Geschäftsanbahnungen voranzubringen. Wir müssen uns in den nächsten Jahren natürlich überlegen, wie dieses Netz der Auslandsbüros erweitert und ergänzt werden kann; denn wir müssen auf die veränderten Gegebenheiten in der Welt reagieren. In 22 Ländern haben wir außerdem Delegiertenbüros, die ein weiteres Standbein der deutschen Außenwirtschaft sind.
Im Bereich der Außenwirtschaft haben wir – Kollege Ramsauer hat in seiner Rede gerade darauf hingewiesen – auch selbst für Restriktionen gesorgt. Zu nennen sind hier die Frage der Rüstungsexporte, die Frage der Exporte von Dual-Use-Gütern und natürlich auch die Sanktionen gegen Russland. Als sächsischer Abgeordneter muss ich in diesem Zusammenhang Folgendes sagen: Vielleicht sind die Sanktionen gegen Russland für die deutsche Wirtschaft insgesamt kein großes Problem, für Sachsen entwickeln sich diese Sanktionen aber zunehmend zu einem wirtschaftlichen Problem. Wir brauchen ganz einfach einen Mechanismus, um die Sanktionen letztendlich auch zurückführen zu können, um wieder Handelsbeziehungen mit Russland aufnehmen zu können.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Abschließend will ich einen Bereich ansprechen, der heute ganz entschieden zu kurz gekommen ist. Es geht um das Thema Tourismus. Im Tourismus sind in Deutschland 2,9 Millionen Menschen beschäftigt. Das sind mehr Beschäftigte als in der deutschen Automobilindustrie, im Bereich der Mikroelektronik oder in anderen Branchen, die öfter im Fokus stehen. 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts werden durch den Tourismus erwirtschaftet. Gerade die Tourismuswirtschaft wurde in den letzten Jahren mit vielen Regulierungen und Einengungen überzogen, die sich vor allen Dingen kostenmäßig niederschlagen. Die Einführung des Mindestlohns zum 1. Januar 2015 stellt für den Tourismus eine weitere Belastungsprobe dar.
Meine Damen und Herren, ich denke, das Thema Tourismus kommt in unserer politischen Diskussion hier zu wenig zur Geltung. Dieser Wirtschaftszweig ist ortsgebunden. Er kann nicht nach China oder Amerika abwandern. Meistens handelt es sich um kleine oder mittelständische Unternehmer, die das touristische Leben gestalten. Die im Tourismus Beschäftigten sind Dienstleister. Die Tourismusbranche ist also eine Dienstleistungsbranche, und die Dienstleistungsbranchen sind die Branchen der Zukunft. Das heißt, auch die Tourismusbranche ist eine Zukunftsbranche.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])
Der Bund hat im Bereich Tourismus nicht allzu viele Zuständigkeiten. Vor allem die Länder sind gefragt, wenn es darum geht, die touristische Infrastruktur zu unterstützen bzw. die Tourismuswirtschaft insgesamt zu unterstützen. Wir können nur über die Deutsche Zentrale für Tourismus im Ausland Marketing für unser Land betreiben, damit mehr Gäste nach Deutschland kommen, damit die Betten, die Restaurants und die Museen gefüllt werden und die Taxifahrer die Touristen fahren können. Zur touristischen Kette gehören nämlich nicht nur Beherbergungsbetriebe und Gaststätten. Nach dem Hochwasser 2002 konnten wir in Dresden ganz klar sehen, wer alles am Tourismus partizipiert. Wenn keine Gäste kommen, dann steht die Hälfte der Dienstleistungswirtschaft still. Das muss man sich immer vergegenwärtigen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deswegen werbe ich dafür, dass die Tourismuswirtschaft auch in der politischen Diskussion eine höhere Bedeutung bekommt und man sich ihrer Probleme annimmt. Oftmals geht man leichtfertig über dieses Thema hinweg. Ein Beispiel dafür ist die Internetseite, die Berlin zu den hygienischen Zuständen in Gaststätten gemacht hat, ohne zu differenzieren. Manch einem Gastronomiebetrieb wurde dadurch letztendlich die Existenzgrundlage entzogen. Man muss also sensibel vorgehen. Wir müssen uns mit den Problemen der Touristikbranche beschäftigen.
Es ist gut, dass im Haushalt mehr Mittel für das Marketing im Ausland eingestellt werden. Das wird sich in den nächsten Jahren sicherlich niederschlagen; wir werden in den nächsten Jahren sicherlich mehr Gäste in Deutschland begrüßen können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Insoweit kann ich Sie alle nur animieren – das gilt vor allem für die Grünen –, dem Haushalt zuzustimmen. Das ist ein guter Haushalt. Es wird nicht lange dauern, bis wir die nächsten Haushaltsdiskussionen führen, dann über den Haushalt 2016.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank, Herr Kollege Lämmel. – Damit schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 09, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Einzelplan 09 ist angenommen bei Zustimmung von CDU/ CSU und SPD und Ablehnung der Linken und des Bündnisses 90/Die Grünen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.13 auf:
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4183867 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Epl 09 |