Ekin DeligözDIE GRÜNEN - Bundesministerium für Bildung und Forschung Epl 30
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin, am Dienstag waren wir zur Einweihung des neuen Gebäudes Ihres Ministeriums eingeladen. Ich gratuliere auch in unserem Namen zu diesem Gebäude. Es ist sehr innovativ, zumindest in energetischer Hinsicht. Darüber freue ich mich als Grüne ganz besonders, und ich hoffe, dass sich das Innovative auch auf Ihre Politik niederschlägt, die uns in Zukunft aus Ihrem Hause erwartet.
Mit Blick auf Ihren Haushalt hört das Feiern aber wieder auf. Ich hätte mir etwas mehr gewünscht. Frau Hübinger, Sie haben behauptet, wir hätten Forderungen gestellt, deren Finanzierung nicht gedeckt ist. Sie wissen es besser. Sie wissen, dass wir einen Antrag vorgelegt haben, mit dem wir bei den ökologisch schädlichen Subventionen angesetzt haben. Wir haben damit beispielhaft dargelegt, wo man einsparen und wo man investieren kann. Bei uns war jeder Cent gedeckt. Ihre Behauptung lassen wir so nicht stehen. Ich lasse das für meine Fraktion nicht gelten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Jahr 2014 haben Sie mit der Ankündigung von 9 Milliarden Euro Investitionen in Bildung und Forschung begonnen. Das klingt gut. Allein mir fehlt der Glaube; denn – damit kommen wir zum Kern – dieser Bundeshaushalt ist auf Sand gebaut. Warum? Sie setzen auf gute Steuereinnahmen und darauf, dass die Konjunktur weiter anhält. Sie setzen auf niedrige Arbeitslosigkeit und niedrige Zinsen. Wenn aber die Steuereinnahmen nur um einen Hauch sinken und zum Beispiel einen halben Prozentpunkt geringer ausfallen, dann klafft in Ihrem Haushalt schon eine Lücke von 14 Milliarden Euro. Sie werden sich daran messen lassen müssen, ob es Ihnen gelingt, in zwei Jahren endlich eine BAföG-Erhöhung durchzusetzen und die versprochenen 9 Milliarden Euro auch tatsächlich in dieser Höhe zu investieren. Zurzeit reden wir nur von Versprechen, aber nicht von der tatsächlichen Umsetzung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Alles Gesetze!)
Schon jetzt muss dieser Haushalt eine große Last tragen. Sie haben unter den vielen Einzelplänen die größte globale Minderausgabe mit fast einer halben Milliarde Euro auferlegt bekommen, obwohl der Minister, die Kanzlerin und Sie selber wahrscheinlich auch gleich wieder immer behaupten, Bildungsinvestitionen seien wahre Zukunftsinvestitionen. Vorne bringen Sie das Geld zur Tür herein, aber hinten holen Sie es durchs Fenster wieder heraus. Sie tricksen und machen leere Versprechungen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ärgerlich ist auch, dass das Bildungsministerium wegen des unsinnigen Betreuungsgeldes sparen muss. Sie haben zwar den Gesamtansatz für das Betreuungsgeld in der Bereinigungssitzung um 100 Millionen Euro gesenkt. Aber statt die GMA im gleichen Maße zu verringern, hat der Finanzminister die GMA im Bildungsetat um weitere 70 Millionen Euro erhöht. Rechte Hand, linke Hand – Sie tricksen, meine Damen und Herren. Sie reden hier von Innovation und heraus kommen Sparmaßnahmen im Bildungsetat, also genau dort, wo Investitionen stattfinden müssten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Thema verfehlt! Keine Ahnung!)
Was mir wirklich Bauchschmerzen macht, Frau Ministerin – da haben wir offensichtlich einen Dissens, den ich hier auch benenne –, sind die Kosten für den Rückbau bzw. die Stilllegung atomarer Forschungsanlagen. Als Haushälterin mache ich mir wirklich Sorgen darüber, wie die explodierenden Kosten diesen Haushalt von Jahr zu Jahr stärker belasten werden. Als Grüne bin ich überzeugt davon, dass es richtig ist, gegen kerntechnische Anlagen, gegen Atomforschung anzugehen. Da haben wir einen Dissens. Sie sagen nämlich noch immer, die Forschung an der Kernfusion, die Forschung an der Atomenergie sei Zukunftsforschung.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sehr richtig! Gut erkannt!)
Ich sage Ihnen: Das ist rückständige Forschung, das ist Festhalten an Dinosauriertechnologien.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Da klatscht noch nicht einmal Ihre Fraktion!)
Wir hier in Deutschland, wir können anders; Innovation geht anders.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Bundesregierung will Atommüll aus dem Forschungszentrum Jülich in die USA abschieben. Ich sehe das kritisch und sage Ihnen auch, warum. Sie behaupten, das sei Forschungsmüll. Das ist aber falsch. Fakt ist, dass in diesem Reaktor jahrzehntelang kommerziell Strom erzeugt und durch den Verkauf auch Geld verdient wurde.
(Dr. Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)
Daher handelt es sich nicht um Forschungsmüll. Damit gilt das Gesetz, dass Wiederaufbereitung im Ausland – seit 2005 – verboten ist. Damit haben wir die Verantwortung, eine Lösung in Deutschland zu finden, und damit sind Sie dazu verpflichtet, nach dieser Lösung zu suchen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Unfug!)
Wir können nicht sagen: „Aus den Augen, aus dem Sinn“, sondern müssen uns dieser Verantwortung stellen. Sie müssen sich dieser Verantwortung stellen. Ducken Sie sich da bitte nicht weg!
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich finde übrigens, dass die Stilllegung von Forschungsreaktoren gar nicht in diesen Haushalt gehört. Eigentlich gehören diese Aufwendungen in einen anderen Haushalt, nämlich in den Haushalt eines Ressorts, wo tatsächlich Wissen und Know-how im Umgang mit Atommüll vorhanden sind: in das BMU. In Anbetracht der Tatsache, was da auf uns zukommt, könnten wir auch über das Finanzministerium direkt reden; besser wäre meines Erachtens aber das BMU. Fakt ist doch: An erster Stelle muss die Sicherheit stehen. Ich glaube, allein deswegen sollte das Bildungsministerium in seinem eigenen Interesse mit daran arbeiten, dass diese Aufgabe nicht in diesem Haushalt verbleibt, sondern in einen anderen Haushalt wandert.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Abschließend bedanke ich mich bei unserem Hauptberichterstatter Swen Schulz; er hat das sehr gut gemacht. Ich danke zudem allen Berichterstattern und auch dem Ministerium, dass sie gute Ideen übernommen haben. Ich bin als Politikerin schon immer überzeugt gewesen, dass sich gute Ideen durchsetzen. Als wir unsere Anträge eingebracht haben, dass die Kürzungen im Bereich der beruflichen Bildung zurückgenommen werden sollen, hat die Koalition noch dagegen gestimmt. Sie wurden eines Besseren belehrt.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Quatsch! Das ist jetzt wirklich Trickserei!)
Gute Argumente setzen sich eben durch; am Ende zählt das Ziel. Wenn die Ideen von den Grünen kommen, umso besser.
Ich freue mich auch, dass wir jetzt eine Aufwertung im Bereich der Friedensforschung und der Fachhochschulen haben; auch das sind lange erhobene Forderungen der Grünen. Wir bleiben zuverlässige Partner, wenn es um Bildung und Forschung geht. Eines unterscheidet uns von Ihnen: Wir tricksen nicht.
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nur manchmal!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Deligöz. – Nächster Redner in der Debatte: Swen Schulz für die SPD.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4183896 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Bundesministerium für Bildung und Forschung Epl 30 |