Thomas FeistCDU/CSU - Bundesministerium für Bildung und Forschung Epl 30
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass heute hier so viele junge Menschen sind, die sehen, wie sehr wir uns mit dem Thema Bildung und Forschung beschäftigen. Das ist nicht nur unser Thema, sondern das ist vor allen Dingen unser Thema für euch.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben wohl zu viel Redezeit!)
– Ich habe Sie nicht ganz verstanden, Herr Kollege.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben wohl zu viel Redezeit!)
– Sie haben wohl zu wenig Redezeit, Herr Mutlu.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Beifall des Abg. Albert Rupprecht [CDU/CSU])
Es ist eigentlich schade, dass Ihre Fraktion Sie nicht hier vorne hinstellt, wenn Sie etwas Wichtiges zu sagen haben. Quatschen Sie aber nicht dazwischen, sondern hören Sie einfach einmal zu, so wie die jungen Menschen das dort oben auch machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir werden heute zum neunten Mal in Folge einen Haushalt mit Aufwüchsen beschließen. Mit etwas über 15 Milliarden Euro ist er der bisher größte im Bereich Bildung und Forschung. Das ist nicht nur ein guter Tag für Sie, Frau Ministerin, für die Haushälter und für das Parlament, sondern das ist auch ein guter Tag für Deutschland.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben darüber gesprochen, dass das Bild Deutschlands in der Welt vorwiegend dadurch geprägt wird, dass die akademische und die berufliche Bildung bei uns Hand in Hand gehen. In diesem Bereich haben wir die Mittel etwas erhöht, weil das wichtig ist. Das gilt gerade für die berufliche Bildung, aber auch im akademischen Bereich unternehmen wir zusätzliche großartige Anstrengungen.
Im Rahmen des Hochschulpakts werden wir 200 Millionen Euro mehr für die zusätzlichen Studienanfänger ausgeben, und wir werden die BAföG-Finanzierung ab dem nächsten Jahr alleine übernehmen. Gerade die Wissenschaft in Deutschland profitiert von dem steigenden Interesse von Hochleistungsnachwuchswissenschaftlern aus der ganzen Welt. Deshalb ist es wichtig, dass wir schauen, was bei uns in der beruflichen Bildung passiert. Deswegen setzen wir mit diesem Haushalt ganz besondere Akzente in den Bereichen Berufsorientierung und überbetriebliche Einrichtungen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Weil die besten politischen Entscheidungen durch Gutachten gedeckt sind,
(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)
kann ich in Bezug auf unseren Haushalt auch einmal aus dem Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation zitieren, das aus dem Februar dieses Jahres stammt, also sehr aktuell ist. Dort lesen wir – ich zitiere –:
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Genau das tun wir, genau das bildet sich auch in diesem Haushalt ab.
Ich möchte noch auf eine weitere Haushaltsposition zu sprechen kommen, die bisher noch keine wichtige Rolle gespielt hat, aber auch von der Ministerin angesprochen worden ist. Es ist wichtig, dass wir uns diesen Bereich noch einmal anschauen. Es geht um das verstärkte Engagement der BAs bei der Berufseinstiegsbegleitung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Dies ist gut.
(Willi Brase [SPD]: Ja!)
Noch besser wäre es, wenn wir das System der Berufseinstiegsbegleitung in Richtung einer assistierten Ausbildung erweitern würden, die sich eben nicht zuerst an den Regularien, sondern an den Bildungsbiografien und Lebenswirklichkeiten junger Menschen orientiert.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ab dem nächsten Jahr werden wir die BAföG-Finanzierung komplett übernehmen. Das bedeutet natürlich einen zusätzlichen finanziellen Handlungsspielraum für die Länder, die diesen nutzen müssen, um mehr in die Bildung und in die Wissenschaft zu investieren. Es geht um eine ganze Menge Geld. 1,2 Milliarden Euro pro Jahr übernehmen wir als Bund dann zusätzlich – Geld, das dann den Ländern zur Verfügung steht.
Ich will Ihnen einmal ein schönes Beispiel aus Sachsen nennen – nicht nur, weil ich aus Sachsen komme, sondern auch, weil wir dort eine wirklich gute Politik machen. Das tun wir jetzt übrigens auch in einer Großen Koalition, und wir werden das schon ordentlich hinbekommen.
In dem dortigen Koalitionsvertrag steht der Passus: Wir werden uns für eine flächendeckende Berufs- und Studienorientierung einsetzen, die die Gymnasien umfasst. – Es ist richtig, so etwas im Koalitionsvertrag zu vereinbaren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Genauso wichtig ist es, dass wir sagen: Wenn wir vom Bund eine flächendeckende Berufs- und Studienorientierung einführen wollen und dafür Geld – das haben wir gemacht, nämlich 12 Millionen Euro mehr – zur Verfügung stellen, dann sollten wir möglichst Anreize schaffen, dass die Länder, deren ursprüngliche Aufgabe das ist, diese Aufgabe übernehmen, während wir schauen, wie wir sie als Bund dabei unterstützen. Dafür werden wir uns in der nächsten Zeit einsetzen.
Es ist hier über Berufsorientierung gesprochen worden. Gut, ich habe drei Kinder, aber man sollte nicht nur von eigenen Erlebnissen reden und davon, wie schwer es ist, aus der Unübersichtlichkeit von Berufsbildern, vor allen Dingen auch bei Studiengängen – es gibt mehrere Zehntausend Bachelorstudiengänge –, das Passende zu finden. Deswegen müssen wir in diesem Bereich etwas tun. Dazu gibt es ein aktuelles Gutachten von Allensbach, in dem die Vorstellungen junger Leute zur Berufsorientierung untersucht wurden.
Weil etwas Fachkenntnis nicht schaden kann, möchte ich Ihnen das gerne zu Gehör bringen. 44 Prozent der Schüler fühlen sich laut dieser Studie über berufliche Möglichkeiten nicht ausreichend informiert. Nur knapp ein Drittel hat konkrete Vorstellungen zur beruflichen Zukunft, 20 Prozent haben gar keine Vorstellung. 54 Prozent der Schüler an Sekundarschulen wissen nicht, welche Berufe gute Zukunftsaussichten haben.
Neben Defiziten in der Berufsorientierung haben 62 Prozent der Gymnasiasten einen gefühlten Mangel – dahinter steckt meistens mehr – an Studienorientierung. Nur 25 Prozent der Schüler holen sich Informationen bei der Agentur für Arbeit. Davon schätzt nur ein Drittel diese Informationen als hilfreich ein. Deswegen ist es richtig, dass wir die Berufs- und Studienorientierung finanzieren. Wir haben mit diesem Haushalt den Anfang gemacht. Das werden wir in den nächsten Jahren fortsetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Im Übrigen ist die duale berufliche Bildung ein sehr gelungenes Beispiel für eine private und öffentliche Partnerschaft; denn wir sollten auch die Leistungen der Unternehmen nicht ganz vergessen. Neben dem, was wir hier im Bund und in den Ländern für die berufliche Ausbildung machen, sollte auch einmal die Rolle der Unternehmen gewürdigt werden. Man muss sich vorstellen: 16 000 Euro kostet ein Azubi. Dieses Geld muss man erst einmal aufbringen. Die Investitionen der Unternehmen in die Ausbildung liegen momentan bei 24 Milliarden Euro pro Jahr. Auch das sollte uns einen großen Dank in diese Richtung wert sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Abschließend möchte ich den Blick nach außen richten. Nur wenn wir hier in Deutschland mit einem ausgewogenen Mix an akademischer und beruflicher Bildung erfolgreich sein werden, werden wir das Überzeugungspotenzial dafür haben, dass auch andere Länder in Europa und in der Welt diesen Weg einschlagen. Deswegen will ich Ihnen zum Schluss zwei Beispiele aus Ländern nennen, in denen dieses System auf den Weg gebracht wurde oder schon funktioniert. Das eine Beispiel bezieht sich auf ein Land in der Nähe, das andere auf ein weiter entferntes Land.
Das erste Beispiel ist Georgien, ein Land, das durch ein Assoziierungsabkommen näher an die Europäische Union rückt. Georgien geht es nicht in erster Linie um Geld, sondern das Land will von uns lernen. Es teilt unsere Werte. Das heißt für dieses Land, dass ihm die duale Bildung etwas wert sein muss. Ich weiß, dass gerade in der Regierung gefragt wird: Wie kann man dafür die gesetzlichen Grundlagen schaffen? Wie können wir diese Entwicklung durch Berufsforschung akademisch begleiten? Dafür braucht das Land natürlich die Hochschulen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit der richtigen Unterstützung in diesen Bereichen dafür sorgen werden, dass durch die duale berufliche Bildung in diesen europäischen Ländern oder in den Ländern, die näher an uns heranrücken wollen, die Jugendarbeitslosigkeit drastisch verringert und die Zukunftsfähigkeit von ganz Europa gesichert wird.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das zweite Beispiel, das ich gerne nennen möchte, ist ein weiter entferntes Land: Ecuador. Die Deutsche Schule Quito mit 1 600 Schülern, eine der größten deutschen Auslandsschulen, hat vor einigen Jahren mit einer dualen beruflichen Bildung angefangen, angeschlossen an das Schulsystem. Der Leiter der Schule war mit diesem Modell so erfolgreich – es geht schließlich auch um das Image von beruflicher Bildung; das müssen wir uns klarmachen; die meisten Leute studieren, weil sie meinen, die duale Bildung hat in unserem Land keinen richtigen Stellenwert –, dass die Regierung diesen Lehrer nach seiner Pensionierung als Berater beschäftigt hat.
Inzwischen hat dieses Land die gesetzlichen Voraussetzungen für eine duale Ausbildung nach deutschem Vorbild geschaffen. Pro Jahr werden 120 000 junge Menschen ausgebildet. Das ist eine nachhaltige Entwicklungspolitik, die wir damit für die Welt leisten. Wenn wir in Deutschland weiter daran festhalten, werden wir sehr erfolgreich sein.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Saskia Esken das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4184114 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Bundesministerium für Bildung und Forschung Epl 30 |