27.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 70 / Tagesordnungspunkt I.13

Saskia EskenSPD - Bundesministerium für Bildung und Forschung Epl 30

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich auf einen kleinen, zunächst unscheinbar wirkenden Haushaltsansatz eingehe, über den ich mich ganz besonders gefreut habe, möchte ich mich bei all denen bedanken, die in den vergangenen Wochen diesen Haushalt entworfen und ihn in zahlreichen Sitzungen teils bis in die Nacht hinein beraten haben. Sie alle haben wirklich hervorragende Arbeit geleistet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Worüber ich mich gemeinsam mit meinem Berichterstatterkollegen Sven Volmering besonders gefreut habe, ist ein kleiner, erster Haushaltsansatz zur Förderung von OER. Ausgesprochen heißt das: Open Educational Resources; auf Deutsch sprechen wir von freien Lehr- und Lernmaterialien. Im Haushaltsjahr 2015 sollen für ihre Förderung 2 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Das finde ich großartig.

„Open“ bzw. „frei“ heißen diese Lehr- und Lernmaterialien nicht etwa, weil sie kostenlos oder gar umsonst zu erstellen wären – dann bräuchten wir keine Haushaltsmittel dafür –, nein, der Begriff „Openness“ oder „Freiheit“ bezieht sich auf den freien Zugang, den jeder zu den Lehr- und Lernmaterialien haben soll. Dazu kommt eine möglichst freie Lizenzierung, die es Lernenden und Lehrenden ermöglicht, die Materialien zu verändern und sie weiterzugeben.

Was bedeuten solche freien Lehr- und Lernmaterialien für unser schulisches und außerschulisches Bildungssystem, insbesondere dann, wenn sie in digitaler Form vorliegen und entsprechend eingesetzt werden können? Für Lehrkräfte eröffnen OER und digitale Medien die Möglichkeit, Lehr- und Lernmaterialien so auszuwählen und anzupassen, dass sie den eigenen Erfahrungen und Vorlieben, der besonderen Unterrichtssituation und den besonderen Bedürfnissen der Lernenden entsprechen. Wenn Lehrkräfte das heute auf der Grundlage von geschlossen lizenzierten Materialien tun, dann arbeiten sie in einer problematischen rechtlichen Grauzone und unter der ständigen Angst vor der Abmahnung.

Für Lernende in Bildungseinrichtungen bedeuten OER und digitale Lernmedien aktivere Lernprozesse. Sie erlauben das Lernen nach individuellen Zugängen und Bedürfnissen, auch im Sinne der Inklusion. Außerdem ist das vernetzte Lernen im Austausch mit anderen gerade für junge Menschen besonders motivierend, weil das Lernen damit dort stattfindet, wo sie zu Hause sind.

Für frei Lernende ist der offene und für den Endnutzer möglichst kostenfreie Zugang zu OER ein großer Gewinn; denn er ermöglicht Menschen das lebensbegleitende Lernen, die durch ihre familiäre Situation, durch eingeschränkte Mobilität oder durch andere Gründe am Besuch einer Bildungseinrichtung gehindert sind. Dies gilt sowohl für die berufliche Weiterbildung als auch für die Weiterbildung nach Bedarf und Interesse, nach Lust und Laune. Dieser ungehinderte Zugang zu Bildung und Wissen ist ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft, nicht nur für das Bildungssystem.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Für die traditionellen Hersteller von Bildungsmaterialien bedeuten OER nicht etwa eine Kampfansage. Das möchte ich sehr deutlich machen. Nach meiner Wahrnehmung können – anders als auf der Grundlage von geschlossen lizenzierten Inhalten – gerade mit OER die wertvolle Arbeit, die Erfahrung und die Qualität, die die Schulbuchverlage heute in unser Bildungssystem einbringen, auch in Zukunft genutzt werden. Es wird den Verlagen, aber auch weiteren Akteuren auch weiterhin möglich sein, aus vorhandenen Inhalten auf der einen Seite und Bildungsstandards und Bildungsplänen auf der anderen Seite gute, praxistaugliche Unterrichtskonzepte zu entwickeln und zu verkaufen; denn solche Unterrichtskonzepte werden auch weiterhin gebraucht.

Für die Qualität der Bildungsmaterialien kann die Offenheit einen Quantensprung bedeuten, weil gerade die vernetzte Erzeugung, Nutzung und Weiterentwicklung von solchen Lernmaterialien auf offenen Plattformen die Qualität fördert und deren Sicherung erleichtert. Schon die Möglichkeit der stetigen Weiterentwicklung und Anpassung an die Anforderungen des Bildungsbetriebs stellt einen großen Vorteil zum analogen gebundenen Schulbuch dar.

Die wesentlichen Vorteile von OER liegen also auf der einen Seite im offenen Zugang für alle und auf der anderen Seite in der stetigen Weiterentwicklung und Qualitätsverbesserung der Materialien. Deshalb sind die 2 Millionen Euro für OER im Bundeshaushalt 2015 vielleicht zunächst unscheinbar, aber ein wichtiger Schritt für die Bildung und, wie ich finde, ein gutes Signal sowohl an die, die sich derzeit überwiegend ehrenamtlich mit OER beschäftigen, als auch an die, die heute schon mit dem Erzeugen von Bildungsmaterialien ihr Geld verdienen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Rainer Spiering das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4184115
Wahlperiode 18
Sitzung 70
Tagesordnungspunkt Bundesministerium für Bildung und Forschung Epl 30
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