27.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 70 / Tagesordnungspunkt I.14

Stephan StrackeCDU/CSU - Bundesministerium für Arbeit und Soziales Epl 11

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesagentur für Arbeit hat heute die Arbeitslosenzahlen für den Monat November auf den Tisch gelegt. Danach ist der Arbeitsmarkt in Deutschland weiter robust. Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten finden sich keinerlei Bremsspuren auf dem Arbeitsmarkt. Wir haben derzeit fast 43 Millionen Erwerbstätige dank der hervorragenden Wirtschaftsleistung und unserer Unternehmen, die hier Treffliches leisten. Gegenüber 2005 stellt das eine Halbierung der Arbeitslosenquote dar.

Bayern hat es vorgemacht. Der Arbeitsmarkt im Freistaat ist Monat für Monat Klassenbester in Deutschland. Die Arbeitslosenquote in Bayern beträgt derzeit lediglich 3,4 Prozent gegenüber 6,3 Prozent im Bundesdurchschnitt. Das kommt nicht von ungefähr. Das hat damit zu tun, dass wir von Anfang an Wert darauf gelegt haben, erstens keine neuen Schulden zu machen und zweitens Investitionen in die Zukunft zu tätigen. Genau das tun wir jetzt auch auf Bundesebene beim Haushalt: Endlich gibt es die schwarze Null. Das ist die Antwort für die junge Generation.

Gleichzeitig richten wir den Blick nach vorn. Wir treiben nicht nur das voran, was wir im Koalitionsvertrag festgelegt haben, nämlich Investitionen in Höhe von 23 Milliarden Euro, sondern darüber hinaus wollen wir in den nächsten Jahren zusätzlich 10 Milliarden Euro für eine bessere Infrastruktur, insbesondere für Straßen und den Breitbandausbau, ausgeben.

Wir haben in Deutschland einen starken Sozialstaat. Das System der sozialen Sicherung in Deutschland weist insgesamt ein Volumen von rund 800 Milliarden Euro aus. Die Sozialleistungsquote liegt bei etwa 30 Prozent. Ich kenne kein europäisches Land, das in diesem Bereich vergleichbar gut wie Deutschland aufgestellt ist.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Bayern!)

– Außer natürlich Bayern. Bayern ist bei all diesen Themen natürlich immer vorbildlich, Frau Kollegin. Schön, dass Sie das vonseiten der Linken anerkennen. Das mag Ihnen auch Zuspruch geben für das, was Sie unter anderem in Thüringen vorhaben.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Sozialstaat in Deutschland funktioniert. Die Menschen sind gegen die zentralen Risiken gut abgesichert. Die Schwachen können sich auf die Starken verlassen, und auch die Gutsituierten helfen denen, die weniger haben. Auch das Ausmaß der Umverteilung in Deutschland ist im internationalen Vergleich groß; das hat der Sachverständigenrat in seinem jüngsten Jahresgutachten noch einmal glasklar beschrieben.

Entscheidend, gerade für den kleinen Mann, ist der Beitragssatz. Der Beitragssatz ist die Steuer des kleinen Mannes. Deswegen war es immer Unionspolitik, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag möglichst unter 40 Prozent zu halten. In den letzten Jahren haben wir es geschafft, gerade was den Rentenbeitrag angeht, eine Entlastung von über 12 Milliarden Euro zustande zu bringen.

(Zurufe der Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] und Markus Kurth [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Das ist eine riesige Leistung. Mehr Geld in den Taschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land, das ist etwas, was damit zu tun hat, dass die Rahmenbedingungen in diesem Land hervorragend sind. Dafür hat diese Bundesregierung in den letzten neun Jahren trefflich gesorgt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sinkende Rentenbeiträge, steigende Renten, volle Rücklagen mit 33,5 Milliarden Euro und die Tatsache, dass die Potenziale der älteren Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt wieder deutlich mehr geschätzt werden, das sind die Erfolge unserer schwarz-rot geführten Bundesregierung.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat mit der Bundesregierung überhaupt nichts zu tun!)

Das zeigt: Wir machen Politik für die Menschen, die bei den Menschen auch ankommt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Rentenpaket haben wir zentrale Punkte beschlossen, insbesondere was die Mütterrente angeht. Ich möchte hier einmal mit der Mär aufräumen, dass die Mütterrente gegenwärtig nicht steuermittelfinanziert sei.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird auch nicht besser, wenn Sie es wiederholen!)

Das Gegenteil ist richtig. Die derzeitigen Rentenzahlungen sind, was die Kindererziehungszeiten angeht, natürlich zur Gänze steuermittelfinanziert. Insofern ist das genau der richtige Ansatz. Wir haben auch in der Sachverständigenanhörung noch einmal herausgearbeitet, dass seit den 90er-Jahren rund 100 Milliarden Euro mehr an Steuermitteln aufgrund der Kindererziehungszeiten ins System geflossen sind, als derzeit tatsächlich gebraucht werden.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle Sachverständigen haben gesagt, dass solle durch aktuelle Steuern finanziert werden!)

Insofern ist die Mütterrente natürlich nachhaltig finanziert.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt überhaupt nicht!)

– Herr Kurth, da nutzt es auch nichts, wenn Sie dazwischenrufen.

Wir müssen allerdings, was die arbeitsmarktpolitischen Instrumente angeht, aufpassen, dass wir keine neuen Anreize schaffen, gerade was die gut Qualifizierten in diesem Land angeht, früher in Rente zu gehen. Deswegen: Ich sehe nicht, dass wir weitere Anreize schaffen sollten im Hinblick auf eine Reduzierung der Altersgrenze von 63. Wir sind dabei, uns im Rahmen einer Arbeitsgruppe zu überlegen, wie wir flexibles Arbeiten bis zum Erreichen der Rentenaltersgrenze und auch danach attraktiver machen können.

Auch hier darf ich darauf hinweisen, dass wir schon einiges erreicht haben, insbesondere, dass heutzutage ein Arbeitsverhältnis rechtssicher fortgesetzt werden kann, wenn man das Renteneintrittsalter erreicht hat. Das gewährleistet ein viel höheres Maß an Flexibilität. Diejenigen, die nach Erreichen der Rentenaltersgrenze weiterarbeiten, stocken durch ihre Sozialversicherungsbeiträge nicht nur ihre Rente auf, sondern sie bekommen auch noch einen Zuschlag in Höhe von 6 Prozent. Das ist etwas, was wir deutlicher bekannt machen sollten, gerade aufgrund der Zinslage in diesem Land.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben den Mindestlohn als einen Mindestschutz für Beschäftigte eingeführt. Dabei ging es uns vor allem darum, eine starke Mindestlohnkommission zu haben, die tatsächlich darauf achtet, dass Beschäftigung in diesem Land nicht behindert wird. Deswegen ist es gut, dass wir in diesen Haushaltsberatungen die finanziellen und personellen Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass wir nun eine Geschäfts- und Informationsstelle haben, die arbeiten kann und genau den gesetzgeberischen Auftrag, nämlich Evaluation vorzunehmen, erfüllen kann. Insofern ein herzliches Dankeschön an die Haushälter der Fraktionen, dass dies möglich war und dass wir den gesetzgeberischen Willen entsprechend umsetzen können.

Wir setzen uns gleichzeitig für eine zeitnahe Evaluation des Mindestlohns ein. Deswegen haben wir das BMAS gebeten, das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zu beauftragen, um möglichst schnell Erkenntnisse zu gewinnen, wie der Mindestlohn ab dem 1. Januar 2015 tatsächlich wirkt.

Beim Mindestlohn geht es immer auch um die Frage der Entbürokratisierung und der Kontrolle.

(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: Ja!)

Natürlich ist Kontrolle im Rahmen des Mindestlohns unabdingbar. Aber wir müssen uns auch immer wieder vor Augen führen, dass wir den administrativen Aufwand auf ein erträgliches Maß begrenzen müssen. Deswegen haben wir als Gesetzgeber die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass beispielsweise Dokumentationspflichten im Sinne größerer Flexibilität den spezifischen Bedürfnissen der Praxis angepasst werden können. Deswegen haben wir eine Verordnungsermächtigung an das Arbeitsministerium und das Finanzministerium erteilt. Hier sind schon gute Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Wir sollten die Spielräume für Entbürokratisierung bei diesem Thema in der Tat nutzen.

Ein wichtiges Thema, das uns in Zukunft beschäftigen wird, ist die Tarifeinheit. Hier gilt der Grundsatz: ein Betrieb – ein Tarifvertrag. Dieser hat sich über die Jahrzehnte hinweg bewährt. Er verhindert auch, dass einzelne Berufsgruppen ihre Schlüsselposition nutzen, um eigene Interessen gegenüber den Interessen der Gesamtbelegschaft vorrangig durchzusetzen. Das gefährdet nämlich nicht nur den Betriebsfrieden, sondern belastet insgesamt auch die Wirtschaft. Deswegen werden wir den Grundsatz der Tarifeinheit schärfen.

(Beifall des Abg. Axel E. Fischer [Karlsruhe- Land] [CDU/CSU])

Dazu wollen wir eine Tarifkollisionsregelung auf den Weg bringen.

Wir werden nicht das Streikrecht regeln – das bleibt den Gerichten überlassen –, aber wir setzen zwei Anhaltspunkte: zum einen das Mehrheitsprinzip – das ist am nächsten an der Verfassung – und nicht etwa das Günstigkeits- oder Spezialitätsprinzip. Zum anderen überlegen wir, das betriebsbezogen zu machen. So wäre die Eingriffstiefe insgesamt am geringsten, und das führt dazu, dass wir den verfassungsrechtlich möglichen Pfad, der zugegebenermaßen ein schmaler ist, meines Erachtens einhalten können.

Die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit ist ein ganz zentrales Thema. Hier sind wir erfolgreich gewesen. In Bayern beispielsweise ist es den Jobcentern gelungen, viele marktnahe Kunden, aber auch solche mit Vermittlungshemmnissen in Arbeit zu bringen. Dabei muss es in erster Linie darum gehen, die Beschäftigungsfähigkeit der Betroffenen aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen bzw. der Entstehung von Vermittlungshemmnissen entgegenzuwirken. Dazu bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes. Passgenaue Maßnahmen und umfassende Betreuung setzen auch ausreichende finanzielle Mittel der Jobcenter voraus. Wir haben gezeigt, was der richtige Weg ist, in Bayern beispielsweise mit den Projekten „TANDEM“ für Nürnberg und Fürth oder „KAJAK“. Diesen Weg sollten wir weitergehen.

Wir sind in diesem Jahr im Rahmen der Sozialpolitik erfolgreich gewesen. Wir stehen für eine Sozialpolitik mit Augenmaß: Belohnung der Lebensleistung der heute Älteren, aber auch Verantwortung für die kommenden Generationen und gleichzeitig Abkehr von der Politik der Schuldenfinanzierung. Das zeichnet diese Bundesregierung aus. In dem Sinne wollen wir auch die nächsten Jahre gemeinsam weitermachen. Ich bitte um Unterstützung hierfür.

Herzliches Dankeschön!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt die Kollegin Katja Mast, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4184669
Wahlperiode 18
Sitzung 70
Tagesordnungspunkt Bundesministerium für Arbeit und Soziales Epl 11
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