27.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 70 / Tagesordnungspunkt I.16

Rainer SpieringSPD - Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Epl 10

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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe dem Verlauf der Diskussion heute sehr aufmerksam zugehört. Gestatten Sie mir, zu sagen, dass ich bei einigen Diskussionsbeiträgen doch irritiert war.

Auf meiner Agenda steht: Postleitzahl 49… Das ist der Wahlkreis Osnabrück-Land, also rund um Osnabrück. Dort befindet man sich mitten im Zentrum deutscher Tierproduktion mit den entsprechenden Folgen. Dort zu leben, erzeugt vielleicht eine höhere Sensibilität, als sie der eine oder andere hat. Man erlebt bei uns zu Hause eine ausgesprochen effiziente Landwirtschaft, die so arbeitet, wie der Industriestaat Deutschland arbeitet. Wie sollte sich die Landwirtschaft davon auch abkoppeln? Das hat natürlich Folgen. Wir sind mittlerweile bei Produktionsstandards angelangt, bei denen zumindest ich – da gehe ich auf Johann Saathoff ein – ein Unbehagen wahrnehme. Ich glaube, wir müssen dieses Unbehagen sehr sensibel aufnehmen, und zwar im Sinne unserer produktiven Landwirtschaft. Es findet in diesem Land mittlerweile eine ausgesprochen intensive Wertediskussion statt. Ich glaube, wir sollten diese Wertediskussion begleiten.

Ich sehe auf der Regierungsbank Staatssekretärin Frau Schwarzelühr-Sutter sitzen. Sie hat ein ganz tolles Amt; sie ist nämlich Verwaltungsratsvorsitzende der DBU, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt – ich glaube, sie war an diesem Projekt nicht ganz unbeteiligt – macht jetzt eine ganz interessante Studie: Man untersucht landwirtschaftliche Höfe auf ihre ökologische Verträglichkeit beim Einsatz von Energie. Ökobilanzen kennen wir aus industrieller Tätigkeit. Im industriellen Bereich sind solche Untersuchungen seit langem gang und gäbe.

Jetzt macht die DBU zusätzlich etwas, was ich ausgesprochen spannend finde, nämlich eine Ethiküberprüfung. Das heißt, es werden Produktionsstandards und Energieeffizienz von 15 oder 20 sehr großen Höfen intensiv untersucht, und parallel dazu findet eine Ethikdebatteüber die Frage statt, wie sich unser Verbraucherverhalten, unsere Produktion auf unsere Wahrnehmung auswirken. Ich finde es ganz wichtig, dass wir uns dieser Diskussion stellen. Nur wenn wir uns dieser Diskussion inhaltlich gestellt haben und Ergebnisse vorliegen, können wir auch fortschreiten – oder aber uns zurücknehmen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn man wie ich aus einer Region mit einem Riesenstahlwerk kommt, dann fällt einem der Vergleich sehr leicht. Natürlich sind wir in der Effizienz unserer Stahlherstellung unglaublich gut geworden. Aber ich sage Ihnen: Es gibt einen Unterschied zwischen der Steigerung der Stahlproduktion und der Tieraufzucht, und dessen müssen wir uns jederzeit bewusst sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein weiterer wichtiger Themenkreis für die Landwirtschaft in der Region Osnabrück ist die mit der Landwirtschaft einhergehende Landwirtschaftsindustrie. Ich habe heute noch einmal nachgeschaut: Krone, Grimme, Amazone, Claas haben ein Umsatzvolumen von 5 Milliarden Euro, ungefähr 13 000 Beschäftigte und einen Exportanteil von knapp über 70 Prozent. Das ist natürlich auch meiner Heimatregion geschuldet. Diese Unternehmen sind unglaublich intensiv am Markt. Was sie natürlich brauchen, Herr Minister – jetzt komme ich wieder zu meinem Lieblingsthema –, ist, dass sie von der Bundesrepublik Deutschland bei unglaublich intensiven Forschungsvorhaben begleitet werden.

Ich bin unlängst bei Claas gewesen. Ich hoffe, dass ich das jetzt nicht falsch darstelle; denn es ist ziemlich kompliziert: Es wird ja eine Eiweißstrategie verfolgt. Man beschäftigt sich dabei mit der Umsetzung von Proteinen. Man ist bei Claas in der Sensorik mittlerweile so weit, dass man offensichtlich schon bei der Aufnahme des Grases feststellen kann, wie hoch dessen Proteingehalt ist. Das finde ich total spektakulär. Toll finde ich auch, dass so etwas bei uns in Deutschland stattfindet. Ich glaube, dass wir da im Rahmen der technologischen Fortentwicklung – ich verweise auf Düngerhersteller wie Amazone – insgesamt Unterstützung leisten müssen. Wenn wir den Technologiestandort Deutschland mit seiner Riesenexportrate weiterentwickeln wollen, dann müssen wir da mehr Forschungsmittel investieren.

Eines möchte ich, bevor meine Redezeit vorbei ist, noch loswerden: Ich habe heute beim DIL nachgefragt: Wie sieht es eigentlich mit der Energieintensität der Lebensmittelproduktion aus? Von den 500 Exajoule, die wir an Energie pro Jahr weltweit verbrauchen, entfällt zurzeit ungefähr ein Drittel auf die Lebensmittelherstellung, und zwar deshalb, weil wir da nicht effizient genug sind.

Wenn Sie einmal einen konzentrierten Blick auf die Stadt Berlin und ihren Energieverbrauch werfen, dann werden Sie eine unglaublich hohe Energiedichte bei Edeka, Lidl, Aldi und Rewe finden. Das hängt mit der Produktionstechnik in Deutschland zusammen: Kühlketten, Produktionsketten, Logistikketten. All dies kommt dort zusammen. Ich glaube, wir werden intensiv daran arbeiten müssen, die Energieverluste, die wir dort erleiden, herunterzufahren, um eine wesentlich höhere Energieeffizienz zu bekommen. Dann, Herr Minister, sind wir bei der Bioökonomie, und ich weiß Sie da auf meiner Seite.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzelplan 10 – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft – in der Ausschussfassung. Hierzu liegen zwei Änderungsanträge vor, über die wir zuerst abstimmen.

Wir kommen zunächst zum Änderungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/3303. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dieser Änderungsantrag ist damit mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Linken bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

Wir kommen jetzt zum Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/3304. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt gegen diesen Änderungsantrag? – Dieser Änderungsantrag ist damit mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linken abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 10 in der Ausschussfassung. Wer stimmt für den Einzelplan 10? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen gibt es damit logischerweise keine. Der Einzelplan 10 ist damit mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Linken und von Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt I.17 auf:

Die Berichterstattung haben die Kollegen Abgeordnete Steffen-Claudio Lemme, Christian Hirte, Dr. André Berghegger, Roland Claus sowie Sven-Christian Kindler.

Zu dem Einzelplan 16 liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion Die Linke vor. Des Weiteren liegen zwei Entschließungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, über die wir aber erst morgen nach der Schlussabstimmung abstimmen werden.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für diese Aussprache, die letzte am heutigen Tag, 96 Minuten vorgesehen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Somit ist das beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache, sehe, dass mittlerweile alle hier zuständigen Kolleginnen und Kollegen ihren Platz eingenommen haben, und erteile als erstem Redner dem Kollegen Hubertus Zdebel von den Linken das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4185312
Wahlperiode 18
Sitzung 70
Tagesordnungspunkt Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Epl 10
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