Barbara HendricksSPD - Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Epl 16
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundeshaushalt 2015 sendet viele richtige und wichtige Signale vor allem an die Menschen, deren Geld wir verwalten und mit denen wir die Zukunft Deutschlands gestalten wollen.
Nachhaltigkeit ist ein zentrales Leitprinzip dieser Bundesregierung nicht nur in der Haushaltspolitik. Im Haushalt 2015 sparen wir deshalb auch nicht bei den Investitionen in die Zukunftsthemen Umweltschutz, Klimaschutz und Naturschutz. Im Gegenteil!
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Marie- Luise Dött [CDU/CSU])
Mit knapp 3,9 Milliarden Euro ist der Gesamtetat des BMUB gegenüber 2014 um rund 200 Millionen Euro gestiegen. Ein großer Teil davon, über die Hälfte, fließt in Investitionen, sodass man beim Einzelplan 16 mit gutem Grund von einem Investitionshaushalt sprechen kann.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir investieren in die Vorsorge. Wie angekündigt, beginnen wir mit dem Sonderrahmenplan einen vorbeugenden Hochwasserschutz. Dafür haben wir im Einzelplan 10 einen neuen Haushaltstitel geschaffen; Kollege Schmidt hat eben darauf hingewiesen. Die Zunahme von Extremwetterereignissen und die Erfahrung mit den großen Hochwasserkatastrophen in den letzten 15 Jahren fordern uns heraus. Mit dem Sonderrahmenplan stellen wir uns dieser Herausforderung.
Uns beschäftigt allerdings nicht nur die Zukunft; uns beschäftigen auch die Versäumnisse der Vergangenheit. Das gilt vor allem für die Kosten im Bereich Endlagerung. Die Überlegungen dazu hätten selbstverständlich – genauso wie die Suche nach dem Endlager – an den Anfang und nicht an das Ende der Kernenergienutzung gestellt werden müssen. Die jetzige Bundesregierung stellt sich dieser Aufgabe. Wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst, weil sie berechtigt sind, da es um den Einsatz von Risikotechnologie geht. Herr Kollege Zdebel, natürlich kann man leichthin sagen: Schacht Konrad ist ungeeignet. – Schacht Konrad wird auf Grundlage eines gültigen Planfeststellungsverfahrens ausgebaut und ist zugegebenermaßen für 300 000 Kubikmeter radioaktiven Abfall genehmigt. Mehr darf da auch nicht untergebracht werden. Wenn es zu einer Erweiterung käme – sehr konjunktivisch –, müsste man selbstverständlich ein neues Planfeststellungsverfahren machen mit allen planerischen Voraussetzungen, die dafür notwendig wären.
Wenn wir bei dem Entsorgungsplan, den wir der EU- Kommission pflichtgemäß, aber auch gerne vorlegen werden, jetzt weitere 300 000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiven Mülls benennen – anders als das frühere Bundesregierungen gemacht haben –, so ist dieser Müll natürlich nicht vom Himmel gefallen, sondern war schon da.
Rund 200 000 Tonnen werden wir haben, wenn wir diesen strahlenden Müll aus der Asse geborgen haben, womit aber frühestens im Jahr 2033 begonnen werden wird. Das Bergen wird dann noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Natürlich müssen wir dafür irgendwann ein Endlager haben. Diese Frage müssen wir aber nicht zwingend heute beantworten,
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])
sondern dann, wenn mit dem Bergen des Asse-Mülls begonnen wird. Wir sind nicht sicher, was bis dahin passiert. Aber solange wir mit dem Bergen noch nicht begonnen haben, brauchen wir für den Müll kein Endlager. Der Müll ist noch nicht oben, also muss er auch nicht eingelagert werden.
Weitere 100 000 von den insgesamt zusätzlich gemeldeten 300 000 Kubikmetern schwach- und mittelradioaktiven Mülls können aus der Urananreicherung kommen. Dies ist von früheren Bundesregierungen als Wirtschaftsgut bezeichnet worden. Man kann sich dieser Auffassung anschließen. Wenn man das aber nicht für absolut sicher hält, muss man zumindest Vorsorge treffen, und dann zählt auch dies zum schwach- und mittelradioaktiven Müll, obwohl es bislang nicht als solcher bezeichnet und eingerechnet wurde.
Das heißt: Wir stellen uns der Verantwortung. Wir schaffen Transparenz und werden rechtzeitig mit den entsprechenden Schritten Vorsorge dafür treffen, dass auch für diese zusätzlichen 300 000 Kubikmeter Müll, die, wie gesagt, schon da waren, nur anders bezeichnet wurden, ein vernünftiges Endlager gefunden wird. Ob das ein erweiterter Schacht Konrad oder ein anderes Endlager wird, weiß ich noch nicht. Diese Frage ist heute auch nicht zwingend zu beantworten, obwohl wir uns natürlich daranmachen, eine Antwort zu finden; denn die Planungsvorhaben sind, wie wir wissen, relativ langwierig.
Ihnen ist bekannt, auf welchem Stand wir bei der Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Müll sind. In der Zwischenzeit werden noch viele Zwischenlager jahrzehntelang betrieben werden müssen; auch das ist richtig. Da müssen wir mit den Bürgerinnen und Bürgern voraussichtlich offen umgehen. Es wird voraussichtlich frühestens zwischen 2050 und 2060 mit der Einlagerung in ein dann aufnahmebereites Endlager begonnen werden können. Bevor man nicht mit der Einlagerung des hochradioaktiven Mülls beginnen kann, müssen die Zwischenlager selbstverständlich aufrechterhalten werden. Ich weiß, dass das viele Menschen nicht beruhigt, weil sie sich ausrechnen können, dass sie ihr ganzes Leben lang in der Nähe eines Zwischenlagers wohnen werden; aber das ist nun einmal nicht zu ändern. Wir können schließlich kein Endlager herbeizaubern. Ich habe in diesem Zusammenhang immer wieder gesagt: Wir haben in unserer jeweiligen Regierungszeit die Verantwortung dafür, dass wir alle möglichen und notwendigen Schritte gehen, damit alle nach uns kommenden Generationen überhaupt die Chance haben, Schritte zu gehen, die möglich und notwendig sind.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es geht uns darum, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen. Aus dem gleichen Grund haben wir ein Gesetz zum Fracking auf den Weg gebracht, bei dem der Schutz des Grundwassers über alle anderen Interessen gestellt wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Schutz der Umwelt steht für uns alle in Deutschland über wirtschaftlichen Interessen. Nur dort, wo es nach vielfacher Prüfung keine Bedenken gibt, kann es vereinzelt zu unkonventionellem Fracking kommen. Das wird nach dem Stand der Dinge aber nach meiner Einschätzung nur in sehr wenigen Ausnahmefällen geschehen.
Übrigens, Frau Kollegin Höhn – ich gehe davon aus, das war keine Absicht –, was das unkonventionelle Fracking anbelangt, ist in dem Gesetzentwurf ausdrücklich davon die Rede, dass auch bei Probebohrungen nur Stoffe der Wassergefährdungsklasse 0 eingesetzt werden dürfen
(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und 1!)
– nein, was das unkonventionelle Fracking anbelangt, sind es nur Stoffe der Wassergefährdungsklasse 0 –, dass allerdings beim konventionellen Fracking die Frackflüssigkeit die Wassergefährdungsklasse 1 haben darf. Übrigens – dieses Fracking findet in Niedersachsen schon seit Jahrzehnten statt – sind die Anforderungen der Wassergefährdungsklasse 1 höher als das, was bisher dort praktiziert wird, um auch das einmal deutlich zu machen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Meine Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, dass der Klimaschutz eine der größten globalen Herausforderungen unserer Zeit ist. Wir müssen den Klimawandel stoppen und seine Folgen so weit wie möglich begrenzen. Ich habe schon häufiger darauf hingewiesen, dass es gerade bei diesem Thema einen Zusammenhang von ökologischen und sozialen Problemen gibt. Die Folgen des Klimawandels sind schon jetzt sozial ungerecht verteilt. Das gilt nicht nur für die ärmsten Regionen der Welt und die Gruppe der kleinen Inselstaaten. Die Bundesregierung stellt sich dieser Verantwortung zum Beispiel mit dem Klima-Aktionsprogramm, das wir nächste Woche im Kabinett verabschieden werden. Sie werden sehen: Es werden keine Zahlentricksereien sein. Wir werden das alles sauber nachweisen können. Wir werden das 40-Prozent-Ziel tatsächlich einhalten können.
Es gibt im Übrigen keine Lücke, was die fehlenden 7 Prozentpunkte angeht. Ich habe immer gesagt: Ohne weitere Verhaltensänderungen werden uns im Jahr 2020 zwischen 5 und 8 Prozentpunkte fehlen. Das können auch 7 Prozentpunkte sein. Diese Lücke kommt nicht heute zustande, sondern dann, wenn man die voraussichtliche Entwicklung von 2014 bis 2020 ohne Verhaltensänderungen mit einrechnet. Heute ist die Lücke in der Tat noch größer.
Weil das nicht ausreicht, führen wir zusätzliche Maßnahmen durch. Sonst kämen wir bis 2020 auf etwa 32 bis 35 Prozent, und das reicht uns nicht aus. Der Ausstoß des Kraftwerksparks, der sich, untechnisch ausgedrückt, auch bis 2020 weiterentwickelt, ist schon eingerechnet. Die 22 Millionen Tonnen, die vom Wirtschaftsminister genannt worden sind, kommen bei der CO 2 -Einsparung on top. Das ist in der Tat Sache des Bundes.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir sind nicht nur in diesem Zusammenhang verantwortlich. Auch die Erstauffüllung des Grünen Klimafonds haben wir als einer der ersten auf den Weg gebracht. Wir sind damit beispielhaft gewesen und geblieben. Das war das richtige Signal an die Geberkonferenz in der vergangenen Woche.
Ich kann deshalb heute mit Stolz sagen: Dieser Haushalt ist ein Klimaschutzermöglichungshaushalt. Darauf bin ich wirklich stolz.
Als Bundesbauministerin freue ich mich, dass wir die Programme auf dem hohen Niveau, das wir 2014 erreicht haben, fortsetzen können. Aufgaben gibt es selbstverständlich genug. Die Wohnungsmärkte sind in Bewegung. Die Nachfrage steigt; die Leerstände gehen zurück. Viele Menschen insbesondere in den Ballungsräumen suchen bezahlbaren Wohnraum. Unser Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen ist auf dem Weg. Es gibt noch keine Ergebnisse; das ist klar. Es ist ein Zusammenspinnen verschiedenster Interessen. Aber wir sind auf einem guten Weg, und wir werden selbstverständlich Ergebnisse vorlegen.
Die Bautätigkeit in Deutschland nimmt zu. Erstmals seit vielen Jahren werden wir in diesem Jahr erreichen, dass Wohnungsneubau im erforderlichen Umfang stattfindet. Das bedeutet rund 250 000 neue Wohnungseinheiten in diesem Jahr. Das werden wir in diesem Jahr erstmals seit vielen Jahren wieder erleben. Das ist ein gutes Zeichen, und diesen Trend wollen wir fortsetzen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich will noch kurz einige Stichpunkte nennen – meine Redezeit wird knapp –, die uns wichtig sind, zum Beispiel das Programm „Soziale Stadt“. Auch in der Flüchtlingshilfe werden wir weiter aktiv sein und den Kommunen hilfreich zur Seite stehen, wo es notwendig ist. Ich bedanke mich für das Engagement der Kommunen vor Ort.
Ich bedanke mich auch sehr herzlich bei denjenigen, die bei der Erstellung des Haushalts mit uns zusammengearbeitet haben. An dieser Stelle finde ich es wichtig, auf eines hinzuweisen: Es hat in den vergangenen Jahren lineare Stellenstreichungen gegeben – es ist nicht zu bestreiten, dass das richtig war –, die aber für das Jahr 2015 nicht vorgesehen sind. Ich glaube, wir alle sind dankbar dafür, dass wir in den Ministerien unsere qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter behalten können. Auch Sie als Abgeordnete profitieren selbstverständlich davon. Ein Punkt ist mir noch ganz wichtig: Die sogenannten sachgrundlosen Befristungen kann ich mit Unterstützung des Haushaltsausschusses – „sachgrundlose Befristungen“ ist schon ein Wortungetüm – in mehreren Jahrestranchen zurückführen, in zweiter Tranche im Jahr 2015.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Insgesamt ist dies ein zukunftsweisender Haushalt, auf den wir alle stolz sein können. Und, Frau Höhn, machen Sie sich keine Sorgen: Das Wertstoffgesetz ist auf dem Weg.
(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange schon?)
– Ja, wie lange schon? Es ist in der letzten Legislaturperiode gescheitert. – Die Elektronikschrottverordnung ist auf dem Weg. Die Düngemittelverordnung ist auf dem Weg. Die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ist auf dem Weg. Leider ist Kollege Schmidt nicht mehr da; wir streiten da munter und kräftig, aber wir kommen zum Ziel.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Für die Linke spricht jetzt der Kollege Ralph Lenkert.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Epl 16 |