28.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 71 / Tagesordnungspunkt II

Johannes KahrsSPD - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2015

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in dieser Woche häufig gehört, dass das ein historischer Haushalt ist. In diesem Haushalt werden keine neuen Schulden gemacht. Ich glaube, dass das etwas ist, was man gar nicht hoch genug bewerten kann. Das Wort „historisch“ ist, wie gesagt, häufig genug gefallen. Der alte Goethe hat einmal geschrieben:

Man kann über die Historie reden, aber das ist, glaube ich, nicht der entscheidende Punkt. Das eigentlich Wichtige ist – und nur dadurch wird es vielleicht historisch –, dass das der Anfang einer langen Geschichte sein muss und nicht der Schlusspunkt. Wichtig ist, dass wir auch in den nächsten Jahren, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, keine neuen Schulden machen, trotz der Risiken, die auch dieser Haushalt birgt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für uns ist wesentlich, dass man durchhält. Wir müssen diesen Vorsatz durchziehen, in der Gegenwart wie in der Zukunft. Das muss in den Etats aller Ministerien dominieren. Man muss aber trotzdem investieren. Wir haben als Sozialdemokraten immer dafür gekämpft, dass man – jawohl – keine neuen Schulden macht, aber auch schaut, wie man das Geld für ein Investitionsprogramm zusammenbekommt. Wir freuen uns, dass das geklappt hat, dass wir uns da durchsetzen konnten. Im Kern ist das die richtige Mischung: auf der einen Seite sparen und keine neuen Schulden machen und auf der anderen Seite in die Infrastruktur in diesem Land investieren. Das hat etwas mit Zukunft zu tun. Keine Schulden machen und in die Zukunft investieren, das hat auch etwas mit Generationengerechtigkeit zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen von der Union im Haushaltsausschuss bedanken. Der Kollege Norbert Barthle und alle, die da mitgetan haben, haben das sehr solidarisch, sehr vernünftig und in einem angenehmen Umgang miteinander gemacht. Ich habe mich immer sehr darüber gefreut. Es ist wichtig, dass man auf der Arbeitsebene hervorragend zusammenarbeitet. Deswegen: Mein ganz herzlicher Dank an die Arbeitsgruppe der CDU/ CSU und an das Finanzministerium! Herr Schäuble, das war eine erfolgreiche, gute und sehr zuverlässige Zusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Sehen wir uns die Opposition an. Wir haben ja in den letzten Tagen gehört: All das, was von den Grünen kam, war etwas freudlos. Ich kann ja verstehen, dass Sie nicht gerne in der Opposition sind. Dass man natürlich immer etwas kritisieren kann und dass nicht alle Wünsche erfüllt werden, ist klar. Das ist so, wenn man einen Haushalt ohne neue Schulden auf den Weg bringt. Ich kann das alles nachvollziehen. Im Kern ist das, was Sie sagen, allerdings nicht wirklich überzeugend.

Was die Linken angeht, muss ich sagen: Frau Lötzsch hat ganz darauf verzichtet, auf Inhalte einzugehen, sondern allen Beteiligten gedankt; ich finde, auch das ist in Ordnung.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ha, ha, ha!)

Das zeigt allerdings, wie das, was von den Linken gekommen ist, zu bewerten ist. Ein reines Wünsch-dir- was-Paket bringt eben nichts.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Realismus! Purer Realismus!)

Deswegen, glaube ich, ist das alles halbe Höhe und nicht so wild.

Der Kollege Brinkhaus, der als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union vor mir geredet hat, hat dann den kommunistischen Weg der Linken kritisiert. Ehrlich gesagt, Kollege Brinkhaus: Das ist eine etwas große Keule. Angesichts dessen, was da abgeliefert worden ist, geht es auch gerne ein bisschen kleiner.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

An dieser Stelle möchte ich sagen – das ist in einer Haushaltsrede eigentlich nicht üblich –: Ich finde, dass der Kollege Brinkhaus vor solchen Sitzungen deutlich weniger Glühwein zu sich nehmen sollte.

(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir haben auf der Arbeitsebene ein hervorragendes Miteinander. Aber es geht mir zunehmend auf den Zeiger und es ist zunehmend unerträglich, dass sich Redner der Union – ich mache das jetzt einmal an ihm als stellvertretendem Fraktionsvorsitzenden fest – hier hinstellen, bei jeder Gelegenheit der SPD eine mitgeben und bei jeder Gelegenheit das Land Nordrhein-Westfalen angreifen. So, Herr Kollege Brinkhaus, ist eine gute Zusammenarbeit in der Koalition nicht möglich. So funktioniert das nicht. So findet das auch in der Arbeitsgruppe gemeinsam mit der CDU/CSU nicht statt.

(Beifall bei der SPD – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh, wie schön! Jetzt streiten sie sich! – Los! Weiter so!)

Ihr vergiftetes Lob von oben herab nach dem Motto: „Na ja, es ist schön, dass Sie Kurs gehalten haben; aber wir wissen, dass Sie eigentlich etwas ganz anderes wollen“ entspricht eigentlich nicht der Art und Weise, in der wir zusammenarbeiten. Außerdem kam von Ihnen die Aussage, man habe auch viel Glück gehabt, und deswegen seien der Haushalt und die wirtschaftliche Lage jetzt so gut und die Steuereinnahmen so hoch. Herr Brinkhaus, weil wir gerade dabei sind, uns gegenseitig die Wahrheit zu sagen:

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Besser zuhören!)

Mit Glück hat das gar nichts zu tun.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Was habe ich denn gesagt?)

Das war die gute Arbeit von Rot-Grün. Das war Gerhard Schröder. Das war die Agenda. Das war die damalige Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Axel E. Fischer [Karlsruhe- Land] [CDU/CSU]: Das ist ja eine tolle Märchenstunde!)

Das waren die Reformen, von denen wir noch heute zehren. Sie haben dazu geführt, dass die Steuereinnahmen jetzt so hoch sind. Nur deshalb ist es dem Finanzminister überhaupt möglich, einen solchen Haushalt vorzulegen.

(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Hallo?)

Ihre Politik unter Schwarz-Gelb hat sich darin erschöpft, Steuererhöhungen zu beschließen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hallo? – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Jetzt ist es aber langsam genug!)

Ihre Steuererhöhungen unter Schwarz-Gelb – denken Sie nur an die Luftverkehrsteuer – haben dazu geführt, dass die deutsche Luftfahrtindustrie in eine Krise gekommen ist.

(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Aber Sie wissen schon noch, mit wem Sie in der Koalition sind, oder?)

Vielleicht sollten Sie an dieser Stelle einmal einen Gang herunterschalten.

(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Schalten Sie mal besser runter! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wollen Sie nicht mal etwas zu Inhalten sagen, Herr Kollege?)

Es kann nicht angehen, dass solche kleinen Nickeleien immer wieder das Klima vergiften. Deswegen: Herr Brinkhaus, es wäre gut, wenn Sie Ihrer Verantwortung als stellvertretender Fraktionsvorsitzender gerecht werden

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Los! Zeig’s ihm!)

und nicht in jeder Debatte Nordrhein-Westfalen erwähnen würden – da scheinen Sie persönlich etwas ja noch nicht verwunden zu haben – und zu dem zurückkehren würden, was in Ihrer Arbeitsgruppe vorzüglich gemacht wird: zu einer guten Zusammenarbeit in der Koalition, die diesen Haushalt erst ermöglicht hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das ist ja ein tolles Klima in der Koalition!)

Als nächster Redner spricht der Bundesminister der Finanzen, Dr. Schäuble.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4189543
Wahlperiode 18
Sitzung 71
Tagesordnungspunkt Schlussrunde Haushaltsgesetz 2015
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