28.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 71 / Tagesordnungspunkt II

Bettina HagedornSPD - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2015

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Da hier sowohl von Frau Hajduk als auch vom Bundesfinanzminister die Bund-Länder-Finanzbeziehungen angesprochen wurden, obwohl sie nicht wirklich Kern des Haushalts 2015 sind, möchte ich, Herr Schäuble, mit Verlaub nur auf eine Kleinigkeit hinweisen. Sie haben gesagt, dass sich die Länder in der Regel 16 : 0 einig sind, wenn es gegen den Bund geht, nach dem Motto: Wenn wir mehr bekommen, ist alles gut. – Da haben Sie recht. Wir alle wissen, dass dem so ist, unabhängig davon, wie die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat oder im Bundestag sind und wer gerade Finanzminister ist. Indes ist mir eines wichtig: Die Länder, die den Vorschlag in die Diskussion eingebracht haben, den Solidaritätszuschlag in die Steuern zu integrieren, haben in Wahrheit, Herr Schäuble, einen Vorschlag aufgegriffen, den Sie selber gemacht haben. Insofern müsste innerhalb Ihrer Reihen erst einmal geklärt werden, ob diejenigen in Ihrer Fraktion, die nun den Vorschlag der Ministerpräsidenten als angebliche Steuererhöhung vom Tisch wischen, in Wahrheit Ihren Vorschlag infrage stellen. Wir sind gespannt auf das Ergebnis dieses Prozesses.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nun zum Haushalt 2015, über den wir abschließend beraten. Zu Recht ist die ganze Woche darauf hingewiesen worden, dass es ein großer Erfolg des Parlaments und insbesondere des Haushaltsausschusses mit Blick auf die nächsten Generationen ist, dass wir keine neuen Schulden machen. Das ist die eine Seite der Medaille, die sehr wichtig ist. Noch wichtiger ist mir, dass diese Große Koalition wie schon die letzte Große Koalition ihren gemeinsamen Kerninhalt nicht vergessen hat, nämlich dass es ein sinnvolles Ziel ist, keine neuen Schulden zu machen, aber dass wir auch die Investitionen in die Infrastruktur unseres Landes nicht zu kurz kommen lassen dürfen. Auch das wollen wir in den nächsten drei Jahren auf den Weg bringen.

(Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Damit, Herr Schäuble, spreche ich die 7 Milliarden Euro an, die wir ab 2016 investieren wollen. Ich möchte nicht nur unterstreichen, dass dieses gemeinsame Ziel richtig für unser Land ist, sondern will auch darauf hinweisen, dass allein mit der Bereitstellung dieser zusätzlichen Milliarden das Ziel, das wir verfolgen, natürlich noch nicht erreicht ist. Es gilt, ein paar Bedingungen zu erfüllen. Dabei ist immer ein Blick in unseren Koalitionsvertrag hilfreich.

Herr Lange, Ihr Verkehrsfachmann, weist in seinen Presseerklärungen immer darauf hin, dass es in erster Linie um Investitionen in den Straßenbau und Ortsumgehungen gehen soll; er hat es vorhin wieder erwähnt. Wir als Sozialdemokraten möchten deswegen unterstreichen: Ja, das auch, aber wir haben dazu eine feste Verabredung, nämlich dass 40 Prozent der neuen Investitionen grundsätzlich in die Schiene und die Wasserwege zu erfolgen haben. Die Straße ist eine sehr wichtige Infrastruktur in unserem Land; aber nur die Verknüpfung von sinnvollen Logistikketten zwischen Schiene, Häfen und Straßen führt letzten Endes dazu, dass wir im Sinne der Energiewende emissionsärmere Verkehre organisieren können. Darum müssen wir in alle drei Verkehrssysteme gleichzeitig investieren, und das wollen wir gemeinsam tun.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vergessen wollen wir ebenfalls nicht, dass auch die Investitionen in den Erhalt – Erhalt vor Neubau – in unserem Koalitionsvertrag fest verabredet sind, weil nur dadurch die Nachhaltigkeit und der pflegliche Umgang mit der Infrastruktur, die schon jetzt massiv gefährdet ist, garantiert werden können. Wir alle wissen, dass gerade zentrale Systeme wie Brücken massiv gefährdet sind. Sie, Herr Dobrindt, haben schon ein Brückenprogramm angekündigt; allerdings gemessen an dem, was wir tatsächlich investieren müssen, muss noch eine kräftige Schippe draufgelegt werden. Das muss ein Schwerpunkt der Investitionsausgaben in der Zukunft sein.

Dazu gehört aber auch, dass wir die Voraussetzungen für die geplanten Ausgaben schaffen müssen. Woran hakt es denn bisher, dass wir gar nicht so viel ausgeben, wie wir uns eigentlich vorgenommen haben? Fakt ist nämlich, dass nicht immer mit mehr Geld der richtige Weg beschritten werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen leider feststellen, dass viele Investitionen deshalb nicht vorankommen – obwohl das Geld zur Verfügung steht –, weil es schlicht an den personellen Kapazitäten an den entscheidenden Stellen fehlt, um das Geld auszugeben.

Da zeigen Sie von der Union gern auf die Länder, und auch ich sage, dass in den Ländern in den letzten Jahren massiv Planungskapazitäten in den Straßenbauverwaltungen abgebaut worden sind. Das war kein Sparen, sondern ein Kürzen am verkehrten Ende. Aber richtig ist auch, dass der Bund ebenfalls über enorme Planungskapazitäten verfügt. Diese haben übrigens in den letzten Jahren unter der Vorgängerregierung leider einen massiven Kahlschlag erlitten. Da müssen wir umsteuern. Wir können nur mehr Geld im Bereich der Wasserwege, aber auch im Bereich der Schiene ausgeben, wenn wir eine Fachkräfteoffensive bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und beim Eisenbahn-Bundesamt starten. Wir tun das schon, aber wir müssen uns noch mehr anstrengen als bisher. Das muss nachhaltig sein. Die Botschaft muss angesichts des Fachkräftemangels sein: In diesen staatlichen Institutionen gibt es nachhaltig gute, qualitativ hochwertige Arbeitsplätze, die auch sicher sind. Wir wollen gerade die Menschen, die im technischen Bereich arbeiten, also Ingenieure, Techniker, Planer – auch Juristen sind da erforderlich –, in die Verwaltung des Bundes holen.

Wichtig ist mir natürlich auch, Herr Minister, dass wir, wenn wir den Menschen zusätzliches Geld für die nächsten Jahre im Infrastrukturbereich zusagen, uns ehrlich machen und einräumen, dass damit nicht alle Wünsche erfüllt werden können.

Im kommenden Jahr haben wir gemeinsam den Bundesverkehrswegeplan vor der Brust. Das Ministerium leistet dazu wichtige Vorarbeiten. Dabei wird die Kostenkalkulation noch einmal kritisch überprüft. Das ist auch dringend erforderlich, weil wir immer wieder von Kostenexplosionen insbesondere bei Großprojekten hören. Die Akzeptanz der Menschen für Investitionen wird nicht gestärkt, wenn diese den Eindruck haben, dass der Staat nicht anständig und preiswert bauen kann.

An dieser Stelle müssen wir uns gemeinsam ehrlich machen getreu dem Motto: Der Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Darum ist es wichtig, dass wir gemeinsam die national erforderlichen Infrastrukturprojekte definieren, eine Rangfolge festlegen und diese dann gemeinsam erfolgreich umsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Hört! Hört! Vergessen, Bettina!)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Dr. Tobias Lindner das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4189622
Wahlperiode 18
Sitzung 71
Tagesordnungspunkt Schlussrunde Haushaltsgesetz 2015
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