28.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 71 / Tagesordnungspunkt II

Thomas JurkSPD - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2015

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die schwarze Null wurde hier schon ausführlich debattiert. Ich will deshalb nur ganz kurz anmerken: Wir setzen mit diesem Haushalt den Koalitionsvertrag um, der vor ziemlich genau einem Jahr zwischen CDU, CSU und SPD vereinbart wurde. Dies und nichts anderes erwarten die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes von einer Regierung und den sie tragenden Fraktionen.

Nun eine längere Anmerkung, die nicht jedem hier gefallen wird. In dieser Woche und auch heute wurde von zahlreichen Oppositionspolitikern die Investitionsquote im Bundeshaushalt angesprochen – zugegebenermaßen ein durchaus sehr wichtiger Indikator. Dabei gab es allerdings die abenteuerlichsten Behauptungen. Beispielsweise hielten uns die Grünen vor – sie haben diesen Unsinn sogar in ihren Entschließungsantrag geschrieben, welchen wir deshalb nachher ablehnen werden –, dass die Investitionsquote von über 10 Prozent auf 9,3 Prozent in 2018 sinken würde.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf 8,3 Prozent im Finanzplan! Schauen Sie sich doch den Finanzplan an!)

Die Linke behauptet sogar, die Investitionsquote sinke auf 8,3 Prozent. Da hat Ihnen wohl jemand einen alten Fünfjahresplan der Staatlichen Plankommission der DDR untergejubelt.

(Lachen und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ach nee!)

– Herr Bartsch, Sie fühlen sich gerade getroffen. Sie nahmen das Wort „blamabel“ in den Mund.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ja!)

Blamabel, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in diesem Zusammenhang allerdings nur die Ahnungslosigkeit der Opposition.

(Beifall der Abg. Johannes Kahrs [SPD] und Helmut Heiderich [CDU/CSU] – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Holen Sie doch die Schulnoten wieder hervor!)

Denn bei der Berechnung der Investitionsquote im Bundeshaushalt werden gemäß unserer Haushaltssystematik die 7er- und 8er-Titel addiert und ins Verhältnis zu den Gesamtausgaben gesetzt.

Ich will Ihnen noch einmal verdeutlichen, worauf Bundesfinanzminister Schäuble bereits kurz eingegangen ist. Auch die Mittel für die Beteiligung Deutschlands am Grundkapital des Europäischen Stabilitätsmechanismus, ESM, stehen in einem 8er-Titel. Konkret geht es um den Titel 836 24 im Kapitel 6002, der 2014 immerhin einen Ansatz von 4,3 Milliarden Euro hat. Das ist ziemlich bedeutsam; denn nur deshalb liegt die Investitionsquote im Bundeshaushalt in diesem Jahr, also 2014, bei gut 10 Prozent. Spätestens jetzt sollte Ihnen aufgefallen sein, dass Ihr Jahresvergleich der Investitionsquoten völlig irreführend ist. Wenn nach Ihrer famosen Rechnung die Investitionsquote im kommenden Jahr, also 2015, im Vergleich zu diesem Jahr, 2014, sinkt, so ist das ausschließlich darauf zurückzuführen, dass Deutschland im nächsten Jahr nicht mehr in den ESM einzahlen muss, und nicht etwa darauf, dass weniger Geld für Investitionen in Deutschland zur Verfügung steht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Noch einmal zum Mitschreiben: Mit unserem 10-Milliarden-Euro-Paket steigt die Investitionsquote von 8,6 Prozent in diesem Jahr auf 8,9 Prozent im kommenden Jahr, auf 9,7 Prozent im Jahr 2016 und auf 9,8 Prozent im Jahr 2017. Das ist die Realität. Aber mit dieser Realität wollen Sie von der Opposition nichts zu tun haben. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes Realitätsverweigerer. Sie täuschen und tricksen und versuchen, uns als Investitionsbremser zu diffamieren; erfolglos, wie ich anmerken möchte.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das legen Sie fest?)

Da ich vermute, dass die Opposition die Realität immer noch nicht verstanden hat, will ich Ihnen die Investitionen im Bundeshaushalt in absoluten Zahlen nennen – wir haben das so schön dargestellt, als Säulendiagramm,

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wow!)

sehen Sie mal, das ist doch positiv, es beginnt 2013 und setzt sich fort –:

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kann auch etwas hochhalten!)

2014 25,6 Milliarden Euro, 2015 26,5 Milliarden Euro, 2016 30,3 Milliarden Euro und 2017 31,3 Milliarden Euro. Damit stelle ich fest: Der Bund investiert so viel wie zuletzt vor 20 Jahren. Ich finde, es ist eine beachtliche Leistung dieser Koalition, dass wir diese Investitionen tätigen, ohne neue Schulden zu machen. Darin unterscheidet sich die jetzige Situation auch entscheidend von der von vor 20 Jahren; denn damals – daran will ich gerne erinnern – wurden die Investitionen fast vollständig durch neue Schulden finanziert,

(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Sieh an!)

die wir heute noch teuer zurückzahlen müssen. Jetzt dagegen können wir die notwendigen Investitionen endlich ohne neue Schulden finanzieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Regierungskoalition investiert mehr, und sie finanziert das nicht mit neuen Schulden. Wir halten uns also nicht nur bei der schwarzen Null, sondern auch bei der Steigerung der öffentlichen Investitionen an das, was wir im Koalitionsvertrag miteinander vereinbart haben.

Erlauben Sie mir eine weitere Anmerkung, die nicht jedem gefallen wird. In dieser Woche hat die Opposition hier mehrfach gefordert, dass die Koalition den Zuschuss für den Gesundheitsfonds anheben soll. Herr Kindler sprach in diesem Zusammenhang von der „Plünderung des Gesundheitsfonds“, sein Kollege Lindner hat das eben noch einmal bekräftigt. Das zeigt: Die Opposition hat null Ahnung.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Versicherten zahlen die Zeche dafür!)

Sie schlagen ernsthaft vor, dass wir die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds durch neue Schulden auffüllen sollen.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, mal die Anträge lesen! Ganz solide gegenfinanziert!)

Das ist mehr als absurd.

Kommen wir doch einmal auf die Realitäten zu sprechen, Kollege Kindler. Eine Erhöhung des Bundeszuschusses in den Gesundheitsfonds sorgt lediglich dafür, dass die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds, die schon jetzt bei rund 13 Milliarden Euro liegt, weiter anwächst.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Null Ahnung!)

Von den Reserven der Krankenkassen, die Ende des Jahres bei 16 Milliarden Euro liegen werden, will ich erst gar nicht reden.

(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Auch das ist wahr!)

Für Ihren Vorschlag sollen wir auf die schwarze Null verzichten, also Schulden machen, und künftig noch Zinsen für die im Gesundheitsfonds gebunkerten Geldberge zahlen?

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das ist unredlich!)

– Aber das steht doch in Ihrem Antrag. – Mit Verlaub: Dieser Vorschlag ist Unfug, auch wenn Sie es jetzt nicht wahrhaben wollen. Lesen Sie es nach. Sie dürfen sich nicht wundern, dass wir diesen Vorschlag ablehnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie doch auf, die Unwahrheit zu verbreiten! Das ist doch nicht nötig! Ist das arrogant!)

Falls Sie das nicht verstehen, dann können Sie gerne eine Nachhilfevorlesung über die Finanzierung unseres Gesundheitssystems bei meinem geschätzten Fraktionskollegen Professor Lauterbach buchen.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Große Koalition, große Arroganz! – Johannes Kahrs [SPD], an das BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gewandt: Ich vermittle! – Christine Lambrecht [SPD]: Aber nur gegen Provision!)

Ich komme zum Schluss. Wir geben im Bundeshaushalt künftig mehr Geld für Investitionen aus, sowohl absolut als auch relativ gesehen. Wir investieren mehr Mittel in Bildung und Forschung. Wir entlasten die Kommunen und stärken so deren Finanzkraft. Wir stärken die Innovationsförderung. Gerade bei privaten Investitionen in neuartige Technologien hat dies eine enorme Hebelwirkung. Damit stärken wir Wachstum und Beschäftigung in Deutschland, und das ist gut.

Ich möchte noch ein Stichwort aufgreifen, das Frau Kollegin Hagedorn in ihrer Rede gerade nicht unterbringen konnte: das Thema Glühwein.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor der Rede habt ihr viel Glühwein getrunken!)

Angesichts der bevorstehenden Temperaturen – daran können die Grünen auch nichts ändern – können wir an diesem Wochenende gerne mit einem Glühwein anstoßen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Langsam sehe ich mich zur Klarstellung genötigt: Im Deutschen Bundestag wird nicht ständig Glühwein getrunken.

(Heiterkeit)

Als nächster Redner hat der Kollege Carsten Körber das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4189671
Wahlperiode 18
Sitzung 71
Tagesordnungspunkt Schlussrunde Haushaltsgesetz 2015
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta