Norbert BarthleCDU/CSU - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2015
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wer in einer langen Haushaltsdebattenwoche als letzter Redner an das Rednerpult tritt, der weiß: Alles ist gesagt, nur noch nicht von mir. Ich will nicht alles wiederholen, was schon gesagt worden ist; aber jedem, der es noch nicht mitbekommen hat, will ich sagen: Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland steht im Haushaltsgesetz der Satz:
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Tatsächlich?)
Mit dieser gesetzlichen Verpflichtung erreichen wir erstmals seit 1969 einen ausgeglichenen Haushalt.
Der Kollege ich offensichtlich schlecht zu hören. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, etwas leiser zu sein, und ich bitte darum, das Mikro aufzudrehen.
Danke. – Zur Erinnerung: Seit 1969 haben wir knapp 900 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Das gilt für alle, die in diesem Hohen Haus vertreten sind, inklusive derer, die nicht mehr da sind – ich meine die FDP –, mit Ausnahme der Linken, die nie daran beteiligt waren.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Genau!)
Das allerdings betrachte ich als Glücksfall für dieses Land, lieber Kollege Bartsch;
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
denn wenn ich mir vor Augen führe, dass Sie alleine für das kommende Jahr 54 Milliarden Euro Mehrausgaben beantragt haben,
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Aber ohne neue Schulden!)
kann ich leicht hochrechnen, was das für die vergangenen Jahre bedeutet hätte. Der Schuldenberg wäre wahrscheinlich doppelt so hoch. Es ist gut, dass wir damit jetzt endlich Schluss machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Signal, das wir aussenden, kommt in Europa und in der Welt an. Ich kann das daran ablesen, dass ich in dieser Woche so viele Anfragen von Journalisten, von Investoren, von Interessierten aus aller Welt bekommen habe wie noch nie. Bei mir waren Journalisten aus Japan, aus Frankreich, aus Italien, aus England, aus Belgien war der Finanzminister da usw. usf. Alle fragen mich: Wie habt ihr das eigentlich hingekriegt? Dann erkläre ich in aller Ruhe, dass man dazu einen langen Atem braucht,
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Sozialkassen plündert!)
dass man eine langfristige solide Politikstrategie verfolgen muss, dass man keine Politik von heute auf morgen machen darf und bei den Ausgaben Disziplin wahren muss. Das verstehen alle. Deshalb verstehe ich nicht, warum unsere Opposition das nicht versteht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die wollen das nicht!)
Irgendwie wollen die das nicht kapieren. Die reden immer noch von Tricksereien und von Schattenhaushalten,
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
wo keine sind. Unterhalten Sie sich vielleicht einmal mit ausländischen Journalisten. Die erklären Ihnen, wie das geht. Dann müssen wir das nicht tun. Vielleicht begreifen Sie es dann.
Wenn man sich auf internationaler Ebene umhört, stellt man fest, dass immer wieder gesagt wird, Deutschland müsse in Sachen Investitionen mehr tun. Ich bin froh, dass Herr Draghi, der Präsident der EZB, in seiner Rede in Helsinki noch einmal klar zum Ausdruck gebracht hat, dass eine expansive Fiskalpolitik in Deutschland falsch wäre. Er hat klipp und klar gesagt: Auch wenn Deutschland jetzt 10 oder 20 Milliarden Euro mehr Schulden machen würde, dann würde das den anderen 350 Millionen Mitbewohnern in der Europäischen Union nicht helfen, keinen Deut. Deshalb ist die Art, wie wir unsere Politik gestalten und in Zukunft gestalten wollen, richtig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zur Frage der Investitionsquote haben meine Vorredner mit Blick auf den ESM das Notwendige gesagt. Ich will aber noch einen Aspekt hinzufügen: Wenn wir betrachten, was diese Koalition und die Koalition der vorangegangenen Legislaturperiode an Entlastungen für Länder und Kommunen beschlossen hat und beschließt, stellen wir fest, dass das eine Entlastung in Höhe von 70 Milliarden Euro ist. Bei großzügiger Berechnung aller Mischfinanzierungstatbestände ist es sogar eine Entlastung in Höhe von annähernd 100 Milliarden Euro für Länder und für Kommunen, vor allem für Kommunen. Das schafft Spielraum für Investitionen vor Ort. Ich kann nur an die Länder und die Kommunen appellieren – leider ist das nicht überall gleich –, dass sie diesen Spielraum für Investitionen vor Ort nutzen und die Mittel nicht unter konsumtiven Ausgaben verschwinden lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Debatte um den Soli. Der Finanzminister hat das Richtige gesagt. Ich will hinzufügen: Soli kommt von Solidarität. Solidarität bedeutet eigentlich, dass diejenigen, die helfen können, denjenigen helfen, die Hilfe brauchen. Mich wundert, dass die Länder Solidarität ganz anders definieren, nämlich so: Keiner soll weniger bekommen, jeder will mehr, und ein anderer soll es bezahlen. Das ist ein eigenartiges Verständnis von Solidarität, das wir nicht nachempfinden können. Darüber muss man noch ernsthaft reden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, es wurde bereits gedankt. Gedankt wurde insbesondere der Haushaltsausschussvorsitzenden Gesine Lötzsch. Sie macht wirklich einen klasse Job.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn da drüben alle so wären, dann sähe es anders aus.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Wir sind alle so!)
Herzlichen Dank für Ihre Arbeit auch Ihnen, Herr Majewski, und all Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich schließe mich dem Dank meiner Vorredner umfassend an. Da wurde eine klasse Arbeit geleistet. Ein herzliches Dankeschön!
Wir haben eine historische Woche erlebt. Wir beenden diese historische Woche mit einer historischen Abstimmung, die gleich im Anschluss erfolgen wird. Ich darf an dieser Stelle noch daran erinnern, dass der heutige Tag noch aus einem zweiten Grund ein historischer Tag ist. Denn genau heute vor 25 Jahren hat Helmut Kohl seinen Zehnpunkteplan zur Wiederherstellung der deutschen Einheit vorgestellt. Auch daran sollten wir denken.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schließe jetzt die Aussprache.
Auch wenn schon viel Dank ausgesprochen worden ist, will auch ich den Haushältern – allen Haushältern – ausdrücklich danken. Sie haben zwei große Haushalte beraten müssen. Chapeau! Ohne Ihre Arbeit könnten wir all das, was wir umsetzen wollen, nicht umsetzen. Auch im Namen des Hauses sage ich vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4189705 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | Schlussrunde Haushaltsgesetz 2015 |