03.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 72 / Zusatzpunkt 2

Johannes KahrsSPD - Aktuelle Stunde zu Plänen zum Solidaritätszuschlag

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Helmut Kohl hat zusammen mit der FDP den Solidaritätszuschlag unbefristet eingeführt. Der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat am Sonntag im Bericht aus Berlin zwei Dinge klargestellt:

Erstens. Die Parteivorsitzende der CDU, Bundeskanzlerin Merkel, hat im Bundestagswahlkampf 2013 die klare Ansage gemacht, dass die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag auch nach 2019 weiter benötigt werden.

Zweitens hat Wolfgang Schäuble festgestellt: Die Union will an ihrem Versprechen festhalten, dass es keine Steuererhöhungen gibt. Der Soli als unbefristete Ergänzungsabgabe des Bundes hat damit aber nichts zu tun.

Vor diesem Hintergrund, nach diesen Worten am Sonntag, konnte Herr Schäuble den Vorschlag machen, den Soli in die Gemeinschaftsteuer zu integrieren. Diesem Vorschlag von Herrn Schäuble sind leider die Ministerpräsidenten gefolgt; ich weiß auch nicht, warum.

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man wird im Ergebnis diskutieren müssen, ob überhaupt und, wenn ja, wie. Es gibt da ja viele Vorschläge, wie die Einnahmen genutzt werden könnten, etwa für einen Altschuldenfonds oder andere Sachen. Ich glaube, diese Diskussion gehört zu Recht ins Parlament. Darüber gehört debattiert.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde es auch nicht verwerflich, wenn zum Beispiel der Bund mit den Ländern, also die Exekutiven, miteinander reden – die Unterschiede zwischen den 16 Ländern sind ja sehr groß – und geschaut wird, ob sie uns einen Vorschlag unterbreiten können. Das ist vollkommen legitim. Da über dieses Thema sowieso täglich in der Presse berichtet wird, bekommt man mit, wie das Ganze läuft. Wir selber im Parlament sind ja auch dabei und begleiten diesen Prozess.

Das alles gesagt habend, zeigt, dass wir, wenn der Vorschlag vorliegt, in der Sache darüber reden müssen, was mit den Bund-Länder-Finanzbeziehungen passieren soll. Dabei gehören ganz viele Dinge zusammen. Wir haben innerhalb der Koalition eine gemeinsame Arbeitsgruppe dazu, in der wir das diskutieren. Da alles ist in Ordnung.

(Zuruf des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])

Ich habe an den Sitzungen dieser gemeinsamen Arbeitsgruppe teilgenommen. Allerdings habe ich dort von Vertretern der Union nie den Vorschlag gehört, den Solidaritätszuschlag zu streichen, obwohl die bisherigen Redner der Union heute hier etwas ganz anderes gesagt haben.

(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das ist komisch! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Wir haben noch drei Redner! – Zuruf des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])

Lassen Sie mich noch darauf eingehen, was bisher in der Debatte gesagt worden ist. Nachdem klar war, dass Helmut Kohl mit der FDP den Solidaritätszuschlag sinnvollerweise eingeführt hat, und zwar unbefristet, nachdem klar war, dass Herr Schäuble am Sonntag Frau Merkel zitierte, wonach der Solidaritätszuschlag in der Zukunft erhalten bleibt, auch nach 2019, nachdem klar war, dass sowohl Frau Merkel als auch Herr Schäuble das so sehen, muss man über die Frage diskutieren, ob man a) diese Ansicht teilt, und b), wie man das umsetzt.

Vor dem Hintergrund, dass Wolfgang Schäuble am Sonntag gesagt hat, Frau Merkel wolle den Solidaritätszuschlag auch über 2019 hinaus erhalten, weise ich auf Folgendes hin: Die zwei Redner der CDU/CSU, die, vollkommen losgelöst von der Realität in ihrer eigenen Partei, ihre privaten Wunschvorstellungen oder ihre Träume zum Besten geben,

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erstaunt schon!)

spiegeln damit weder die Haltung der Bundesregierung noch die der Koalition noch die der CDU/CSU noch den Inhalt des Koalitionsvertrages wider, sondern das ist die Privatmeinung von zwei Herren, die aber weder etwas mit der Realität noch mit den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag noch etwas mit der Meinung innerhalb der CDU/CSU zu tun hat.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Unsinn!)

Ihrer Aussage, Herr Michelbach, das sei ein fragwürdiger Vorstoß der Länder, halte ich entgegen: Der Vorstoß kommt von Herrn Schäuble. Ich schlage vor, Sie unterhalten sich darüber mit Herrn Meister, der diesen Vorschlag von Herrn Schäuble immer und überall verteidigt. Das gibt bestimmt lustige Gespräche innerhalb der Union.

Herr Gutting, bei aller Sympathie: Die Länder als Geier zu bezeichnen

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein starkes Stück!)

und dann zu erklären, es säßen 16 Geier vor der Tür, zeigt erst einmal ein sehr seltsames Staatsverständnis.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ingrid Arndt- Brauer [SPD]: Das ist unverschämt!)

Zum anderen kann man mal die Frage diskutieren, ob Herr Bouffier oder Herr Seehofer von Ihnen gerne als Geier tituliert werden wollen. Schließlich kann man auch die Ministerpräsidentin des Saarlandes fragen, deren Vorstellungen noch viel weitreichender sind.

Wenn man mit diesen populistischen Vorschlägen um die Kurve kommt, die nichts mit dem zu tun haben, was Frau Merkel und Herr Schäuble sagen und was im Koalitionsvertrag steht, dann führt man damit Debatten im Deutschen Bundestag ad absurdum. Wenn man hier nicht bei der Wahrheit bleibt, wenn man hier seine Privatmeinung wiedergibt und nicht die Meinung der Koalition und der Bundesregierung, wenn man Herrn Schäuble und Frau Merkel so desavouiert und deren Aussagen an die Wand klatscht, kann man leider nur sagen: Das ist schade.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Vorauseilender Gehorsam, Herr Kahrs!)

Die Kollegin Anja Hajduk spricht jetzt für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4216739
Wahlperiode 18
Sitzung 72
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Plänen zum Solidaritätszuschlag
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