Nina WarkenCDU/CSU - Aufnahme von Flüchtlingen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! „… dort, wo Menschen in Not sind, werden wir helfen – auch durch die zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen.“ Mit diesen Worten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Grundsätze unserer Flüchtlingspolitik auf den Punkt gebracht. Dass wir diesen Worten auch Taten folgen lassen, haben wir – das können auch die Grünen und die Linken nicht bestreiten – bereits mehrfach gezeigt.
Rund drei Viertel aller syrischen Flüchtlinge in Europa sind in Deutschland aufgenommen worden. Seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien im Jahr 2011 sind wir das Hauptaufnahmeland für syrische Flüchtlinge in Europa. Bund und Länder haben zügig humanitäre Aufnahmeprogramme geschaffen und diese immer wieder aufgestockt, um vor allem die besonders Schutzbedürftigen wie Schwerkranke, Schwangere oder Menschen mit Behinderung, die in den Flüchtlingslagern in den Nachbarländern Syriens keine Chance hätten, nach Deutschland zu holen. Statt immer nur höhere Kontingente zu fordern, sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Leistung auch einmal anerkennen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich gemacht!)
– Frau Amtsberg hat das vorhin in Teilen getan.
Vor allem das ehrenamtliche Engagement der vielen Bürgerinnen und Bürger vor Ort in den Kommunen, die den Menschen aus Syrien mit ganz alltäglichen Dingen helfen, um sich in einem völlig fremden Land zurechtzufinden, verdient unseren größten Respekt. Gleiches gilt auch für das beträchtliche Engagement, das in der Krisenregion geleistet wird. Dort, in den Nachbarländern Syriens, wo die Not am größten ist, liegt der Schwerpunkt unserer Hilfe. Dies gilt auch und gerade, weil jeder Euro, der dort den Menschen zugutekommt, das Doppelte und Dreifache bewirkt wie hier bei uns in Deutschland.
Allein in den vergangenen beiden Jahren hat Deutschland Gelder in Höhe von rund 800 Millionen Euro für die Hilfe in der Krisenregion bereitgestellt. Auf der internationalen Syrien-Konferenz vor wenigen Wochen in Berlin – im Übrigen auch eine Initiative der Bundesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition – hat Deutschland weitere 500 Millionen Euro an Hilfsmitteln zugesagt. Wir reden also mittlerweile über insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro. Deutschland gehört damit zu den international größten humanitären Gebern bei der Bewältigung der syrischen Flüchtlingskatastrophe. Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten Sie anerkennen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nicht vergessen werden darf darüber hinaus das Engagement vieler deutscher Hilfsorganisationen. So leistet etwa das THW einen beträchtlichen Beitrag in den Flüchtlingslagern in den Nachbarländern Syriens und im Irak, wenn es darum geht, für die Menschen zu bauen, sanitäre Einrichtungen zu schaffen oder die Lager winterfest zu machen. Das alles wird in ganz großen Teilen ehrenamtlich geleistet. Man kann dafür, auch von dieser Stelle aus, nicht häufig genug Danke sagen,
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Danke für das, war hier geleistet wird, und dafür, dass Freiwillige mit ihrem Einsatz in den Krisengebieten dazu beitragen, die Situation der Menschen vor Ort zu verbessern und menschliches Leid zu lindern.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass wir als Deutsche, die in unserem Land so gut und sicher leben können, eine Verpflichtung gegenüber den Menschen haben, denen es in ihrer Heimat nicht so gut geht, die unseren Schutz und unsere Hilfe brauchen. Dieser Verpflichtung wollen wir gerecht werden, und dieser Verpflichtung werden wir auch gerecht. Deutschland trägt mit seinem vielfältigen Engagement auf den verschiedensten Ebenen dazu bei, dass Menschen in Not geholfen wird.
Auch Ihre weiteren Forderungen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werden dem, was Deutschland für die Flüchtlinge aus Syrien oder dem Irak tut, nicht gerecht. Sie fordern, dass der Abschiebestopp nach Syrien verlängert und auf den Irak ausgeweitet wird. Dabei steht derzeit überhaupt nicht zur Debatte, dass jemand, solange der Konflikt andauert, nach Syrien abgeschoben werden soll.
Ähnlich verhält es sich mit dem Irak. 7 500 Menschen aus dem Irak haben in diesem Jahr in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Die Schutzquote beträgt dabei mehr als 66 Prozent. Bedingt durch die abscheulichen Taten der Terrormiliz „Islamischer Staat“ hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seit Mitte Juni dieses Jahres keinen Asylantrag mit dem Herkunftsland Irak negativ entschieden. Es wird also niemand, dem Gefahr für Leib und Leben droht, von der Bundesregierung heute in den Irak oder nach Syrien abgeschoben.
(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt einfach nicht!)
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf das Thema Familiennachzug eingehen. Auch hier wird die bisherige Praxis im Antrag kritisiert. Für den Familiennachzug wurden neben dem Bundesaufnahmeprogramm Programme der Länder eingerichtet, um in Deutschland lebenden Syrern die Möglichkeit zu geben, ihre Verwandten aus dem Kriegsgebiet bei sich aufzunehmen. Die Programme der Länder sind in den meisten Fällen zahlenmäßig nicht begrenzt, sodass noch viele Menschen aus Syrien bei uns Schutz finden werden. Vielerorts übernehmen die Länder und damit der deutsche Steuerzahler die Gesundheitskosten. Für weitere Aufwendungen muss die Familie in Deutschland aufkommen. Die Grünen fordern nun erneut, dass auf die Verpflichtungserklärungen durch die aufnehmenden Familien verzichtet wird und damit die meisten Kosten vom Steuerzahler getragen werden sollen.
Sehr geehrte Damen und Herren, derzeit herrscht in Deutschland große Solidarität mit den Flüchtlingen. Dafür sollten wir dankbar sein. Diese Solidarität ist essenziell für die Akzeptanz unserer gesamten Flüchtlingspolitik. Aber es gibt auch Ängste; auch damit müssen wir sorgsam umgehen.
Hinzu kommt die Situation in den Ländern und Kommunen, die bereits heute an ihrer Leistungsgrenze angekommen sind.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Helfen Sie denen!)
Auch sie können und wollen wir nicht noch mehr belasten. Wir brauchen deshalb keine Rufe nach immer mehr. Was wir brauchen, ist eine überlegte Strategie der umfassenden Hilfe.
(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Jetzt bin ich aber gespannt!)
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist ja keinesfalls so, dass die Koalition nicht bereit wäre, die Mittel für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen aufzustocken. Im Gegenteil: Erst vor einer Woche haben sich Bund und Länder darauf geeinigt, dass der Bund im kommenden Jahr 500 Millionen Euro bereitstellen wird, um vor allem den Landkreisen und Kommunen zu helfen, die die Kosten für die Aufnahme und Unterbringung der vielen Flüchtlinge kaum mehr bewältigen können. Sollte es notwendig sein, wird der Bund im Jahr 2016 die gleiche Summe nochmals zur Verfügung stellen. Diese Einigung zeigt einmal mehr, dass Deutschland seiner humanitären Aufgabe in der Welt gerecht wird und alle staatlichen Ebenen ihren Beitrag dazu leisten.
Auf die Große Anfrage zum Thema „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“, die ebenfalls zu diesem Tagesordnungspunkt gehört, möchte ich im Hinblick auf die noch ausstehende Beantwortung nicht detailliert eingehen. Nur so viel: Aufgrund der gestiegenen Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge beraten Bund und Länder derzeit darüber, wie eine bessere Verteilung in Deutschland erfolgen kann, die den besonderen Bedürfnissen von Minderjährigen Rechnung trägt.
Fest steht aber bereits jetzt: In Deutschland sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gut versorgt. Ohne Ausnahme werden sie zunächst vom zuständigen Jugendamt in Obhut genommen, unabhängig davon, ob ein Asylantrag gestellt wird oder nicht. Zudem werden sie ausschließlich bei Pflegefamilien oder in geeigneten Einrichtungen untergebracht. In meinen Augen ist das genau der richtige Weg; denn dogmatisch an dem Grundsatz festzuhalten, dass unbegleitete Minderjährige dort bleiben müssen, wo sie aufgefunden werden, dient nicht dem Kindeswohl, wenn vor Ort keine geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten vorhanden sind. Wenn stattdessen mit einer Reise von wenigen Stunden erreicht werden kann, dass die Minderjährigen in einer kinder- und jugendgerechten Unterkunft wohnen können, handeln wir im Interesse der Kinder und Jugendlichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen: Deutschland will helfen, und Deutschland hilft – mit Maß und Mitte und Verstand. Das alles ist im Antrag der Grünen nicht zu erkennen. Lassen Sie uns diesen daher mit breiter Mehrheit ablehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin in der Debatte: Ulla Jelpke für die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4221106 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 73 |
Tagesordnungspunkt | Aufnahme von Flüchtlingen |