04.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 73 / Tagesordnungspunkt 9

Katja DörnerDIE GRÜNEN - Ausbau der Kindertagesbetreuung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben es eben wieder gehört: Der vorliegende Gesetzentwurf wird uns als ein Gesetz zur Qualitätsverbesserung in Kitas verkauft. Es wird darauf verwiesen, dass man jetzt den Bau von Küchen finanzieren kann und auch der behindertengerechte Ausbau gefördert wird. Ich muss wirklich sagen: Ich kenne keine Kita, die in den letzten Jahren gebaut wurde und keine Küche inklusive hatte. Ich komme aus Nordrhein-Westfalen. Laut Landesgesetz ist es überhaupt nicht mehr erlaubt, ein öffentliches Gebäude nicht behindertengerecht zu bauen bzw. auszustatten. Das zeigt: Der Titel dieses Gesetzes ist reiner Etikettenschwindel. Dass Sie diesen Etikettenschwindel nötig haben, das zeigt, wie blank Sie beim Thema Kitaqualität tatsächlich sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wir haben von der Ministerin und von den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktion gehört, wie wichtig Kitaqualität ist. Das stimmt ja auch; denn die Kitas können für mehr Chancengerechtigkeit sorgen. Sie können insbesondere Kinder unterstützen, die in ihren eigenen Familien wenig mitbekommen. Gerade weil das so ist, ärgert es mich umso mehr, dass diese Bundesregierung in dieser Legislaturperiode faktisch nichts zusätzlich für die Kitaqualität tut.

(Beifall der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ärgert uns ganz besonders deshalb, weil das so zukunftsvergessen ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor einem Monat hat der Kitagipfel stattgefunden, bei dem es um bundeseinheitliche Qualitätsstandards in den Kitas gehen sollte. Der Gipfel ist in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen worden. Das wundert mich auch nicht: Er hatte nämlich keine relevanten Ergebnisse vorzuweisen.

Es wurde jetzt eine Arbeitsgruppe eingerichtet, und die Ministerin – wir haben es gehört – findet das auch ganz besonders toll. Ich muss sagen: Die Ministerin hat offensichtlich ein sehr kurzes Gedächtnis. Ich möchte Sie daran erinnern: Im August letzten Jahres hat die damalige Familienministerin Kristina Schröder genau das vorgeschlagen, nämlich die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, um gemeinsam mit den Ländern über bundeseinheitliche Qualitätsstandards zu sprechen. Die damalige Sozialministerin Mecklenburg-Vorpommerns, die heutige Familienministerin Manuela Schwesig, bezeichnete damals die Einrichtung einer Arbeitsgruppe als – Zitat – „spärlichen Notnagel“; alle Vorschläge lägen auf dem Tisch, daher sei das nicht mehr nötig. Die Ministerin kritisierte also vor etwas mehr als einem Jahr eine Arbeitsgruppe als „spärlichen Notnagel“ und richtet sie heute selber ein. Daran sieht man: Sie sind blank, was die Kitaqualität angeht. Ich finde, das muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sönke Rix [SPD]: Die grün regierten Länder machen doch auch mit!)

Wir wissen: Das Qualitätsgesetz stand im Entwurf des Koalitionsvertrags drin. Es ist aber auf den letzten Metern aus dem Koalitionsvertrag herausgeflogen. Und warum? Weil der Bund nicht bereit ist, ernsthaft in die Kitaqualität zu investieren. Das ist völlig falsch, das ist zukunftsvergessen.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Vor allen Dingen ist das Aufgabe der Länder!)

– Nein, das ist nicht Aufgabe der Länder. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen. Alle sind gefragt, weil wir nur so bei dem wichtigen Thema Kitaqualität weiterkommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grüne wollen bundesweit verbindliche Standards. Es ist für uns selbstverständlich, dass der Bund bei der Finanzierung mit im Boot ist; denn – ich habe eben darauf hingewiesen – die Kitaqualität ist nicht nur die Aufgabe der Kommunen und der Länder.

(Sönke Rix [SPD]: Was sagen denn die rot- grün regierten Länder dazu?)

Was die Kitaqualität angeht: Frau Schwesig macht leider da weiter, wo Frau Schröder aufgehört hat.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sie sollten eine Grundgesetzänderung anstreben!)

Sie macht sich bei der Qualitätsfrage faktisch einen schlanken Fuß und schiebt den Ländern den Schwarzen Peter zu. Wir finden das nicht akzeptabel, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sönke Rix [SPD]: Welche Rolle spielen denn die Länder? – Ulrike Gottschalck [SPD]: Zuständigkeiten!)

Die Kitas sind sowieso die Verlierer in dieser Koalition. Jenseits des Etikettenschwindels „Qualität“ betrifft das den Platzausbau, für den es zusätzliche Mittel nur in homöopathischen Dosen gibt.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Vielleicht sollten Sie die Länder abschaffen!)

Mickrige 550 Millionen Euro sind bis 2017 zusätzlich vorgesehen, also mitnichten 1 Milliarde Euro zusätzlich, von der auch die Ministerin heute gesprochen hat. 450 Millionen Euro, die im Haushalt längst verplant und so gut wie ausgegeben waren, werden schwuppdiwupp eingerechnet, damit dieses sehr magere Ergebnis der Verhandlungen für die Kitas nicht ganz so offensichtlich wird. Das ist Augenwischerei zulasten der Kinder und Familien. Wir kritisieren das sehr scharf. Aus unserer Sicht gibt es dazu keine Alternative.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Ulrike Gottschalck, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4221527
Wahlperiode 18
Sitzung 73
Tagesordnungspunkt Ausbau der Kindertagesbetreuung
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