04.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 73 / Tagesordnungspunkt 7

Astrid Timmermann-FechterCDU/CSU - Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder von uns möchte im Fall einer Pflegesituation so lange wie möglich in vertrauter Umgebung bleiben, umsorgt werden von Menschen, denen man nahesteht, denen man vertraut. Doch für viele ist die Organisation der Pflege eines Angehörigen oftmals auch eine sehr schwierige Aufgabe, vor allem wenn man dabei einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht und noch die eigene Familie, die eigenen Kinder versorgen muss. Viele Berufstätige wünschen sich deshalb für die Pflege eines Angehörigen mehr Zeit, und diese wollen wir mit der Verabschiedung des neuen Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf künftig leichter ermöglichen.

Das Gesetz ist ein weiterer Baustein, mit dem wir die Pflege insgesamt stärken – ein Schwerpunktthema der Großen Koalition in dieser Legislaturperiode. Und dafür haben wir nach dem ersten Pflegestärkungsgesetz nun die beiden bereits bestehenden Gesetze zur Pflegezeit und zur Familienpflegezeit weiterentwickelt. So haben Berufstätige neben dem bisherigen Rechtsanspruch auf Pflegezeit mit Beginn des kommenden Jahres nun auch einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit. Und Frau Zimmermann, an dieser Stelle möchte ich erwähnen: Wie man das als „schlechter als schlecht“ bezeichnen kann, erschließt sich mir an dieser Stelle nun wirklich nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Beschäftigte können ihre Arbeitszeit über einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten auf mindestens 15 Stunden in der Woche reduzieren. Damit schaffen wir einen flexiblen Rahmen, den Familien mit Pflegebedarf ganz nach ihren eigenen Bedürfnissen in Anspruch nehmen können – ohne künftig in Sorge zu sein, aufgrund der Pflegetätigkeit womöglich die Berufstätigkeit ganz und gar aufgeben zu müssen. Genau das wollen wir nämlich mit diesem neuen Gesetz verhindern. Gleichzeitig bleiben den Betrieben somit wertvolle Fachkräfte erhalten.

Die Arbeitszeitreduzierung bedeutet oftmals aber auch finanzielle Einbußen. Auch hier wollen wir die Familien nicht alleine lassen. Bereits jetzt kann für die Familienpflegezeit für die Hälfte des Verdienstausfalles ein Darlehen in Anspruch genommen werden. Ab dem kommenden Jahr kann dieses auch für die bis zu sechsmonatige Pflegezeit genutzt werden. Auch das bedeutet für die Familien mehr individuelle Wahlmöglichkeiten.

Mit der gesetzlichen Neuregelung werden zudem die Antragsmodalitäten deutlich vereinfacht. Der Beschäftigte beantragt das Darlehen direkt beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Der Arbeitgeber muss keine Wertguthaben mehr für seine Angestellten führen. Auch müssen keine Ausfallversicherungen mehr abgeschlossen werden. Hier trägt jetzt der Bund das Ausfallrisiko allein. Es werden also eine Menge bürokratischer Hürden abgebaut.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, oft genug tritt ein Pflegefall unvermittelt, von einem Moment zum anderen, ein – eine Situation, die alles im Leben verändert und in der rasch gehandelt werden muss. Um solch einen plötzlichen, akuten Pflegefall in der Familie organisieren zu können, sieht das Pflegezeitgesetz für den Arbeitnehmer eine Freistellung von bis zu zehn Tagen vor. Bislang mussten in solch einem Fall häufig Gehaltseinbußen hingenommen werden. Das neue Gesetz sieht hier nun ein Pflegeunterstützungsgeld vor. Dieses können Arbeitnehmer künftig als Lohnersatzleistung in Anspruch nehmen, die zulasten der Pflegekasse des zu pflegenden Angehörigen abgerechnet wird.

In diesem Zusammenhang haben wir uns auch in den vergangenen Tagen noch darauf verständigt, die Regeln für die Inanspruchnahme der Freistellung dahin gehend zu konkretisieren, dass die zehntägige Auszeit in akuten Pflegesituationen nicht zusammenhängend genommen werden muss und dass auch mehrere Angehörige sich diese zehn Tage für einen Pflegebedürftigen in weiteren Akutsituationen untereinander aufteilen können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Mit dieser Möglichkeit des Splittings haben Familien auch hier jetzt mehr Möglichkeiten, einen Pflegefall kurzfristig flexibler zu organisieren. Darüber hinaus haben wir den Begriff der nahen Angehörigen erweitert, der nun unter anderem auch Stiefeltern oder Schwägerin und Schwager sowie lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften umfasst. Wir stärken damit die Familie als Verantwortungsgemeinschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

In diesem Zusammenhang bin ich auch sehr froh, dass wir im Zuge des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens auch die Betreuung eines pflegebedürftigen Kindes erleichtert haben. So können Eltern nämlich die neuen Rechtsansprüche nutzen – sowohl für die häusliche als auch für die stationäre Betreuung eines pflegebedürftigen Kindes. Diese Flexibilisierung ist eine wirkliche Hilfe für viele Menschen in besonders schwierigen Lebenssituationen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich persönlich habe großen Respekt davor, was pflegende Angehörige leisten. Es sind diese Angehörigen, die mit ihrem persönlichen Einsatz dafür sorgen, dass zahlreiche Pflegebedürftige auch weiterhin so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können. Dafür nehmen sie oftmals sehr viele Einschränkungen in Kauf. Deshalb freue ich mich heute umso mehr, dass wir mit dem neuen Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf neue Rahmenbedingungen setzen, damit diese Angehörigen bei ihrer Pflegeaufgabe künftig noch stärker entlastet werden.

Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Elisabeth Scharfenberg.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4222020
Wahlperiode 18
Sitzung 73
Tagesordnungspunkt Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf
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