Antje LeziusCDU/CSU - Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gesellschaft wird immer älter. Bedingt durch eine gute Gesundheitsversorgung – mit die beste der Welt – verbessert sich dabei auch die Lebensqualität im Alter. Das ist die gute Nachricht. Der demografische Wandel allerdings bedeutet auch, dass wir auf der anderen Seite immer weniger Kinder bekommen und die Anzahl der Älteren gegenüber den Jüngeren in Zukunft deutlich zunehmen wird. Das ist eine Tatsache. Was diese Tatsache aber bedenklich macht – und das ist die Kehrseite der Medaille –: Im Alter treten verstärkt schwere Krankheiten auf, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Parkinson oder Demenz. Von den heute über 60-Jährigen sind viele chronisch krank oder zumindest beeinträchtigt. Die Mehrheit der älteren Menschen ist heute bereits in ärztlicher Behandlung oder auf Pflege angewiesen. Gerade die Pflege älterer Menschen wird deswegen schon mittelfristig ein Thema werden, das uns alle angeht.
Der vorliegende Gesetzentwurf will sich der Schwierigkeiten annehmen, die Arbeitnehmer mit der Vereinbarung ihrer Berufstätigkeit mit der Betreuung von Angehörigen haben. Hierzu schaffen wir einen Rechtsanspruch auf eine Lohnersatzleistung bei zehntägiger Pflegeauszeit in akuten Pflegesituationen. Darüber hinaus werden wir einen Rechtsanspruch auf 24 Monate Familienpflegezeit einrichten. Demnach haben pflegende Angehörige einen Anspruch darauf, ihre zu pflegenden Angehörigen in gewohnter Umgebung zu betreuen, ohne dafür die Berufstätigkeit ganz aufgeben zu müssen. Sie können weiterhin für wöchentlich 15 Stunden in Teilzeit arbeiten und erhalten zur besseren Absicherung des Lebensunterhaltes ein zinsloses Darlehen durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Hierbei steht allerdings nicht nur der als Existenzgrundlage erworbene Lohn im Vordergrund, sondern auch der sinnstiftende Wert der Arbeit an sich.
Der demografische Wandel wird kommen, und wir haben jetzt die Möglichkeit, ihn aktiv zu gestalten. Wir wollen dabei nicht nur die Sozialsysteme zukunftsfest gestalten, sondern auch das gesellschaftliche Miteinander, also die Art und Weise, wie wir in Zukunft miteinander leben und arbeiten wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dazu gehört auch, dass wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, Politik und Gesellschaft, Jung und Alt, Männer und Frauen, aber auch Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Im Koalitionsvertrag haben wir gemeinsam festgelegt, dass wir die Rahmenbedingungen für kleine und mittelständische Unternehmen verbessern wollen. Wir in der Politik sind uns im Klaren darüber, dass uns die jetzige gute Konjunktur nicht von selbst bis in alle Zeit erhalten bleibt. Weil dies so ist, müssen wir dafür sorgen, dass der Mittelstand als Motor dieser Volkswirtschaft am Laufen gehalten wird. Dabei wollen wir nicht nur die Rahmenbedingungen für Innovationen und Investitionen verbessern. Uns kommt es auch darauf an, Hilfestellungen anzubieten, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich mit den immer drängender werdenden Fragen der Demografie auseinandersetzen müssen.
Wenn jemand von heute auf morgen in eine Pflegesituation kommt, ist das für beide Seiten belastend. Oftmals muss dann sehr kurzfristig eine Lösung her. Dabei ist es nicht nur von Belang, für das pflegebedürftige Familienmitglied Pflege zu organisieren. Auch derjenige, der diesen Arbeitnehmer beschäftigt, steht vor zahlreichen Fragen, die im Zusammenhang mit der Freistellung des Arbeitnehmers für die Pflege zu beantworten sind. Wir haben den vorliegenden Gesetzentwurf so gestaltet, dass er einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den berechtigten Anliegen der Arbeitnehmer und auch der Arbeitgeber darstellt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für beide Seiten wird Rechtssicherheit geschaffen.
Besonders hervorzuheben ist die deutliche Reduzierung des Verwaltungsaufwandes, den die Betriebe durch die Gewährung des Darlehens an den Arbeitnehmer haben. Wo vormals ein bürokratisches Wertguthaben geführt werden musste, fällt dies nun weg.
Die Union hat sich im Sinne der Ausgewogenheit dafür eingesetzt, dass der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers für jeden vollen Kalendermonat der Freistellung von der Arbeit um jeweils ein Zwölftel kürzen kann.
Der absolute Kündigungsschutz wird frühestens zwölf Wochen vor Antritt der Familienpflegezeit durch den Arbeitnehmer gelten.
Die Regelung, der zufolge der Rechtsanspruch erst in Firmen mit mehr als 25 Beschäftigten gilt, ist sinnvoll, da sie besonders für kleine und mittlere Unternehmen eine Erleichterung ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Circa 70 Prozent der Arbeitnehmer können, wenn sie wollen, in Zukunft die Leistungen nach diesem Gesetz in Anspruch nehmen.
Fraglos positiv zu bewerten ist weiterhin, dass Unternehmen mit der Familienpflegezeit ihre bewährten Fachkräfte behalten können, die in Teilzeit weiterhin für sie arbeiten. Vor dem Hintergrund meiner Erfahrung als ehemalige Unternehmerin sehe ich allerdings die Einstellung einer Ersatzarbeitskraft, die den Arbeitsausfall des Stammarbeitnehmers kompensieren soll, als bedenklich an – etwas, was in der Anhörung durch die beteiligten Experten bestätigt wurde. Viele Unternehmer aus meinem Wahlkreis, der in einer sehr ländlich geprägten Region liegt, fragen sich bereits heute, wie sie ohne die Einschränkungen einer befristeten Stelle Fachkräfte anwerben können. Dazu müssen sie diesen heute etwas bieten. Der Wettbewerb um gute Köpfe ist oft schon so hart genug.
Das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf ist gut, weil es zeitgemäß ist und den Erfordernissen einer Welt im Wandel Rechnung trägt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich wünsche mir, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer zukünftig bewusst und verantwortungsvoll mit diesem Instrument umgehen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Paul Lehrieder, CDU/CSU- Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4222085 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 73 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf |