Matthäus StreblCDU/CSU - Altersgerechte Übergänge in die Rente
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute einen Antrag der Fraktion Die Linke,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Guter Antrag!)
die wieder einmal fordert, von der Rente mit 67 Abschied zu nehmen. Bei der Beratung dieses Tagesordnungspunktes möchte ich kurz den Blick in die jüngere Vergangenheit richten, und zwar auf die Entwicklung des Renteneintrittsalters.
Seit Beginn des Jahres 2012 konnten Beschäftigte mit Erreichen des 65. Lebensjahres bei 45 Beitragsjahren ohne die sonst fälligen Abschläge in Rente gehen. Im Juli dieses Jahres haben wir, die Große Koalition, die Möglichkeit geschaffen, das bereits mit 63 Jahren zu tun. Bis Ende Oktober lagen dazu 163 000 Anträge vor. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, zur Wahrheit gehört aber auch: Es geht um Menschen, die die Wirtschaft dringend benötigt, die ihr fehlen und die nicht zuletzt auch als Beitragszahler für die Rentenversicherung ausfallen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Inzwischen gibt es Forderungen – das möchte ich bei dieser Diskussion auch sagen; das ist konträr zu dem Antrag der Linksfraktion –, das Eintrittsalter sogar auf 70 Jahre festzulegen. In der Europäischen Union gibt es verschiedene Vorschläge aus den verschiedensten Ländern: 72 Jahre, 68 Jahre, 70 Jahre.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Arbeiten, bis wir halbtot sind!)
Es gibt auch die Forderung eines EU-Kommissars.
(Zurufe von der LINKEN)
– Ich berichte ja nur, damit Sie die Bandbreite sehen. – Es gibt zum Beispiel auch die Forderung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden. – Das wollen wir nicht; um das gleich vorwegzusagen.
Andere – dazu zählt die Fraktion Die Linke – wollen, dass man ab 60 Jahre in die Rente gehen kann.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die Möglichkeit geben!)
Das hört sich im ersten Moment sehr gut an; denn es gibt Menschen, die früher in Rente gehen wollen. Wer will das nicht? Auf der anderen Seite gibt es Menschen – das belegen Umfragen; das ist ein nicht unbeträchtlicher Personenkreis –, die sogar über das 65. Lebensjahr hinaus arbeiten wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele Unternehmer haben längst erkannt, wie wichtig die Erfahrung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist – um auch dieses Thema anzuschneiden –, und behalten solche Beschäftigten oder stellen sogar solche Menschen ein. In Bayern zum Beispiel – um auf mein Heimatland zu kommen – gibt es bereits 19 000 Arbeitnehmer zwischen 65 und 69 Jahren – und das, so habe ich mir berichten lassen, mit steigender Tendenz.
Im Koalitionsvertrag heißt es, dass immer mehr Betriebe ihre Belegschaften auch im höheren Alter beschäftigen wollen. Weiter heißt es darin – ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag –:
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz zum flexiblen Renteneintrittsalter kommen. Auf der einen Seite können flexible Übergänge vielleicht Fachkräfteengpässe mindern. Auf der anderen Seite aber bergen sie die Gefahr in sich, neue Frühverrentungen zu fördern. Eine Teilrente ab 60 Jahren wäre beispielsweise angesichts der demografischen Entwicklung ein völlig verfehltes Signal an die Wirtschaft und die Gesellschaft.
Ich darf ein Wort des früheren Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement zitieren, der sich im vergangenen Jahr ausdrücklich dafür ausgesprochen hat, das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. So könne, so Clement, ein Teil der hinzugewonnenen Lebensjahre aktiv am Arbeitsmarkt verbracht werden. Wolfgang Clement ist sicher ein unverdächtiger Zeuge, wie Sie mir zugestehen werden.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Der ist verdächtig! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, sehr verdächtig!)
Demgegenüber stellen Sie von der Fraktion Die Linke einige unhaltbare Forderungen auf,
(Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])
die zeigen, dass Ihre Stärken jedenfalls nicht in der Wirtschaftspolitik liegen. Sie wenden sich gegen die Teilzeit, und Sie wollen schließlich Versicherten mit 40 Beitragsjahren ab Vollendung des 60. Lebensjahres den abschlagsfreien Zugang zu einer Altersrente gewähren. – So steht es auf Seite 4 Ihres Antrags.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, ja! Guter Antrag!)
Ich frage mich da schon: Ist das eine verantwortungsvolle Politik im Angesicht der demografischen Entwicklung?
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Natürlich!)
Ich meine, das ist nicht der Fall.
Was würde das Ganze kosten? 33 Milliarden Euro sind derzeit in der gesetzlichen Rentenversicherung. Aufgrund der hervorragenden wirtschaftlichen Entwicklung und der hohen Zahl von Beschäftigten war das möglich. Aber man muss auch sagen: Durch Ihre Politik wäre dieses Guthaben schnell aufgebraucht.
Es ist der Vorzug der Opposition, in diesem Fall der Linksfraktion, unhaltbare Forderungen erheben zu können, ohne jemals in Verantwortung gebracht zu werden. Nach diesem Muster sind Sie auch hier verfahren. Sie werden sicherlich von mir erwarten, dass ich Ihren Antrag für die CDU/CSU-Fraktion ablehne. Ich will Sie nicht enttäuschen und bitte das Hohe Haus, diesen Antrag der Linken als unrealistisch und populistisch zurückzuweisen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4222393 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 73 |
Tagesordnungspunkt | Altersgerechte Übergänge in die Rente |