Jens ZimmermannSPD - Anpassung der Abgabenordnung an EU-Zollkodex
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute abschließend das Jahressteuergesetz 2015. Es ist eine Herausforderung, ein Gesetzgebungsverfahren mit mehr als hundert vorgeschlagenen Maßnahmen, die inhaltlich nicht zusammenhängen, als Berichterstatter zu betreuen. Dennoch dürfte jedem klar sein, dass auch diese kleinen steuerlichen Änderungen und Anpassungen in der Realität große Auswirkungen haben können.
Da es noch keiner gemacht hat, will ich etwas zum Namensgeber dieses Gesetzes sagen, nämlich zur Anpassung des Zollkodexes; ich finde, das sollte zumindest der Form halber geschehen. Die EU-Rahmenverordnung, die den Zollkodex der Union neu regelt, dient der Modernisierung des EU-weiten Zollwesens. Deshalb ist es gut, dass die deutsche Abgabenordnung mit diesem Gesetz an den Zollkodex der Europäischen Union angepasst wird.
Der größte Teil des Gesetzes enthält eine Reihe redaktioneller Änderungen quer durch das deutsche Steuerrecht, die eigentlich politisch unstrittig sind. Schließlich werden Empfehlungen des Bundesrechnungshofs berücksichtigt und viele Besteuerungsverfahren am Endevereinfacht. Ich werde nicht auf jeden Änderungsvorschlag eingehen können, will aber trotzdem betonen: Bei vielen dieser Maßnahmen handelt es sich um wichtige Änderungen, die den Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten in den Verwaltungen ihre wichtige Arbeit erleichtern und Bürokratie abbauen werden; das muss man an dieser Stelle einmal betonen.
(Beifall bei der SPD)
Wir haben uns mit ganz vielen Änderungsvorschlägen intensiv beschäftigt. Als Sozialdemokraten haben wir die vorgeschlagenen Maßnahmen da, wo es nötig war, vor allem im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessert. Wir haben – ich finde, auch das ist sehr wichtig – die Ratschläge der Expertinnen und Experten aus der Anhörung berücksichtigt. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass man nach einer Anhörung der Experten noch einmal aktiv wird, weil es sonst am Ende eine Showveranstaltung bleibt.
Ich will auf einige Beispiele konkret eingehen. Das Thema der Erstausbildung ist genannt worden. Das ist ein wichtiger Punkt. Wir hatten Fälle, in denen Leute mehr oder weniger eine Form von Scheinerstausbildung gemacht haben – kurze und kürzeste Ausbildungen, nur um am Ende zum Beispiel im Studium in den Genuss eines Werbungskostenabzuges zu kommen. Diese Lücke haben wir mit diesem Gesetz geschlossen. Die Frage, ob eine Ausbildung mindestens 18 Monate oder 12 Monate dauern muss, um als Erstausbildung gewertet zu werden, haben wir intensiv diskutiert. Ich kann sagen: Für die steuerliche Behandlung ist es gar nicht entscheidend, ob es zwölf Monate sind oder nicht. Aber wir senden mit diesem Steuergesetz eine wichtige Botschaft nach draußen: Wenn jemand zwölf Monate lang eine Ausbildung macht, dann ist es eine Erstausbildung, nicht einfach irgendetwas, was man mal so macht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es wurde auch über die Besteuerung von Betriebsveranstaltungen gesprochen. Auch das ist hitzig diskutiert worden. Ich finde, das kann man verstehen. In vielen Betrieben, auch hier im Deutschen Bundestag, finden momentan die Weihnachtsfeiern statt. Es war nie unsere Intention oder die Intention der Bundesregierung, diese Betriebsfeiern unmöglich zu machen. Deswegen ist es gut, dass wir von der Freigrenze zum Freibetrag gekommen sind, dass wir bei den Gemeinkosten präziser geworden sind, dass die Reisekosten da jetzt ausgeklammert werden. Die Botschaft, die wir aussenden können, lautet: Die Weihnachtsfeiern und alle anderen Feiern, die in den kommenden Jahren in Unternehmen geplant sind, können stattfinden. Das ist eine Maßnahme vor allem im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Auch in deren Interesse ist es, dass wir uns darauf geeinigt haben, die sogenannte 44-Euro-Freigrenze für Gutscheine so beizubehalten, wie sie ist. 44 Euro sind für die Topmanager, über die wir heute reden und die große Boni bekommen, nichts. Aber für jemanden, der jeden Tag hart arbeitet und ein kleines Einkommen hat, sind 44 Euro etwas. Deswegen finden wir es richtig, dass es bei der Praxis bleibt, dass diese wie bisher zu den Sachbezügen gezählt werden und es da keine Verschlechterung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Einen Punkt will ich herausgreifen, weil ich auch Berichterstatter im Bereich der Geldwäscheprävention bin. Ich habe heute eine Petition zur Bekämpfung von Geldwäsche mit 75 000 Unterschriften entgegengenommen. Wir greifen mit der Änderung des § 31 b der Abgabenordnung genau dieses Thema im Jahressteuergesetz auf. Das ist wichtig, weil unserem Land auch hier Steuereinnahmen verloren gehen. Die Geldwäsche ist – das wird viel zu häufig vergessen – auch ein Teil der organisierten Kriminalität.
Uns lagen auch – das ist schon erwähnt worden – jede Menge Änderungsanträge des Bundesrates vor. Ich stimme Ihnen zu, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, dass wir in Steuerfragen ordentlich arbeiten müssen. Aber uns muss auch klar sein, dass Zeit an dieser Stelle im wahrsten Sinne des Wortes auch Geld ist. Denn wenn man sich zu viel Zeit lässt, gehen dem Staat entsprechende Steuereinnahmen verloren.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich hoffe, dass es hier nicht der Fall sein wird; aber diese Gefahr steht im Raum.
(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Wir hätten uns an der einen oder anderen Stelle schon vorstellen können, ein bisschen schneller voranzugehen, die Initiativen des Bundesrates entsprechend zu unterstützen. Denn für die SPD im Bund und in den Ländern ist klar: Wir wollen legalen und illegalen Steuertricks einen Riegel vorschieben, und zwar je früher, desto besser.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
In diesem Zusammenhang sind Themen wie der sogenannte Porsche-Deal zu nennen. Das ist genau so ein Punkt, weshalb wir eigentlich Jahressteuergesetze machen. Das war nichts Illegales, was dort gelaufen ist, sondern das war – so muss man konstatieren – eine sehr kreative Leistung von sehr findigen Beraterinnen und Beratern. Aber unsere Aufgabe hier im Deutschen Bundestag ist es, Lücken, die solche Dinge ermöglichen, die wir nicht möchten, zu schließen. Ich hoffe, dass es in der Zeit, die wir jetzt brauchen, bis wir die entsprechenden Änderungen beschlossen haben, keinen zweitenPorsche-Deal geben wird.
Aber die gute Nachricht ist ja, wir sind uns in der Koalition an der Stelle einig – vielleicht nicht ganz über die Geschwindigkeit, über die Inhalte sehr wohl. Wir werden das Thema der hybriden Gestaltungen angehen. Ich finde es keine so clevere Idee, die BEPS-Initiative irgendwie kleinzureden. Wir wissen doch, hybride Gestaltungen sind kein nationales Problem, sondern ein internationales Problem. Deswegen müssen wir es auch international angehen. Ich denke, BEPS ist dafür ein sehr gutes Beispiel.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich komme zum Schluss. Alles in allem werden wir als SPD-Bundestagsfraktion dem Gesetzentwurf natürlich zustimmen. Das Jahressteuergesetz enthält in der Endfassung knapp 50 Maßnahmen quer durch das deutsche Steuerrecht, die zusammengenommen eine große Wirkung haben. Wir bauen Bürokratie ab, wir entlasten die Beschäftigten. Ich denke, das ist so kurz vor Weihnachten eine gute Nachricht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Die Kollegin Lisa Paus hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 18 |
Session | 73 |
Agenda Item | Anpassung der Abgabenordnung an EU-Zollkodex |