Herlind GundelachCDU/CSU - Energieeffizienz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren auf der Tribüne! Ich glaube, es gibt kaum ein Thema, über dessen Bedeutung sich die im Bundestag vertretenen Parteien in der Zwischenzeit so einig sind. Die Steigerung und Förderung der Energieeffizienz ist ein zentraler Bestandteil der Energiewende. Die Energieeffizienz ist der schlafende Riese, und wir sind uns alle darüber im Klaren, dass wir diesen schlafenden Riesen wecken müssen. Denn ohne eine signifikante Steigerung der Effizienz ist die Energiewende nicht zu schaffen.
Der vorliegende Antrag, über den wir heute zum zweiten Mal debattieren, reicht schon eine Weile zurück. Er fordert die unverzügliche Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie. Die Umsetzungsfrist – ich nehme an, darauf werden Sie noch eingehen – ist am 5. Juni 2014 abgelaufen. Es ist verständlich, und ich finde es auch in Ordnung, dass die Grünen als Oppositionsfraktion darauf reagiert haben. Das hätten wir an Ihrer Stelle vermutlich auch getan.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das glaube ich nicht!)
– Doch, das glaube ich schon.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beim Thema Energieeffizienz nicht!)
– Da sind Sie völlig falscher Auffassung. Denn wir sind der Überzeugung, dass die Energieeffizienz ein ganz zentraler Bestandteil ist. Das wird gleich in meiner Rede noch an manchen Stellen deutlich.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie regieren schon ein bisschen länger, und da haben Sie nichts gemacht!)
– Wir haben eine ganze Menge gemacht. Deswegen sind wir in Europa immer noch mit die Besten, was diese Frage angeht.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht mehr!)
Ich kann Ihnen aber versichern, dass die Bundesregierung – das ist gerade schon angeklungen – mit Hochdruck gearbeitet hat und deshalb gestern den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz und auch das Klimapaket im Kabinett verabschiedet hat.
Energieeffizienz ist aus vielen Gründen wichtig. Zunächst einmal gilt: Was nicht verbraucht wird, muss auch nicht produziert werden. Gleichzeitig leistet die Förderung der Energieeffizienz einen wesentlichen Beitrag zu anderen energiepolitischen Kernaufgaben wie die Steigerung der Versorgungssicherheit, die Sicherstellung der Bezahlbarkeit von Energie, die Reduzierung des Netzausbaubedarfs, die Unterstützung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und damit auch die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen.
Außerdem leistet sie einen erheblichen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele. So reduziert sich beispielsweise allein durch die energetische Sanierung des Gebäudebestandes in Deutschland der jährliche Ausstoß des Treibhausgases CO 2 infolge der geförderten Baumaßnahmen um 7 Millionen Tonnen.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ein Bruchteil von dem, was wir noch schaffen müssen!)
Deutschland ist in Sachen Energieeffizienz in Europa Vorreiter; dazu gibt es hinreichend Studien. Unsere Ergebnisse finden weltweit Beachtung. Uns ist es als Industrienation gelungen, das Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch zu entkoppeln, und das schon seit vielen Jahren. Wir verzeichnen in den letzten Jahrzehnten – sei es das Gewerbe, der Handel oder die Industrie – erhebliche Effizienzgewinne, in Zahlen: rund 12 Prozent jährlich. Aber durch einen unangepassten Umgang, unseren nach wie vor steigenden Bedarf und einige andere Faktoren wurden diese Gewinne leider fast gänzlich neutralisiert. Deswegen war für die schwarz-rote Koalition von Anfang an klar, dass wir neue Lösungen finden müssen, dass wir Energieeffizienz zum Teil neu denken sollten, um insbesondere bisher zu wenig beachtete Faktoren und Akteure stärker in den Blick nehmen zu können, und dass wir vor allem auch die Einbeziehung der Bevölkerung signifikant steigern wollen.
Wie ich eingangs erwähnte, bin ich fest davon überzeugt, dass wir uns alle über die Bedeutung der Energieeffizienz einig sind. Aber es gibt einen Unterschied. Wir alle haben das gleiche Ziel, aber unsere Lösungswege gehen zum Teil recht weit auseinander, wie der Antrag der Grünen abermals zeigt und die gestrige Regierungsbefragung erneut unter Beweis gestellt hat. Energieeffizienz funktioniert nach unserer Auffassung nur, wenn sie als Chance und Ansporn verstanden wird; das hat die Vergangenheit gezeigt. Zwang hingegen führt in der Regel zu Stillstand. Da musste auch meine Partei in einem Bundesland durchaus schlechte Erfahrungen machen. Aber Sie verfallen in die gleichen fehlerhaften Verhaltensweisen.
Wir setzen auf Ansporn, Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit. Darauf setzt auch der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz. Mit dem NAPE schreiben wir letztendlich eine Erfolgsgeschichte in Sachen Energieeffizienz fort. Das ist das krasse Gegenteil von dem, was Sie gerade behauptet haben. Der NAPE setzt aber auch erhebliche neue Akzente. Er setzt vor allem drei wesentliche Pfeiler zum Marktanreiz: Energieeffizienz im Gebäudebereich voranbringen, Energieeffizienz als Geschäftsmodell etablieren und für mehr Eigenverantwortung sorgen, verbunden mit mehr Information und Beratung. Im Bereich der Energieeffizienz lohnen sich die meisten Investitionen. Sie sind wirtschaftlich. Unsere Aufgabe ist, hier verlässliche und gute Rahmenbedingungen zu schaffen sowie sinnvolle Anreize zu setzen.
Ich will hier nicht alle geplanten Maßnahmen des NAPE wiedergeben, da sie heute schon genannt wurden; das würde auch zu lange dauern. Die Sofortmaßnahmen wie die Aufstockung der Mittel für das CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm und die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung will ich ebenfalls nicht extra erwähnen. Ich möchte viel lieber auf die geplanten weiterführenden Arbeitsprozesse zu sprechen kommen, die der NAPE ebenfalls formuliert. Es gibt Bereiche – das ist mir wichtig –, die man zusätzlich beleuchten könnte. Dazu gehört für uns zum Beispiel die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Contracting. Wir alle haben schon viel über das Investor-Nutzer-Dilemma diskutiert. Darüber hinaus wissen wir, dass es auch für Eigenheimbesitzer zum Teil finanziell nicht machbar oder nur schwer machbar ist, eine energetische Sanierung durchzuführen. Selbst wenn sich die Kosten amortisieren, fehlt oft der Anreiz oder schlicht und ergreifend das Geld für eine Finanzierung. Hier könnten wir zum Beispiel über eine Ausweitung von Mini-Contracting-Modellen nachdenken. Durch diese Form der Finanzierung könnte ohne eigenes Kapital eine Modernisierung durchgeführt werden. Sogar eine vom Mieter angeregte energetische Sanierung wäre hier denkbar. Bisher sind die Rahmenbedingungen für derartige Ansätze allerdings nicht zufriedenstellend ausgestaltet.
Der zweite Punkt, der mir auch persönlich sehr wichtig ist, ist: Deutschland war immer ein Land der Forscher und Entwickler. Um Innovationen im Bereich der Energieeffizienz hervorbringen zu können, müssen die Hochschul- und Forschungseinrichtungen über ausreichend Mittel verfügen. Das ist vor allem ein Appell an die Länder – das sage ich als ehemalige Wissenschaftssenatorin ganz bewusst –, hier ihrer Verantwortung gerecht zu werden.
Außerdem ist es wichtig, die Unternehmen stärker einzubeziehen, insbesondere auch die kleinen und mittelständischen; das ist ein grundlegender Gedanke, der den NAPE durchzieht. Dann müssen wir aber auch die Rahmenbedingungen für die Forschungs- und Entwicklungskosten im Sinne der kleinen und mittelständischen Unternehmen anpassen; denn nicht jedes Forschungsvorhaben ist von Erfolg gekrönt. Es muss daher endlich möglich sein, diese Kosten steuerlich geltend zu machen. Sonst werden wir vermutlich auf lange Sicht international abgehängt werden.
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Die Lösungsansätze für die Förderung der Energieeffizienz in Deutschland sind vielfältig. Es gibt nicht nur die eine ideale Lösung. Unterschiedliche Voraussetzungen und Gegebenheiten erfordern nun einmal unterschiedliche Lösungen. Energieeffizienz ist nichts für die Gießkanne.
Mit der Umsetzung der EU-Effizienzrichtlinie und der Verabschiedung des NAPE werden wir ein ganz entscheidendes Stück weiterkommen. Wir bauen Barrieren und Hemmnisse ab. Wir regen an, sich mit dem Thema intensiv auseinanderzusetzen und dann auch die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Wir fördern Initiativen, und wir unterstützen auch monetär, wo es nötig ist. Dabei steht eines für die CDU/CSU-Fraktion immer außer Frage: Energieeffizienz funktioniert am besten ohne Zwang.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Im Übrigen kann ich mich den Ausführungen der Kollegin Scheer nur anschließen: Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ist durch die Beschlüsse des Kabinetts in den letzten Wochen und in den letzten Tagen überholt. Deswegen lehnen wir ihn ab.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Julia Verlinden für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4222573 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 73 |
Tagesordnungspunkt | Energieeffizienz |