04.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 73 / Tagesordnungspunkt 10

Klaus MindrupSPD - Energieeffizienz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle tragen hier gemeinsam eine große Verantwortung. Die Energiewende muss ein Erfolg werden. Wir wissen auch, dass sie auf zwei wesentlichen Säulen basiert: auf der Energieeffizienz und auf den erneuerbaren Energien. Das an sich ist aber trivial.

Manche sprechen von einer Energierevolution; ich meine, wir brauchen eine Energieevolution. An dieser Stelle muss man sich ehrlich machen. Keine große Industrienation ist vor uns diesen Weg gegangen. Wir sind die Pioniere.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn ich den Vergleich mit Dänemark höre – nichts gegen die Dänen; man muss von überall lernen; man muss überall gucken, was gut gemacht wird –, muss ich sagen: Dänemark kann man wohl eher mit Schleswig-Holstein vergleichen als mit der gesamten Bundesrepublik.

(Zuruf der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])

– Schleswig-Holstein bekommt eine ganze Menge hin. Aber vergleichen wir die Statistiken demnächst.

Mein Dank geht an dieser Stelle ausdrücklich an Barbara Hendricks und an Sigmar Gabriel für das Aktionsprogramm Klimaschutz und den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz. Beides ist gestern beschlossen worden, und das hat den heute vorliegenden Antrag gegenstandslos gemacht.

Es ist richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Beide Vorlagen enthalten auch Prüfaufträge. Ich habe heute schon mehrere Zwischenrufe gehört, in denen betont wurde, dass Prüfaufträge darin sind. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, bei so einer komplexen Materie ist es doch richtig: Erst prüfen, dann handeln.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann prüfen Sie! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie prüfen jetzt seit 20 Jahren!)

Wenn Sie bei den Grünen es andersherum machen – erst handeln, dann prüfen –, dann ist das Ihre Sache. Wir machen das nicht so, weil das unseriös und gefährlich ist. Unser Motto ist: Gründlichkeit vor Hektik.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hektik?)

Sowohl Barbara Hendricks als auch Sigmar Gabriel haben betont, dass die Ziele für den Klimaschutz und die Energieeffizienz gelten, die dieses Haus vor langer Zeit beschlossen hat. Ich weiß nicht, warum Sie das nicht zur Kenntnis nehmen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Hörgeräte zu verteilen, wird an dieser Stelle wohl nicht helfen.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Och! – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sagen Sie doch mal konkret, was passiert!)

Große Ziele erfordern große Anstrengungen. Wenn man es richtig macht, bietet die Steigerung der Energieeffizienz große Chancen für die Menschen in unserem Land, für den Mittelstand und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Gerade Effizienztechnologien werden ein Exportschlager werden. Es geht um nichts anderes als um die ökologische Modernisierung. Es geht um die Schaffung eines modernen Deutschlands, das im Jahr 2050 auf einer weitgehend dekarbonisierten Wirtschaft basieren wird.

Natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir die Potenziale nutzen, vor allem in den Quartieren. Die ganze Intelligenz muss in die Quartierslösungen hinein. Wir brauchen Kraft-Wärme-Kopplung als Effizienztechnologie; das wird natürlich auch schon gemacht. Wir brauchen Strom- und Wärmespeicher, Solarenergie und Geothermie, Power to Heat, intelligente Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnologien

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Sie das KWK-Ziel nicht erreichen, ist Ihnen so peinlich, dass Sie es noch nicht mal in den Monitoringbericht reinschreiben!)

– ich kann Ihre Zwischenrufe nicht verstehen; da müssen Sie schon lauter rufen –,

(Heiterkeit bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Problem! Können Sie haben! – Gegenruf von der CDU/CSU: Bitte nicht! Muss nicht sein!)

die über das Internet verbunden werden und dabei helfen, Energie intelligent zu nutzen.

Kollege Mindrup, ich habe die Uhr angehalten, weil der Abgeordnete Kühn um die Möglichkeit bittet, Ihnen eine Frage zu stellen oder eine Bemerkung zu machen.

Das kann er gerne machen. Bitte, bitte.

Dann haben Sie das Wort.

Lieber Kollege Mindrup, Sie haben gerade das Hohelied auf das Quartier und die energetische Quartiersanierung gesungen. Ich frage mich, wo im NAPE Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz im Quartier enthalten sind. Wenn sie nicht im NAPE enthalten sind, wann gedenken denn die Bundesregierung und auch die SPD-Fraktion sich dafür einzusetzen, dass die Energiewende auch im Quartier ankommt?

Wir machen das ja bereits. Sie müssen sich nur das Programm „Energetische Stadtsanierung“ ansehen; da wird das bereits praktiziert.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben beantragt, dass das mehr wird!)

Es gibt auch KfW-Programme, in deren Rahmen das bereits praktiziert wird. Das befindet sich also in einer vernünftigen Umsetzung.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen, dass das Niveau viel größer wird!)

Das muss weitergeführt werden, und das wird auch weitergeführt.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollten doch die Anstrengungen erhöhen!)

Aus meiner Sicht brauchen wir mehr genossenschaftliche Lösungen. Denn da tun sich viele Menschen zusammen, um etwas Wirtschaftliches und Gutes auf den Weg zu bringen. Vor allen Dingen gibt es dort, Frau Dr. Gundelach, in der Regel kein Investor-Nutzer- Dilemma. Da können wir also etwas tun.

Wir müssen natürlich auch Hürden überwinden. Mich persönlich ärgert die steuerliche Diskriminierung von Mieterstrom. Ich hoffe, dass wir darüber noch nachdenken werden.

Aber zurück zum Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz. Was ich da ganz wichtig finde, ist, dass auch kleinteilige Maßnahmen gefördert werden. Lieber tausend kleine Projekte als ein Leuchtturmprojekt!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich kann ein Beispiel aus Berlin erwähnen, das man bundesweit ausweiten könnte – das gibt es seit über 20 Jahren –: das Projekt „Fifty/Fifty“ an Schulen. Dabei geht es um verhaltensbedingte Energieeinsparung und darum, die Menschen dabei mitzunehmen und ihnen deutlich zu machen, dass ihr Verhalten sehr wichtig ist. Das Interessante ist: Man kann die Ergebnisse messen und nachweisen, dass Energie eingespart wird.

Die Überschrift des Aktionsplans Energieeffizienz „Mehr aus Energie machen“ ist richtig.

Kollege Mindrup, Sie wurden offensichtlich erhört, nicht was die Lautstärke der Zwischenrufe betrifft,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tja, wer so was anfragt, kriegt es!)

aber die Möglichkeit des Austausches. Die Kollegin Verlinden wünscht das Wort.

Bitte.

Vielen Dank, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen. – Sie haben gerade sehr viele Projekte genannt, die es schon lange Zeit gibt und die zum Teil auch einen erfolgreichen Beitrag dazu geleistet haben, die Energieeinsparung voranzutreiben. Aber Fakt ist doch, dass Sie nach wie vor eine Lücke haben werden. Sie werden Ihr Ziel nicht erreichen, wenn Sie nicht mehr machen als das, was Sie bzw. die Union schon immer getan haben, und zusätzlich nur die Maßnahmen umsetzen, die der NAPE enthält. Das hat Ihnen doch die Expertenkommission ins Stammbuch geschrieben. Deswegen verstehe ich nicht, warum Sie nicht endlich eine Antwort auf die Frage geben, wie Sie das letzte Drittel, das noch übrig ist, einsparen wollen.

Wenn Sie in die Zukunft sehen können und hier die Rolle der Kassandra wahrnehmen wollen, dann kann ich das an dieser Stelle nicht teilen.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das sagen die Experten! Ihre eigenen Experten sagen das!)

– Nein, nein, nein. Was die Experten geschrieben haben, haben wir gelesen. Die Regierung hat klar erklärt, welche Maßnahmen notwendig sind, um das Ziel zu erreichen.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, hat sie nicht!)

– Doch.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

– An dieser Stelle könnten wir uns, glaube ich, ewig streiten. Die Regierung hat gesagt, dass die Ziele feststehen, sie hat Maßnahmen aufgeführt, mit denen man diese Ziele erreicht, und sie hat gesagt: Wir überprüfen das jährlich, und wir machen uns ehrlich.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 500 Petajoule laut NAPE! Sie wollen aber 3 500 erreichen!)

Das muss man doch zur Kenntnis nehmen. Sie haben da eine andere Auffassung; Sie nehmen das nicht zur Kenntnis. Was soll ich dazu sagen? Da kommen wir nicht zusammen.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Offenbar können Sie nicht rechnen!)

Sie müssen wissen, ob Sie Ihre Funktion als Kassandra weiterhin ausüben wollen oder nicht. Ich kann Ihnen an dieser Stelle nicht helfen. Machen Sie es doch konkreter, wenn Sie Vorschläge haben. Der Antrag, den Sie jetzt eingebracht haben, ist doch überhaupt nicht konkret.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man schon Gabriel verteidigen will, muss man besser sein!)

Ich habe ein ganz anderes Problem: Im Augenblick wird hier alles zerredet. Das führt dazu – die KfW merkt das schon –, dass es nach bestimmten Programmen keine so große Nachfrage mehr gibt

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist doch klar! Wenn man für 2016 was ankündigt, dann würde ich jetzt auch nicht sanieren!)

– nein, es geht um die bestehenden Programme zur Energieeffizienz

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das macht doch keiner!)

und zur ökologischen Sanierung und um CO 2 -Programme –, weil hier ständig davon geredet wird – daran haben auch Sie einen Anteil –, dass das alles nichts bringt.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Was soll das denn heißen? – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer regiert hier eigentlich, Herr Mindrup?)

Das ist ein Problem. Denn der Bürger weiß im Prinzip gar nicht, was er machen soll, wenn hier ständig kritisiert wird, und zwar von Ihnen und von ein paar Verirrten, die der Auffassung sind, dass man damit keinen Klimaschutz machen kann.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Hören Sie uns doch mal zu!)

Ich finde, das ist ungünstig. Das ist schlecht für dieses Land. Sie müssen sich überlegen, welche Rolle Sie hier spielen wollen. Geht es Ihnen um den Schutz des Weltklimas,

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

oder wollen Sie das aktuelle politische Klima anheizen? Ich finde, das ist ein Problem.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ja, es ist ein wirkliches Problem. Insofern hilft manchmal ein Blick in ein altes Buch. Im Lukas-Evangelium steht: Im Himmel ist mehr Freude über einen reuigen Sünder als über tausend Gerechte. – Darüber sollten Sie einmal nachdenken.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist ja albern!)

Für die CDU/CSU-Fraktion beschließt der Kollege Hansjörg Durz die Debatte.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4222579
Wahlperiode 18
Sitzung 73
Tagesordnungspunkt Energieeffizienz
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