Hansjörg DurzCDU/CSU - Energieeffizienz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „ Machen Sie mal!“,
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Wer soll das machen?)
so ähnlich lauteten die Zwischenrufe der Opposition, als wir diesen Antrag am 5. Juni hier schon einmal debattierten. In der Debatte wurden von allen Fraktionen die Notwendigkeit und die Vorteile von Energieeffizienzmaßnahmen eingehend diskutiert, und alle waren sich einig, dass Energieeffizienz ein ganz entscheidender Faktor ist, um – wir haben es heute bereits mehrfach gehört –CO 2 -Ziele zu erreichen, den Ausbau der Infrastruktur zu begrenzen, die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren und Investitionen zu fördern.
Es herrscht große Einigkeit über die Wirkung und die Bedeutung von Energieeffizienzmaßnahmen. Die Kritik „Machen Sie doch mal!“ bezog und bezieht sich darauf, dass Deutschland bei der Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie in Teilen hinterherhinkt. Die Richtlinie wurde zwar nur von ganz wenigen Ländern fristgerecht umgesetzt, von Deutschland jedoch nicht. Deshalb ist die Kritik am zeitlichen Verzug durchaus berechtigt.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)
Das bedeutet aber nicht, dass bei der Energieeffizienz in Deutschland nichts vorangegangen wäre. Deutschland ist die einzige Industrienation, in der Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch entkoppelt sind. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass wir im Jahr 2014 einen um etwa 5 Prozent niedrigeren Energieverbrauch haben werden. Diese Reduzierung des Verbrauchs ist nicht nur mit milderen Temperaturen zu erklären, sondern spiegelt auch Effekte von Energieeinsparungen und Effizienzmaßnahmen wider.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Kollege Durz, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Verlinden?
Bitte.
Herzlichen Dank. – Sie haben eben gesagt: Es ist etwas passiert im Bereich Energieeffizienz. – Man kann nicht bestreiten, dass etwas passiert ist. Aber ich frage mich trotzdem, warum wir bisher, seit 2008, erst bei 3,8 Prozent Einsparung der Primärenergie liegen, obwohl wir im Jahr 2012 immerhin bei 4,3 Prozent und 2011 bei 5,4 Prozent lagen.
Das heißt, wir hatten von 2008 bis 2011, also in diesen drei Jahren, mehr geschafft und sind dann sozusagen wieder abgefallen. Diese Frage habe ich gestern Herrn Gabriel gestellt. Er hat sie mir nicht beantwortet. Aber vielleicht weiß Herr Durz viel besser Bescheid. Vielleicht können Sie mir erklären, woran das genau liegt; denn das ist ja ein Problem.
Herr Gabriel hat die Frage sehr wohl beantwortet.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, hat er nicht!)
– Aus meiner Sicht doch, das habe ich schon so verstanden. Außerdem wollen wir ja in die Zukunft blicken, und wir wollen die Lücke, die es gibt, schließen, und dies tun wir mit NAPE, ganz einfach.
(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Antwort! Wir haben so viel gemacht, und es wird trotzdem schlechter!)
Dennoch: Um die Energiewende zum Erfolg zu führen und die Klimaschutzziele zu erreichen – wir haben darüber bereits heute in der Aktuellen Stunde diskutiert –, müssen wir deutlich größere Anstrengungen unternehmen. So haben die Redner der Koalitionsfraktionen auf dieses „Machen Sie mal!“ am 5. Juni mit dem Hinweis reagiert, dass die Regierung an einem Aktionsplan arbeitet.
Gestern hat das Kabinett nun „gemacht“ und den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz beschlossen. Darin sind Maßnahmen und Ziele formuliert, die es ermöglichen, die nationale Einsparverpflichtung aus der EU-Energieeffizienzrichtlinie vollständig sicherzustellen, und das – was für uns und für die Umsetzung sehr wichtig ist – mit einem Programm, welches die Potenziale auf der Basis von Wirtschaftlichkeit und Freiwilligkeit durch Anreize und nicht durch Zwang heben wird. Wir halten es für absolut richtig, dass im NAPE klar formuliert wurde, dass neue ordnungsrechtliche Vorgaben nicht vorgesehen sind.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Stattdessen wollen wir einen Weg gehen, der Verbraucher, Haushalte und Unternehmen motiviert, freiwillig vorhandenes Effizienzpotenzial zu heben. Dabei ist eine Fülle von Maßnahmen und Initiativen geplant. Drei Schwerpunkte möchte ich kurz herausgreifen.
Erstens. Die Industrie hat sich verpflichtet, in Selbstverantwortung 500 Energieeffizienznetzwerke aufzubauen, um ihre Potenziale zu heben. Dazu haben bereits gestern insgesamt 18 Verbände und Organisationen eine entsprechende Vereinbarung mit der Bundesregierung unterzeichnet. Bis zur Umsetzung ist sicher noch ein Wegstück zu gehen, aber die Wirtschaft hat gestern ihre Offenheit und ihre Bereitschaft, sich beim Thema Energieeffizienz zu engagieren, deutlich dokumentiert und trägt mit diesen Netzwerken das Thema ins Land. Das ist allemal besser, als wenn dies durch staatliche Vorgaben auferlegt wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zweitens. Die besten Effizienzpotenziale sollen durch wettbewerbliche Ausschreibungen identifiziert und unterstützt werden. Wir bedienen uns hier ganz bewusst der Suchfunktion des Marktes, um kostenoptimal Einsparpotenziale zu aktivieren, und hinterlegen diese Maßnahmen mit entsprechend aufwachsenden Fördervolumina von bis zu 150 Millionen Euro im Jahr 2018 – ein innovatives Instrument, das Innovationen fördern wird.
Drittens. Wir werden durch verschiedene Maßnahmen die energetische Gebäudesanierung im kommunalen, gewerblichen und privaten Bereich bei Nichtwohngebäuden und bei Wohngebäuden deutlich vorantreiben. Die Ausweitung der bestehenden Gebäudesanierungsprogramme um zusätzlich 200 Millionen Euro auf künftig 2 Milliarden Euro jährlich ab 2015 ist eine ganz konkrete Maßnahme.
Weitere Potenziale wollen wir durch die Möglichkeit der steuerlichen Abschreibung aktivieren; denn durch steuerliche Anreize im Bereich der Gebäudesanierung können wir nicht nur erhebliche Fortschritte bei der Energieeffizienz und beim Klimaschutz erreichen, sondern auch ein Konjunkturprogramm für den Mittelstand und für das Handwerk auflegen und vor allem private Investitionen anreizen. Haushaltsmittel sind zwingende Voraussetzung für den Anreiz von Maßnahmen,
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Genau! Und was ist letzte Woche passiert?)
führen aber noch nicht zur Umsetzung. Ein Blick auf die aktuelle Situation belegt dies: Die Anzahl der geförderten Wohneinheiten beim energetischen Sanieren konnte von 2012 bis 2013 zwar von 240 000 auf 275 000 gesteigert werden, diese Zahl wird aber 2014 nur schwer zu erreichen sein. Im Bundeshaushalt stehen für energetische Gebäudesanierungen zwar Mittel in Höhe von 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung,
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Cent mehr!)
allerdings wird voraussichtlich nur circa 1 Milliarde Euro abgerufen. Dies hat drei Gründe: erstens das Zinsniveau, zweitens hat die Einführung der Zuschüsse zu einem Rückgang der Darlehen geführt, was sich auf das Volumen auswirkt, und drittens – das ist die entscheidende Komponente – wird seit einiger Zeit darüber diskutiert, ob es steuerliche Vergünstigungen bei der energetischen Sanierung geben wird. Auf diese Entscheidung warten viele Menschen. Es ist vorhin schon angeklungen: Verunsicherung ist am schlechtesten für die Energieeffizienz.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass eine schnelle Einigung zwischen Bund und Ländern zu steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten zustande kommt. Zunächst wird dies zu Steuerausfällen bei Bund, Ländern und Gemeinden führen. Da wir mit dieser Maßnahme aber ein Konjunktur- und Investitionsprogramm anschieben, werden diese in den Folgejahren weit überkompensiert. Eigentlich müssten dabei alle mitmachen. Als die steuerlichen Abschreibungen von energetischen Sanierungen zuletzt auf der Tagesordnung standen, wurden diese von einigen Ländern im Bundesrat blockiert.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Allen!)
Gestern wurden die steuerlichen Abschreibungen im Kabinett beschlossen. Die Unionsfraktion steht hinter diesen Anreizen. Es liegt nun an den Ländern und somit auch an den Grünen, ob wir diese Potenziale heben können oder nicht.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber auch an den Unionsländern! Es gibt davon ja noch ein paar!)
Deshalb rufe ich Ihnen heute zu: Machen Sie mal!
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4222631 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 73 |
Tagesordnungspunkt | Energieeffizienz |