Frank SchwabeSPD - Doha-Änderung des Protokolls von Kyoto
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf die Klimakonferenz in Lima zu sprechen komme, muss ich leider zu einem unerfreulichen Vorgang Stellung nehmen: Das ist der Affront, der Mitgliedern des Deutschen Bundestages entgegengebracht wurde, als sie vor der Klimakonferenz in Lima nach Ecuador reisen wollten, um sich dort mit Projekten des Klimaschutzes, des Regenwaldschutzes zu beschäftigen.
Ich glaube – ich hoffe es zumindest –, es ist wirklich ein einmaliger Vorgang, dass eine Regierung einer Delegation des Deutschen Bundestages die Einreise verweigert. Am Ende ist das ein Eigentor für Ecuador. Es war keine gute Werbung vor der Klimakonferenz in Lima. Dieses Einreiseverbot war vor allen Dingen deswegen völlig absurd, weil wir, Deutschland, ein Land sind, das eigentlich eine sehr enge Zusammenarbeit in Entwicklungs- und Klimafragen mit Ecuador pflegt. Insofern müssen wir, der Deutsche Bundestag, dieses Einreiseverbot ganz heftig verurteilen und sagen, dass das wirklich ein Verfahren ist, das für uns absolut unakzeptabel ist.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich komme zur Klimakonferenz in Lima. Deutschland wird mit Rückenwind nach Lima fahren, Barbara Hendricks, die Bundesumweltministerin, vorneweg. Wir werden nach einigen Jahren, in denen die Entwicklung ein bisschen mau war, in Lima wirklich ein belebendes Element sein. Das hat etwas damit zu tun, dass das Kabinett gestern das Klimaaktionsprogramm beschlossen hat.
Weil es so schön ist, darf ich zitieren – die Ministerin hat es heute schon gemacht –, und zwar den Kommentar von Malte Kreutzfeldt in der taz. Er hat gesagt:
Germanwatch hat kommentiert:
Oder:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das 40-Prozent-Ziel steht, und wir haben einen Plan, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Ich glaube, das ist ein wichtiges Signal, das wir nach Lima mitnehmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es gibt im Übrigen noch ein gutes Signal, das wir nach Lima mitnehmen: dass der Grüne Klimafonds mittlerweile ein Volumen von knapp 10 Milliarden US-Dollar hat. Das ist nicht Deutschland allein zu verdanken; aber der Impuls dafür, dass es zu diesem Volumen von knapp 10 Milliarden US-Dollar gekommen ist, ist von Deutschland ausgegangen. Ich glaube, auch das muss man lobend erwähnen.
Es gibt zwei positive Aspekte, mit denen wir Deutsche mit Barbara Hendricks an der Spitze Richtung Lima fahren können: Barbara Hendricks ist eine Frau, die nüchtern die Politikthemen beackert, die sie zu beackern hat. Aber sie macht das auf konsequente Art, und sie hat Deutschland innerhalb eines Jahres wieder auf internationalen Klimakurs gebracht, und das ist gut so.
(Beifall bei der SPD)
Ich will zur Klimakonferenz in Lima im Besonderen, aber auch im Allgemeinen etwas sagen. Ich möchte noch einmal die taz zitieren, in diesem Fall Bernhard Pötter, der mir mit einem Essay mit dem Titel Besser als ihr Ruf – ich empfehle sehr, ihn zu lesen – aus der Seele gesprochen hat. Ich möchte eine Passage daraus zitieren:
Ich will das wirklich dreimal unterstreichen, bei aller Kritik, zu der auch wir immer wieder beitragen, weil wir von solchen Konferenzen natürlich immer noch mehr erwarten. Würde es sie genau in diesem UN-Format nicht geben, müsste man sie jetzt erfinden. Insofern ist es gut, dass die Klimakonferenz in Lima stattfindet.
Aber es ist natürlich schwierig, die Welt zu verändern. Über nichts anderes reden wir: Wir reden darüber, dass wir die Volkswirtschaften von mindestens 192 Staaten, deren Vertreter an den Klimakonferenzen immer wieder teilnehmen, verändern wollen. Es geht um eine Veränderung der Lebensgrundlagen. Für manche soll das Althergebrachte infrage gestellt werden. Andere fragen sich, ob sie mit dem, was wir auf Klimakonferenzen beschließen, ein ordentliches Entwicklungsmodell haben können. Angesichts all dessen haben wir eine unglaubliche Dynamik geschaffen:
Es gibt in China und in den Vereinigten Staaten jetzt die Bereitschaft, Verpflichtungen einzugehen. Es gibt das EU-2030-Klima-und-Energiepaket. Das hätten wir uns sicherlich ambitionierter gewünscht – aber immerhin. Es gibt Einzelbeiträge vieler Staaten, auch von Entwicklungsländern. Außerdem gibt es in Deutschland das untermauerte 40-Prozent-Ziel. Deswegen haben die SPD und auch ich die große Hoffnung, dass wir 2015 in Paris ein Abkommen erleben werden, das die Erreichung des 2-Grad-Ziels international noch möglich macht.
Das, was wir erleben, ist, dass wir Investments haben weg von fossilen Energien. Das, was bei Eon und bei Vattenfall passiert, ist nicht singulär, sondern das passiert weltweit. Wir haben eine unglaubliche Dynamik bei den erneuerbaren Energien. 2013 war bereits das Wendejahr, es war das Jahr, in dem wir bei den erneuerbaren Energien einen höheren Zubau als bei den konventionellen Energieträgern inklusive Atom hatten – bereits im Jahr 2013!
(Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nachlesbar ist das im Übrigen im manager magazin. Ich empfehle das allen Wirtschaftspolitikern, die in den letzten Stunden und Tagen das Klimaaktionsprogramm kritisiert haben. Sie müssen sich genau angucken, was eigentlich weltweit passiert, und müssen überlegen, ob sie mit ihrer Wirtschaftspolitik eigentlich noch auf der Höhe der Zeit sind. Ich glaube, bei einigen ist das nicht der Fall.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])
Ich will einen kritischen Satz zu dem sagen, was aus meiner Sicht zu dieser Wende nicht gehört, und das ist das, was in der Europäischen Union zumindest droht: Wir werden demnächst Öl aus Teersanden – nicht nur aus Kanada, aber auch aus Kanada – in die Europäische Union bekommen. Das Ganze ist wirklich ein Frevel am Klimaschutz, ein Frevel am Naturschutz. Wir müssen alles versuchen, damit dieser Frevel innerhalb der Europäischen Union nicht stattfindet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen nach Lima wirklich diese Dynamik mitnehmen und untermauern. Wir müssen in Lima unsere Hausaufgaben machen, um zu einer guten Vorarbeit für das Abkommen in Paris 2015 zu kommen. Wir müssen dafür sorgen und intonieren, dass auch die G 7 ihren Beitrag leisten. Wir alle hier miteinander im deutschen Parlament, denke ich, werden dazu beitragen, Angela Merkel im nächsten Jahr wieder auf den Stuhl der Klimakanzlerin zu rücken,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu rücken? – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir hoffen, die bewegt sich auch selber dahin!)
sodass wirklich die zentralen Impulse auch für Paris von der G-7-Präsidentschaft ausgehen.
Ich will zum Schluss sagen, dass es in Lima auch darum geht, Vertrauen zu schaffen. Es geht darum, Vertrauen zu schaffen, weil der Klimawandel bereits Realität ist, nicht nur bei uns – ich glaube, das kann man mittlerweile sehen –, sondern vor allen Dingen in den ärmsten Staaten der Welt. Ich will den Klima-Risiko-Index von Germanwatch erwähnen – vielleicht wird er gleich noch ein paarmal genannt – und nur die zehn am stärksten betroffenen Länder aufführen. Das sind Honduras, Myanmar, Haiti, Nicaragua, die Philippinen, Bangladesch, Vietnam, die Dominikanische Republik, Guatemala und Pakistan. Diese Staaten leiden am meisten darunter, wie wir in der Vergangenheit wirtschaftlich gearbeitet und Energie erzeugt haben.
Deswegen ist es ganz wichtig, bei ihnen Vertrauen aufzubauen, ihnen zu helfen, Entwicklungsmodelle zu erarbeiten, die Klimaschutz und Entwicklung vereinbar machen, ihnen zu helfen, Anpassungsmechanismen zu entwickeln, und mit ihnen auch darüber zu reden, wie man das Thema „Loss and Damage“ regelt. Es geht also darum, wie man die Schäden, die schon aufgetreten sind, beheben kann. Wenn wir das als Paket in Lima auf den Weg bringen, dann, glaube ich, wird das eine gute Konferenz.
Ein herzliches Glückauf!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als nächste Rednerin hat die Kollegin Eva Bulling- Schröter das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4222993 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 73 |
Tagesordnungspunkt | Doha-Änderung des Protokolls von Kyoto |