05.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 74 / Tagesordnungspunkt 27

Henning OtteCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Afghanistan (RSM)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Ende des Jahres 2014 endet nach 13 Jahren der Kampfauftrag im Rahmen der ISAF-Mission. Damit geht für die Bundeswehr eine erfolgreiche Arbeit zu Ende, und für Afghanistan beginnt ein weiterer Abschnitt eines langen Weges hin zu einem Land mit einer guten Perspektive. Auf diesem Weg werden wir Afghanistan auch in Zukunft begleiten.

Deutschland übernimmt weiter Verantwortung und stärkt die afghanische Regierung wie auch die afghanischen Sicherheitskräfte durch Ausbildung sowie militärische und strategische Beratung. Mit der Nachfolgemission Resolute Support bringen wir heute einen weiteren Baustein dafür auf den Weg. Die Bundeswehr hat einen maßgeblichen Beitrag dazu geleistet, dass wir den Übergang von der ISAF-Mission, von einer robusten Mission, zu einer eher im Hintergrund sich abspielenden Mission, nämlich Resolute Support, erfolgreich gestalten.

Lassen Sie mich zunächst eine Rückschau halten, bevor ich dann den Blick in die Zukunft richte.

Zuallererst möchte ich mit großem Respekt und aus tiefstem Herzen Danke sagen: allen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, den Mitgliedern der Bundespolizei, den zivilen Mitarbeitern und allen Angehörigen, die in den vergangenen 13 Jahren dazu beigetragen haben, diesen bisher schwersten Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr so erfolgreich zu gestalten. Sie haben der Verantwortung, die Deutschland mit seinem Engagement übernommen hat, ein Gesicht gegeben.

Im Dienst für uns alle, für die Sicherheit hier in Deutschland und für die Sicherheit in Afghanistan haben unsere Männer und Frauen in Uniform schwere Entbehrungen auf sich genommen. Es gibt wohl keinen unter ihnen, der in dieser Zeit nicht die Geburt oder die Einschulung eines Kindes oder die Hochzeit des besten Freundes verpasst hat; Augenblicke, die sich nicht nachholen lassen. Stattdessen hat man Dienst getan als Spähtruppführer in einem Fennek, als Mechanikerin an einem Hubschrauber oder als Sanitäter in einem Lazarett. Für die meisten von ihnen ist diese Arbeit mehr als ein Beruf: Es ist ein Dienst für unser Land, ein Dienst an unserer Gesellschaft. Dafür gebührt ihnen unser Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

55 dieser Soldaten haben diesen Dienst für uns mit dem Leben bezahlt. Viele weitere sind an Körper und Seele verwundet worden. Den Hinterbliebenen spreche ich mein tiefempfundenes Mitgefühl aus. Der Toten der Bundeswehr gedenken wir am Ehrenmal der Bundeswehr im Verteidigungsministerium und im „Wald der Erinnerung“ am Standort des Einsatzführungskommandos in Potsdam. Es ist gut, dass wir ebenfalls darüber diskutieren, wo wir eine Würdigung im parlamentarischen Raum ermöglichen können, um der Tatsache Ausdruck zu verleihen, dass es sich um eine Parlamentsarmee handelt. Diese Gedenkstätten ergänzen sich gegenseitig und dokumentieren die gemeinsame Verantwortung von Legislative und Exekutive.

Erinnern wir uns: Afghanistan war als Staat zerfallen – Außenminister Steinmeier hat das dargestellt –; die Taliban herrschten mit einem Schreckensregime, unter dessen Mantel die Terroristen der al-Qaida eine Heimat gefunden hatten; von hier aus wurden die Anschläge des 11. September 2001 geplant; das Wertesystem der westlichen Welt wurde von afghanischem Boden aus angegriffen. Dagegen mussten wir uns gemeinsam wehren. Damit sich solche Angriffe nicht wiederholen, mussten wir den Terroristen deren Unterschlupf und Nährboden nehmen und gleichzeitig das afghanische Volk wieder in die Lage versetzen, ein staatliches Gewaltmonopol aufzubauen und eine friedliche, zivile Perspektive zu entwickeln.

Vieles davon ist in den letzten Jahren gelungen. Es ist gelungen, die Terroristen der al-Qaida zurückzudrängen. Das militärische Eingreifen der Staatengemeinschaft war die Voraussetzung dafür. Es ist aber auch eine notwendige Voraussetzung für Bildung, für Staatlichkeit, für zivile Strukturen; Staatssekretär Silberhorn hat das noch einmal verdeutlicht. Dies hat der damalige Verteidigungsminister, Dr. Jung, frühzeitig erkannt und mit dem Begriff der vernetzten Sicherheit im letzten Weißbuch der Bundeswehr festgeschrieben. Das Militär bildet eben oftmals die Voraussetzung und den notwendigen Sicherheitsschirm, unter dem sich diese Maßnahmen dann entwickeln können.

Das Gesamtergebnis kann sich sehen lassen. Natürlich gibt es in Afghanistan noch viel zu tun. Natürlich ist Afghanistan noch nicht am Ziel. Aber vieles ist jetzt gut, und vieles ist besser geworden in Afghanistan.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Bärbel Bas [SPD])

Wir sehen eine neue Generation von jungen Afghanen heranwachsen, die erstmals eine Perspektive für ein gutes Leben haben und mehr aus sich und dem eigenen Land machen können. Der Torhüter des Fußballvereins VfB Oldenburg heißt Mansur Faqiryar. Er ist in seiner Heimat ein Held. Er ist Torhüter der afghanischen Fußballnationalmannschaft, und die Afghanen sind ein fußballbegeistertes Volk. Mansur erzählte mir hier in Berlin, dass es noch nicht lange her sei, dass im Stadion von Kabul junge Frauen gesteinigt worden seien. Heute wird dort wieder Fußball gespielt. Erstmals seit Jahrzehnten können Mädchen und Frauen zur Schule oder zur Universität gehen. Insbesondere sie waren vollkommen entrechtet und abgeschnitten von jeglicher Hoffnung und Würde. Dazu, dass das besser geworden ist, hat auch der Einsatz der Bundeswehr einen wesentlichen Beitrag geleistet. – Das sollten auch Sie als Linke zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Weg zu einer freien Gesellschaft ist lang; aber jeder Schritt lohnt sich, denn es ist ein Schritt hin zu einer besseren Welt. Deutschland hat bewiesen, dass Verantwortung nicht nur ein Wort ist. Deutschland hat sich dazu bekannt, Verantwortung in diesem Sinne in der Welt zu übernehmen. RSM ist ein Beleg dafür, dass diese Verantwortung nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern Ausdruck eines Weges hin zu einem stabilen Afghanistan. Das machen wir nicht allein, sondern immer in Zusammenarbeit mit Freunden und Partnern.

Das Mandat umfasst 850 Soldaten. Damit folgen wir der militärischen Empfehlung und schaffen einen angemessenen Personalrahmen für unsere Aufgaben in Afghanistan. Eingesetzt sind die deutschen Soldaten im Norden von Afghanistan und in der Hauptstadt. Der Schwerpunkt des Auftrags liegt in der Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte sowie der Regierung. Außerdem haben wir die Fähigkeit, uns anvertraute Menschen vor Bedrohung zu schützen und zu befreien. – Herr Dr. Schmidt, da das in dem Mandat sehr konkret abgebildet ist, habe ich Ihre Eingabe nicht verstanden. – Wir unterhalten einen militärischen Flugbetrieb, auch zur Rettung Verwundeter, mit den CH-53- Hubschraubern.

Herr Otte, erlauben Sie eine Frage oder Bemerkung von Christian Ströbele?

Ich würde gerne diesen Ansatz weiter ausführen, auch angesichts der Redezeit, die mir noch zur Verfügung steht.

Zusammengefasst kann man sagen: Wir unterstützen einen dreigliedrigen Ansatz, den wir in der NATO für Afghanistan entwickelt haben:Erstens. Kurzfristig tragen wir dazu bei, dass die Fähigkeiten der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte durch Ausbildung und durch Beratung ausgebaut werden. Zweitens. Mittelfristig leisten wir einen Beitrag mit der NATO zum Erhalt der afghanischen Sicherheitskräfte. Drittens will die NATO langfristig mit Afghanistan ein dauerhaftes Partnerschaftsabkommen eingehen.

Fazit: In den vergangenen 13 Jahren konnten in Afghanistan viele Verbesserungen erreicht werden. Afghanistan ist noch lange nicht am Ziel. Insbesondere die Regierung um Präsident Ghani ist aufgefordert, einen Weg der Stabilität und Sicherheit und auch der Versöhnung konsequent zu gehen. Mit RSM gehen wir als Teil der Staatengemeinschaft diesen Weg konsequent mit. Das ist Teil unserer Verantwortung, die die deutsche Außenpolitik in der Welt wahrnimmt.

Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr tragen eine Hauptlast dieses Auftrags mit dem neuen Mandat. Deswegen werbe ich dafür, dass wir eine breite Unterstützung im Deutschen Bundestag für dieses Mandat erteilen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank, Henning Otte. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Christian Ströbele.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Hat er wieder keine Redezeit bekommen?)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4226826
Wahlperiode 18
Sitzung 74
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Afghanistan (RSM)
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