Bernd WestphalSPD - Stromsperren
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Linken ist sicherlich berechtigt. Das wird deutlich, wenn man sich die Zahlen anschaut, auf die meine Vorredner schon eingegangen sind: 345 000 Stromabstellungen dürfen die Politik nicht kaltlassen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deshalb ist es gut, dass wir Gelegenheit haben, über dieses Thema zu reden. Wir reden darüber übrigens nicht zum ersten Mal. Der Antrag wurde, wie meine Vorredner bereits gesagt haben, schon in der letzten Legislaturperiode vorgelegt.
Wir sollten nach den Ursachen für diese Situation fragen und überlegen, welche Lösungswege wir den Menschen aufzeigen können. Wenn es um die Frage nach den Ursachen geht, muss man auch berücksichtigen, wie wir das wichtige Thema Energiewende gestalten. Wir haben drei energiepolitische Ziele. Dabei geht es um die Umwelt, um Versorgungssicherheit und vor allen Dingen um die Bezahlbarkeit. Doch an dieser Stelle fehlt die soziale Balance; das machen die Zahlen deutlich. Wir müssen darauf achten, dass wir Energie und Strom für private Haushalte bezahlbar halten. Wenn es um die Energiewende geht, müssen wir die soziale Balance im Auge behalten.
Wie können Lösungen aussehen? In Deutschland ist es nicht so, dass wir Menschen mit diesem Problem alleinlassen. So unsozial sind wir nicht. Hier ist ja schon gesagt worden, dass wir eine ganze Reihe von sozialen Sicherungssystemen haben, die greifen, wenn Menschen in Not geraten. Ich glaube, wir sollten nicht nur, wie im Antrag gefordert, den Strom einfach weiter liefern, wenn eine Zahlungsunfähigkeit festgestellt wird, sondern schauen, wie wir dieses Problem in Gänze bearbeiten können. Es gibt viele Kommunen, die dieses Thema vorbildlich angehen. In Lübeck zum Beispiel setzen sich soziale Einrichtungen gemeinsam mit dem Energieversorger mit den Betroffenen auseinander, sobald eine Rechnung nicht bezahlt werden kann, und suchen nach Lösungsmöglichkeiten. Ich glaube, dass die Probleme, warum die Rechnung nicht bezahlt wird, vielschichtig sind, dass man aber, wenn man den Kontext berücksichtigt und den Menschen hilft, dieses eine Problem anzupacken, eine Lösung finden kann.
Denn was würde passieren, wenn Strom weiter geliefert würde, obwohl die Rechnung nicht bezahlt wird? Die Ursachen würden damit nicht behoben. Deshalb, glaube ich, brauchen wir ein Frühwarnsystem und vor Ort Strukturen, bestehend aus dem Energieversorger, den Sozialbehörden und sozialen Einrichtungen, die es erlauben, herauszufinden, woher die Bedürftigkeit kommt und welche Ursachen dazu führen, dass die Stromrechnung nicht bezahlt werden kann.
Wie könnte ein solches Frühwarnsystem aussehen? Es gibt im Grunde genommen schon heute ein mehrstufiges Verfahren. Zunächst werden Mahnungen verschickt. Vier Tage bevor es zu einer Stromabschaltung kommt, wird das den Betroffenen angezeigt. Das sollte man aufgreifen. Bevor es zu einer Stromabschaltung kommt, sollten Berater die betroffenen Haushalte aufsuchen und eine Beratung durchführen. Dazu zählen auch Dinge wie Energieberatung, Anregungen, wie man Strom sparen kann und wie es zukünftig gelingen kann, regelmäßig seine Stromrechnung zu bezahlen.
Ich denke, wir haben eine ganz gute gesetzliche Regelung, die einem solchen Verfahren entgegenkommt. Vielleicht bietet der Antrag die Möglichkeit, dass wir konstruktiv an dieses Thema herangehen und es im Ausschuss beraten. Dann sollten wir prüfen, ob die Instrumente ausreichen oder nicht.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4227046 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 74 |
Tagesordnungspunkt | Stromsperren |