17.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 75 / Zusatzpunkt 1

Martin PatzeltCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu Folter durch die USA und Folgen für den Kampf um Menschenrechte

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! In der Debatte ist bereits so viel zu den ungeheuerlichen Vorgängen gesagt worden, so viele Argumente genannt und entsprechende Konsequenzen verlangt worden, dass ich mich all dem nur nachdrücklich anschließen kann. Wer von uns würde angesichts dieses Berichts anderes sagen? Es ist wohltuend, dass wir uns hier interfraktionell einig sind.

Ich will das eine oder andere nicht verstärken, sondern den Blick auf uns selber richten. Ich bin besonders unserer neuen Kollegin dankbar, deren ganzer Rede ich vorbehaltlos zustimme. Wie steht es bei uns um die Wurzel der Menschenrechte? Die Menschenrechte haben eine lange Entwicklung erlebt. Es ist ja nicht so, dass wir heute diejenigen sind, die die Menschenrechte erfunden haben und bewahren müssen. Vielmehr haben wir als deutsches Volk in unserem Umgang mit Menschenrechten leidvoll erfahren, wie schnell ein Volk in die Situation kommen kann, Menschen industriemäßig zu vernichten. Das hat dazu geführt, dass wir in Auswertung dieser furchtbaren Erfahrungen und des Leides, das wir über die Menschen gebracht haben, neue Wege gegangen sind.

Nun dürfen wir die Menschenrechte und unseren Kampf gegen die Folter aber nicht wie eine Monstranz vor uns hertragen. Laut Amnesty International wird an fast allen Orten der Welt gefoltert, in 140 Ländern; meine Vorredner haben darauf aufmerksam gemacht. Ich will Sie dafür gewinnen, dass wir diese Entwicklung als einen Prozess sehen, in den wir uns mit aller Kraft, mit all unserer historischen Erfahrung und mit den Werten, die wir daraus gewonnen haben, hineinbegeben und darauf drängen, dass alle Vergehen, die juristisch irgendwie zu fassen sind, sei es auch vor dem Internationalen Gerichtshof, zur Anklage gebracht werden. Gleichzeitig aber müssen wir uns die Frage stellen: Wie schnell kommen Menschen in die Situation, aus Opportunismus oder aus Gründen der Zweckmäßigkeit den Einsatz von Mitteln zu bejahen, die mit dem Menschenrecht, so wie wir es verstehen, nicht vereinbar sind?

In den USA hat die Mehrheit der Amerikaner nach den traumatischen Erfahrungen des 11. September gesagt – meine Vorredner haben darauf aufmerksam gemacht –: Ja, wenn dadurch Menschenleben gerettet werden können, ist auch Folter gerechtfertigt. – Was auch immer sich hinter diesem Begriff verbirgt und was sich jeder dazu ausmalt. Der damalige Präsident Bush hat das ausdrücklich bestätigt und gesagt: Ja, wenn wir Menschenleben retten können, dann ist auch Folter gerechtfertigt.

Der Fall in Deutschland, auf den Bezug genommen wurde, der Fall Jakob von Metzler, war ähnlich. Ich kann mich noch gut entsinnen, dass die Menschen in meiner Umgebung gesagt haben, das sei doch richtig gewesen, und gefragt haben, warum dieser Polizist aufgrund seiner Verhörmethoden bestraft werde. Dieser Polizist ist zu Recht bestraft worden – Herr Trittin hat das noch einmal sehr deutlich gemacht –, weil wir einen Wert verteidigen, den wir uns mühsam erworben haben.

Wer sagt, der Zweck heilige die Mittel, und wer das unterstützt, der ist bald wieder am Ende.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

Ja, es ist wahr. Wir haben eine Demokratie, die wir uns „erlitten“ haben. Deshalb haben wir diese Demokratie jeden Tag zu behüten. Sie haben das sehr deutlich gesagt. Wenn wir nicht darauf achten, dann sind wir gleich wieder an einer anderen Stelle. Schauen wir uns einmal in unserem Land um. Denken wir einmal an die Vorgänge in den Flüchtlingsheimen in Nordrhein-Westfalen. Der zuständige Polizeipräsident sagte dazu: Diese Bilder erinnern mich an Guantánamo. Das ist alles nicht so weit weg.

Wir müssen Sorge tragen, dass wir die Menschenrechte in unserem Land nicht nur vom Gesetz her bejahen. Eine Regierung kann schnell wechseln. Es geht immer um Mehrheiten. Ein Wert, den wir mit dem Grundgesetz verteidigen, kann sich ändern, wenn sich zwei Drittel anders aussprechen. Auch damit haben wir unsere historischen Erfahrungen. Wir müssen versuchen, überall Anschluss zu finden und die Menschen für die Überzeugung zu gewinnen, dass diese Rechte uns allen eine glückliche Zukunft schenken. Sie sind kein Wert an sich, sondern der Garant dafür, dass wir in Frieden und Wohlstand und in einer guten Entwicklung miteinander leben können.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Kollegin Ulla Schmidt spricht jetzt für die SPD.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4287286
Wahlperiode 18
Sitzung 75
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Folter durch die USA und Folgen für den Kampf um Menschenrechte
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