Sebastian HartmannSPD - Aktuelle Stunde zur Kritik an der Infrastrukturabgabe
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allen Dingen liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, den Linken und den Grünen! Sie sind heute sehr hoch auf den Baum geklettert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das hat unter dem Strich mehr Nachteile als Vorteile. Zum einen ist oben das Geäst sehr dünn. Es besteht Bruch- und Absturzgefahr.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die SPD gewandt: Da sind Sie im Moment!)
Wie wir hören konnten, muss man zum anderen, wenn man oben steht, Herr Krischer, sehr laut schreien, damit man Sie unten auch versteht.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wer am lautesten schreit, hat selten recht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie haben uns nicht nur heute, sondern auch im letzten Bundestagswahlkampf überrascht, als Sie wenige Wochen vor der Wahl die grüne umfassende Pkw-Maut für alle gefordert haben, die satellitengestützt erhoben werden soll, mit folgendem feinen Unterschied: Sie hätten, im Gegensatz zu den Vorschlägen, die wir jetzt im Koalitionsvertrag haben, alle Autofahrer sozial ungerecht belastet. Das ist Fakt, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wenn man das macht – was man tun kann –, dann gibt es die einen, die für die Steuerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur sind, und die anderen, die für die vollständige Nutzerfinanzierung sind. Dann kann man sich aber nicht zum Retter der deutschen Autofahrerinnen und Autofahrer aufschwingen und hier etwas vormachen. So funktioniert das nicht. Man wird an Worten und Taten gemessen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])
– Ja, natürlich. Warten Sie doch einmal ab.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie finden das gut?)
– Wissen Sie schon, was ich sagen werde?
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wissen Sie denn, was Sie sagen?)
– Das weiß ich sehr genau, lieber Herr Hofreiter. Ich habe mich doch vorbereitet. Warten Sie einmal ab.
Anlass der heutigen Aktuellen Stunde ist die Haltung der EU-Kommission zu den Vorschlägen einer Infrastrukturabgabe in Deutschland. Das ist der Punkt, den Sie heute zum Anlass genommen haben. Ich möchte aber an den Ausgangspunkt zurückgehen. Wir beraten heute ein Gesetzesvorhaben, das nach einem langen Prozess gestern und vorgestern durch den Kabinettsbeschluss zu dem Entwurf geführt hat, den wir jetzt beraten können. Wir stehen gar nicht am Ende dieses Prozesses. Ihre Aufregung ist dementsprechend unangemessen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)
Wir stehen am Anfang eines parlamentarischen Beratungsverfahrens. Das werden wir auch nutzen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon mal eine Ansage!)
Wir als SPD haben es doch auch formuliert: Wir haben Fragen und offene Punkte. Die werden wir in diesem Verfahren entsprechend klären.
(Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Das ist schon mal was!)
Wir brauchen auch nicht drum herumzureden: Die Pkw-Maut war kein Herzensanliegen der SPD. Das haben wir nicht in den Mittelpunkt unserer Koalitionsverhandlungen gestellt. Bei uns waren es Punkte wie gute Arbeit, Mindestlohn, soziale Sicherung, Rente mit 63, Mietpreisbremse zum Schutz der Mieterinnen und Mieter, Gleichstellung von Mann und Frau. Das alles sind Punkte, die wir in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt haben.
(Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt müssen Sie den Preis bezahlen!)
Bei der Pkw-Maut haben wir klare Bedingungen formuliert. Wir haben auch klare Konditionen formuliert, die man sehr gut als Leitplanken benutzen kann, um in diesem Prozess weiter voranzukommen.
(Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Jetzt hören Sie doch einmal zu. – Wir sind am Anfang des Verfahrens. Wir werden noch eine Menge zu diskutieren haben. Sie haben schon einmal eine Aktuelle Stunde beantragt – sie fand am 6. November statt –, ohne dass es einen konkreten Gesetzesvorschlag gab, ohne dass ein Konzept vorgelegt worden ist. Das war im luftleeren Raum. Dementsprechend muss man jetzt ein wenig abrüsten und sich an den konkreten Vorschlägen abarbeiten – nicht mehr und nicht weniger.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Europarechtskonformität, die Sie zum Hebel machen, ist nur ein einziges Kriterium. Jedes Gesetz muss mit dem geltenden Recht und der Verfassung konform sein – auch mit dem EU-Recht. Das ist doch nichts Neues hier im Haus; das kennen Sie doch.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für Ihre Große Koalition scheint das schon neu zu sein! Warum halten Sie sich nicht daran?)
Wir haben andere Punkte formuliert, die weitergehen als das, was die Grünen verlangt haben. Wir werden verhindern, dass ein deutscher Autofahrer oder eine deutsche Autofahrerin überhaupt stärker belastet wird; das steht im Koalitionsvertrag.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum schreiben Sie es dann nicht ins Gesetz?)
Und: Die Maut muss auch vernünftig sein.
(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie muss tatsächlich einen Beitrag zur Finanzierung der deutschen Verkehrsinfrastruktur leisten.
(Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Wenn Sie es nicht glauben, dann lesen Sie doch den Koalitionsvertrag. Da haben wir es hineingeschrieben.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt eine Versenkung dieses Gesetzentwurfs, wenn Sie sagen: Die Maut muss auch vernünftig sein!)
Das sind die Kriterien, nach denen die SPD diesen Prozess in den nächsten Monaten organisieren wird.
Ich wünsche uns allen eine gute Beratung. Ich freue mich auf die Sachverständigenanhörung.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wir auch!)
Ich freue mich auf die guten Beratungen im Ausschuss. Ich habe mich gestern schon auf die Ausschusssitzung gefreut. Leider haben Sie von den Grünen keine Fragen gestellt, sondern eine ganz kurze Runde gemacht. Das ist für Sie nicht so top gelaufen. Also: Vorsicht an der Bahnsteigkante!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Insofern sage ich noch etwas: Wir werden am Ende des Prozesses sehen, wo wir stehen.
Kollege Hartmann.
Ich weiß, die Zeit läuft ab.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, die Zeit läuft ab!)
Ich möchte mir nicht nehmen lassen, Ihnen eine frohe und besinnliche Weihnachtszeit und ein gutes neues Jahr zu wünschen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Der Kollege Steffen Bilger hat das Wort für die CDU/ CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4292298 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 76 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Kritik an der Infrastrukturabgabe |