18.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 76 / Zusatzpunkt 5

Steffen BilgerCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Kritik an der Infrastrukturabgabe

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Zunächst einmal vielen Dank, dass wir einmal mehr die Gelegenheit haben, über die Pkw-Maut, die Infrastrukturabgabe zu diskutieren und einige Dinge klarzustellen, was unser Konzept für die Finanzierung der Infrastruktur in unserem Land anbelangt.

Worum geht es uns bei der Einführung einer Pkw- Maut in Deutschland? Zum einen ganz zentral um die Finanzierung unserer Infrastruktur. 500 Millionen Euro zusätzlich, die nur von ausländischen Autofahrern getragen werden, sind ein wesentlicher Beitrag zu einer besseren Finanzierung der Infrastruktur in unserem Land. Meine Damen und Herren, ich denke, so weit sind wir uns wenigstens einig: Wir brauchen mehr Geld für die Infrastruktur in Deutschland.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist richtig! Aber nicht über die Ausländermaut!)

Herr Krischer, ich finde es bedauerlich, dass Sie bei der Lkw-Maut – entweder aus Unkenntnis oder, um etwas Falsches vorzuspiegeln – immer wieder einen falschen Eindruck erwecken. Sie wissen, dass wir aufgrund eines Wegekostengutachtens verpflichtet waren, die Maut für Lkw abzusenken.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Gutachten mit falschen Grundannahmen, das die externen Kosten nicht berücksichtigt!)

Wir haben jetzt aber mit der SPD die Ausweitung der Lkw-Maut auf den Weg gebracht, sodass wir massive Mehreinnahmen aus der Lkw-Maut haben werden. Auch das ist ein wichtiger Schritt, der uns weiterbringen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie schon in der letzten Legislatur machen können!)

Es geht bei der Pkw-Maut aber auch darum, dass endlich mit der Benachteiligung der deutschen Autofahrer Schluss gemacht wird. Lange genug haben wir im Urlaub oder auf anderen Fahrten in fast allen anderen europäischen Ländern bezahlt.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! In den Niederlanden nicht, in Belgien nicht, in Dänemark nicht!)

– Sehr wohl! Es sind die wenigsten Länder in Europa, die bisher überhaupt keine Mautsysteme haben. Da sollten Sie den Blick vielleicht eher gen Süden und Westen richten. Es ist eine Tatsache, dass fast alle europäischen Länder bereits ein Mautsystem eingeführt haben. – Unsere Straßen konnten bislang kostenlos genutzt werden.

Wenn wir uns die Situation in den EU-Mitgliedstaaten anschauen, dann stellen wir fest: Die unterschiedlichen Staaten haben ganz unterschiedliche Infrastrukturfinanzierungssysteme. Wie ist die Lage bei uns bisher? Bei uns zahlt man bislang relativ viel Steuern, aber eben keine Maut. In Österreich zahlen beispielsweise alle die Maut.

(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Genau!)

Über diesen Weg ist mehr Geld für die Infrastruktur vorhanden, das nicht über Steuereinnahmen bereitgestellt werden muss.

Mit unserem Mautkonzept machen wir jetzt dasselbe: Alle zahlen die Maut; dafür muss weniger Geld aus Steuereinnahmen zur Verfügung gestellt werden.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Du weißt doch, dass es nicht stimmt, was du sagst!)

Deswegen ist es eben keine Diskriminierung von EU- Ausländern, sondern die Beseitigung eines Nachteils, den die Deutschen bisher zu tragen hatten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gerecht ist das nicht!)

Der offizielle Aufhänger der Grünen für diese Debatte ist – einmal abgesehen von der immer wieder festzustellenden grundsätzlichen Begeisterung für die Beschäftigung mit diesem Vorhaben der Großen Koalition im Plenum – ein Brief aus Brüssel, der uns am Montag erreicht hat. Ich habe den Eindruck, dass dieser Brief der EU- Verkehrskommissarin bei den Grünen kurzzeitig so viel Freude ausgelöst hat wie der Brief, den der damalige EU-Verkehrskommissar mitten in unseren Koalitionsverhandlungen geschrieben hat; er hatte mitgeteilt, dass unser Konzept sehr wohl mit dem Europarecht vereinbar sein kann.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist komisch, dass die Ihnen immer Briefe schreiben!)

Ich gebe gerne zu: Auch ich habe mich über das Schreiben der Verkehrskommissarin gewundert. Schließlich war erst wenige Tage zuvor bei der Ratstagung Verkehr am 3. Dezember festgehalten worden, dass die EU für mehr Nutzerfinanzierung in den Mitgliedstaaten ist. Genau diesen Systemwechsel wollen wir – der Minister hat es gesagt –: weg von der Steuer hin zu mehr Nutzerfinanzierung in der Verkehrsinfrastruktur.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber doch nicht so!)

Man könnte den Eindruck gewinnen, dass sich die Kommissarin nicht so intensiv mit den beiden Gesetzentwürfen befasst hat,

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Brief ist besser als Ihr Gutachten!)

was ja in Ordnung ist; denn zunächst werden die nationalen Gesetze von den nationalen Parlamenten in den Mitgliedstaaten beschlossen, und erst dann kann die EU mit ihrer Prüfung beginnen.

Wenn schon so sehr mit dem Finger auf Deutschland gezeigt wird, dann sollte sich die EU die Mautsysteme in einigen anderen Mitgliedstaaten genauer anschauen; denn dort wurde von der EU-Kommission – jeweils in engen Grenzen – sehr wohl eine gewisse Benachteiligung von ausländischen Autofahrern akzeptiert. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Briten haben erst in diesem Jahr eine Lkw-Maut eingeführt und dabei – man höre! – gleichzeitig die Kraftfahrzeugsteuer für Lkw gesenkt.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist kein Argument für die Ausländermaut!)

Ein Schelm, wer darin keine Parallelen zu unserer Maut erkennt.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Briten haben keine Ausländermaut!)

Sollten die Bedenken der Kommissarin auch nach ihrer intensiveren Beschäftigung mit den konkreten Gesetzestexten weiterhin bestehen, müsste sie sich konsequenterweise mit einem ähnlichen Brief, wie wir ihn bekommen haben, an einige andere Verkehrsminister in der EU wenden.

Wahrscheinlich liegt nahe, was der grüne Europaabgeordnete Michael Cramer gemutmaßt hat. Er hat angesichts der kontroversen Diskussionslage im Europäischen Parlament die Motivationslage so beschrieben – ich zitiere –:

– also die Verkehrskommissarin –

Die Einschätzung des grünen Abgeordneten deutet darauf hin: Diese ganze Debatte ist einmal mehr ein Sturm im Wasserglas.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn sie diesen Unsinn akzeptieren würde, hätte sie wirklich nichts mehr zu sagen!)

Noch einmal: Unsere Mautinitiative stützt ein wichtiges Vorhaben der EU-Kommission, nämlich die Nutzer an der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zu beteiligen. Allein schon deshalb sollte sich die EU-Kommission die beiden Gesetzentwürfe in aller Ruhe anschauen und dann aufgrund inhaltlicher intensiver Durchsicht zu einer abgewogenen und positiven Meinung kommen.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu einer Ablehnung! Genau!)

Wir jedenfalls sind überzeugt: Das Vorhaben ist mit EU-Recht vereinbar. Das hat auch die Prüfung durch die beteiligten Bundesministerien ergeben.

(Lachen des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Als Deutscher Bundestag beginnen wir nun mit der parlamentarischen Beratung der Gesetzentwürfe, und ich freue mich auf viele weitere muntere Debatten rund um die Pkw-Maut.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat die Kollegin Sabine Leidig für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4292346
Wahlperiode 18
Sitzung 76
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Kritik an der Infrastrukturabgabe
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