Christian PetrySPD - Aktuelle Stunde zur Kritik an der Infrastrukturabgabe
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Pkw-Maut ist – das wurde mehrfach gesagt – kein Lieblingsprojekt der SPD. Wir haben mit dem Mindestlohn, der Rentenpolitik, der Energiewende, dem Doppelpass, der Frauenquote und der Mietpreisbremse andere Projekte, die uns näher sind und auf die wir sehr stolz sind. Wegen dieser Projekte können wir sagen: Das war wirklich ein sehr gutes Jahr.
(Lachen des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Gustav Herzog [SPD]: Genau so ist es!)
– Herr Krischer, Sie freut das auch; das weiß ich. – Das war ein sehr gutes Jahr, und deshalb kann man am Ende dieses Jahres sagen: Diese Koalition hat in diesem Jahr Gutes geleistet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie wissen, dass im Koalitionsvertrag die Grundlage für die Maut gelegt wurde – das wurde alles hier schon gesagt –, und an diesen Koalitionsvertrag werden wir uns halten; in dem Punkt sind wir vertragstreu.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Aber die ist extrem ressentimentgeladen! Das ist riskant!)
– „Ressentimentgeladen“? Herr Behrens, Sie haben eben gesagt, dass die Maut 3,7 Milliarden Euro Einnahmen bringen soll und am Ende ein Gewinn von nur 500 Milliarden steht.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Millionen!)
13,5 Prozent Gewinn vor Steuern sind für ein Unternehmen sehr viel. Insofern ist Ihre Argumentation schwer nachvollziehbar. Gleichwohl habe ich durchaus Sympathie für Ihr Argument, dass man nichts machen sollte, was am Ende nicht viel bringt. Von daher werden wir in diesem Prozess selbstverständlich darauf achten müssen, dass es ein gutes Verhältnis ist.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Von Gewinn habe ich nicht gesprochen, aber von Ertrag! Das ist was anderes! – Gegenruf des Abg. Gustav Herzog [SPD]: Wir können besser rechnen als die Linken!)
Ein Koalitionsvertrag ist immer ein Kompromisstext; das ist eigentlich ein Problem. Wir werden uns aber an diesen Koalitionsvertrag halten. Die Vorgaben sind klar definiert.
Einen Aspekt möchte ich besonders hervorheben: das geltende EU-Recht, die geltenden EU-Verträge. Ich denke hier insbesondere an die geplanten Entlastungen der Halter von in Deutschland zugelassenen Pkws von der Kfz-Steuer. Die hier vorgeschlagenen Indikatoren korrespondieren auch textlich direkt mit der Bemessungsgrundlage der Pkw-Maut. Das sehe ich sehr kritisch. Ich denke, das muss in den Verhandlungen in den parlamentarischen Gremien beraten werden; denn dieser unmittelbare Zusammenhang könnte den Antidiskriminierungsgrundsatz der EU verletzen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann ist das ein Blattschuss für das ganze Projekt!)
Das ist nicht Basis unserer Vereinbarung. Hierzu müssen wir noch Formulierungen finden – ich denke, wir werden diese Formulierungen finden –, die diese Vereinbarkeit herstellen. Dies muss geklärt werden. Ich denke, das ist ein sehr wichtiger Aspekt in der Diskussion.
(Beifall bei der SPD)
Klar ist, dass die Maut für den deutschen Autofahrer unterm Strich nicht zu Mehrbelastungen führen darf. Auch das wurde im Koalitionsvertrag vereinbart. Auch diesbezüglich verhalten wir uns koalitionstreu.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schreiben Sie es doch ins Gesetz!)
Das ist eine klare Sache; das ist hier schon gesagt worden. Wir werden darauf achten müssen, dass es kein Hintertürchen gibt.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schreiben Sie es ins Gesetz!)
Es darf nicht sein, dass nach Einführung der Maut die Kommission oder ein anderer EU-Mitgliedstaat die entsprechenden Regelungen kippt. Das heißt, es muss abschließend geklärt sein, dass die Konformität gegeben ist, damit wir dieses Projekt so verabschieden können, wie es im Koalitionsvertrag beschrieben ist.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Das sind jetzt aber schon Absetzbewegungen!)
Denn ein Schwarzer-Peter-Spiel in Richtung Brüssel können wir als Europapolitiker natürlich nicht akzeptieren. Das wäre zu einfach.
Sie sehen: Es gibt hier noch sehr viele offene Fragen, die in den Beratungen zu klären sind. Ich bin sicher, dass wir sie klären können. Am Ende des Prozesses – Kollege Hartmann hat es gesagt; wir stehen im Prozess – werden wir sehen, ob dies alles erfüllt ist und ob dem dann so zugestimmt werden kann. Denn es ist wichtig, dass in 2014, in dem Jahr, in dem viele Europaskeptiker in vielen Ländern die Oberhand gewonnen haben, dieses Projekt nicht europakritisch wirkt. Dieses Projekt darf kein Verschiebebahnhof nach Brüssel sein, sondern muss insgesamt in das europäische Recht eingebettet sein.
(Sebastian Hartmann [SPD]: Sehr richtig!)
In Zusammenhang mit der Pkw-Maut steht die Wahrung der EU-Verträge im Vordergrund. Ich glaube, auch das ist klar und auch Basis des Koalitionsvertrages.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die kommenden parlamentarischen Beratungen werden Klarheit über die von mir angeschnittenen Fragen bringen. Die SPD wird stets auf die Einhaltung der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Vorgaben für die Pkw-Maut achten. Die Europarechtskonformität der Vorschläge wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Sie können sich sicher sein, dass die Regierungsfraktionen zu den geltenden EU-Verträgen stehen und diese auch einhalten werden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, frohe Weihnachten. Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat die Kollegin Dr. Wilms das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4292358 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 76 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Kritik an der Infrastrukturabgabe |