18.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 76 / Tagesordnungspunkt 7 + ZP 6

Florian HahnCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Afghanistan (RSM)

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Sehr geehrte Präsidentin! Lieber Andreas! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So kurz vor Weihnachten fällt leider der Rückblick auf das Jahr 2014, zumindest außen- und sicherheitspolitisch, nicht so aus, wie wir uns das am Anfang des Jahres vorgestellt bzw. gewünscht haben. Das nun fast vergangene Jahr ist gekennzeichnet von einer deutliche Zunahme internationaler Konflikte, dem reihenweisen Zerfall von staatlichen Strukturen, islamistischem Terror und unvorstellbaren Flüchtlingsströmen.

Neben der besorgniserregenden Krise mit der Russischen Föderation und dem anhaltenden Bürgerkrieg in Syrien verbreitet vor allem die Terrororganisation „Islamischer Staat“ Gewalt und Schrecken in barbarischem Ausmaß. Die vielerorts enttäuschten Hoffnungen des Arabischen Frühlings, vor allem die verheerende Lage in Libyen und in der Sahelzone, zeigen uns, welche großen Gefahren das Versinken ganzer Regionen in Chaos und Anarchie auch für uns in Deutschland und in Europa mit sich bringt.

Angesichts dieser Entwicklungen, die uns in vielerlei Hinsicht auch direkt betreffen, ist es heute gar keine Frage mehr, ob wir mehr Verantwortung in der Welt übernehmen sollen und wollen. Wir müssen es, und wir tun es bereits. Gemeinsam mit unseren Partnern ist deutsche Diplomatie, deutsche humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe sowie der Einsatz deutscher Sicherheitskräfte notwendiger denn je. Deutschland geht dabei besonnen und konsequent mit diesen vielen Herausforderungen um. Das ist Bundeskanzlerin Merkel und ihren Ministern Ursula von der Leyen, Gerd Müller und Frank-Walter Steinmeier zu verdanken. Dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle ausdrücklich danken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mittlerweile gibt es allerdings so viele Konfliktherde, dass unser größter Einsatz in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit fast in Vergessenheit geraten ist: Das ist unser Einsatz in Afghanistan. Hier übernehmen wir bereits seit 13 Jahren Verantwortung in großem Umfang. Unsere Soldatinnen und Soldaten haben einen außerordentlichen Beitrag für das afghanische Volk geleistet und sich für die Stabilisierung dieses Landes eingesetzt, damit eben Unterdrückung aufhört, damit das Sterben aufhört. Das ist auch Ziel unseres Einsatzes.

Wir haben dabei 55 Soldaten verloren. Viele sind traumatisiert aus dem Einsatz zurückgekehrt. Längst ist klar, dass es sich in Afghanistan keineswegs um eine ungefährliche Mission handelte. Ich möchte unseren Soldatinnen und Soldaten und auch allen zivilen Helferinnen und Helfern deshalb an dieser Stelle für ihren Einsatz noch einmal ausdrücklich danken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Einsatz war bisher nicht umsonst. Heute konnte beispielsweise durch die afghanischen Sicherheitskräfte, die wir ja ausgebildet haben, ein 13-jähriger Selbstmordattentäter gestellt und verhindert werden, dass er den Selbstmord vollzieht und die Bombe zündet – dank unserer Ausbildung! Mehr Menschen als jemals zuvor haben heute Zugang zu Wasser und zu Strom, zu ärztlicher Versorgung und zu Bildung. Diese Erfolge wollen und dürfen wir nicht einfach vom Tisch wischen.

Zu einer ehrlichen Bilanz gehört es auch, sich einzugestehen, dass nicht alles optimal war. Natürlich haben wir auch Fehler gemacht. Aus diesen Fehlern haben wir bereits gelernt. Mittlerweile haben wir beispielsweise den Grundsatz, immer erst die Ordnungskräfte vor Ort oder die Partnerländer in den Problemregionen der Welt zu ertüchtigen. Wichtig ist nun, dass wir unsere Verantwortung, die wir 13 Jahre lang in Afghanistan übernommen haben, nicht abrupt beenden.

Wenn unser Einsatz für die genannten Errungenschaften nicht umsonst sein soll, müssen wir den endgültigen Abzug den Bedingungen und Entwicklungen im Land anpassen. Es muss klar sein, dass wir die afghanische Armee in der immer noch gefährlichen Sicherheitslage nicht alleinlassen. Wir sehen in Mali und wohl am eindrucksvollsten im Irak, was dies bedeuten kann. Es wäre fatal, Afghanistan nun einfach sich selbst zu überlassen. Wir dürfen den Einsatz nicht vorschnell beenden, und auch die Entwicklungshilfe muss weiterlaufen. Auch der Weg der Aussöhnung mit Pakistan, den der neue Präsident Ashraf Ghani beschreitet, muss unterstützt werden.

All das ist der großen Mehrheit in diesem Hause zum Glück bewusst. Aber bei den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen – das betrübt mich schon nach den vielen Jahren – herrscht jetzt große Verwirrung: Ja – Nein – Enthaltung. Das ist kein sehr souveräner Auftritt und zeichnet kein sehr souveränes Bild bei einer solch wichtigen Frage. Ein großer Teil von Ihnen möchte offensichtlich so schnell wie möglich raus aus Afghanistan, koste es, was es wolle.

(Zuruf der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was ein überstürzter Totalabzug aber kosten würde, ist klar: Ein zweiter Irak wäre möglicherweise die Folge.

Ich fordere die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen auf: Stehlen Sie sich nicht aus der Verantwortung für Afghanistan! Hören Sie lieber auf Ihren Parteichef Özdemir, der in der taz mit folgenden Worten zitiert wird:

Recht hat er an dieser Stelle.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Mandat.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4292677
Wahlperiode 18
Sitzung 76
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Afghanistan (RSM)
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