18.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 76 / Tagesordnungspunkt 12

Marian WendtCDU/CSU - Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen!

Dieses Zitat von Bundespräsident Gauck zeigt, dass es beim Thema Datenschutz nicht um Daten an sich geht; vielmehr steht die Nutzung von personenbezogenen Daten im Vordergrund.

Die Große Koalition geht deshalb mit der Umsetzung der EuGH-Urteile den nächsten richtigen Schritt, um Deutschland zum Marktführer beim Schutz personenbezogener Daten zu entwickeln, ohne die Nutzung durch die digitale Wirtschaft aus dem Blick zu verlieren.

(Beifall des Abg. Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU])

Effizienter Datenschutz ist Bestandteil der Digitalen Agenda der Großen Koalition. Daher ist die Behauptung, wir seien mit unseren jetzigen Entscheidungen nur Getriebene des Europäischen Gerichtshofes, schlicht unzutreffend. Formell und nachhaltig wird jetzt abgesichert, was de facto schon vorher der Fall gewesen ist; denn die Unabhängigkeit der Arbeit der Datenschutzbeauftragten bestand bereits. Sie sehen dies daran, dass es nie einen rechtsaufsichtlichen Eingriff durch das Innenministerium gab.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sehe das Gesetz als richtigen Schritt zur Stärkung der Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten und nehme die heutige Debatte deshalb zum Anlass, noch einmal einen generellen Blick auf den deutschen Datenschutz zu werfen, insbesondere auf unseren Weg zur Marktführerschaft in diesem Bereich. Aus meiner Sicht sollten wir als Gesetzgeber künftig Folgendes bedenken: Ziehen wir die Zügel beim Datenschutz zu straff, würgen wir Innovation und Fortschritt ab. Wir würden hierdurch jungen Unternehmen schaden, obwohl wir Start-ups eigentlich stärken wollen. Lassen wir die Zügel zu locker, öffnen wir Missbrauch Tür und Tor. Deshalb sind meiner Meinung nach drei Punkte wichtig.

Erstens. Effektiven Datenschutz erreichen wir in Deutschland nicht durch besonders strenge Regulierung. Durch eine strenge Regulierung werden Unternehmen vertrieben, die ihr Geschäftsmodell rund um die Nutzung von Daten aufgebaut haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier redet ein Kollege über ein sehr wichtiges Thema. Ich bitte Sie, diesem Kollegen jetzt zuzuhören oder Ihre Diskussionen draußen fortzusetzen. Ich sage das jetzt wirklich im Ernst. Sonst warten wir einfach, bis Sie still sind, bis Sie zuhören. Das gilt für alle Seiten in diesem Haus. Herr Wendt hat das Recht, dass ihm zugehört wird,

(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)

und zwar auf allen Rängen des Hauses, auch in den hinteren Abteilungen. Setzen Sie sich also bitte hin, und hören Sie dem letzten Redner in dieser Debatte zu, sonst machen wir eine Pause, bis alle sitzen. Das ist eine Drohung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

So, Herr Kollege, wir versuchen es noch einmal.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich denke, insbesondere die Tatsache, dass wir nachher namentlich über die vorliegenden Anträge und dieses Gesetz abstimmen, zeigt die Bedeutung des Themas.

Erstens. Effektiven Datenschutz erreichen wir nicht durch besonders strenge Regulierung. Dadurch werden Unternehmen aus unserem Land vertrieben, die ihr Geschäftsmodell rund um die Nutzung von Daten aufgebaut haben. Diese gehen dann nämlich in Länder, in denen keine oder wenig Regulierung besteht. Damit fallen sie aus unserem europäischen Einflussbereich heraus. Was ist dadurch gewonnen? – Nichts.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, und deswegen schwacher Datenschutz?)

Das Verbot jedweder Datennutzung ohne eine konkrete Einwilligung, Privacy by Default genannt, ist ein gutes Beispiel dafür. Dieses Verbot sorgt zum Beispiel dafür, dass die Daten der hauptsächlich genutzten sozialen Netzwerke heute in den Vereinigten Staaten gesammelt und verwertet werden. Deutsche Unternehmen erleiden ja aktuell signifikante Nachteile.

Zweitens. Wie der geschätzte Kollege Lars Klingbeil kürzlich im Handelsblatt schrieb, hat sich in Zeiten der Datenvielfalt das Prinzip der Datensparsamkeit überlebt. Daten sind ein überaus wertvolles Gut und schützenswert. Dieses Gut zu nutzen, bringt uns Vorteile. Für mich ist deshalb auch klar: Datenvielfalt ist gewünscht. Sie ist Innovationstreiber. Die Vielzahl der positiven Einsatzmöglichkeiten, heute und in der Zukunft, kann hier noch keiner überblicken. Die Energiewende ist hier als Beispiel zu nennen: Das Einsparpotenzial durch intelligente Steuerung der Energieversorgung ist enorm. Ich möchte, dass wir bei diesen Innovationen Vorreiter bleiben. Deshalb ist für mich nicht die Datenerhebung, sondern die Datenverwertung beim Datenschutz entscheidend.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nur diese sollte reguliert werden. Die Alternative wäre, dass die Unternehmen außerhalb des europäischen Rechtskreises diese Daten erheben und sie einfach fernab von jeglichen Datenschutzstandards verwenden.

Drittens. Datensammlung und -verwertung sind wichtig für die Gefahrenabwehr. Es geht nicht an, dass Sicherheitsbehörden zum Beispiel im Vorfeld der HoGeSa-Krawalle in Köln nicht effektiv durch einen Datenabgleich zusammenarbeiten dürfen. Wir müssen hier überlegen, wie wichtig uns die Sicherheit von Menschen in unserem Land ist. Natürlich ist es ein Spannungsfeld, das vernünftige Abwägungen erfordert; aber das Leben und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger haben für mich den höchsten Stellenwert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aus diesem Grund ist auch die Verbindungsdatenspeicherung für mich weiterhin ein wichtiges Mittel der Gefahrenabwehr.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Abschließend möchte ich zusammenfassend sagen, dass wir bei der Erneuerung des Datenschutzrechtes weiter vorangehen müssen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)

Entweder wir modernisieren uns oder andere modernisieren uns – und das können wir uns im Sinne der Bürgerinnen und Bürger nicht leisten. Vor allem denke ich, dass wir weg von der alten Idee der Datensparsamkeit hin zu einer positiven Nutzung von Daten innerhalb klarer Schranken gelangen müssen. Mit Datenschutzstandards von 1983 werden wir dem digitalen Wandel nicht gerecht werden.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4293297
Wahlperiode 18
Sitzung 76
Tagesordnungspunkt Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes
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