19.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 77 / Tagesordnungspunkt 22

Frank SchwabeSPD - Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Bulling-Schröter, wenn dem mal so wäre! Ich stehe dem demokratischen Sozialismus ja durchaus nahe

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– das steht jedenfalls so in unserem Programm –, die Realität ist aber leider eine andere. Es ist eben nicht so, dass auf den Weltklimakonferenzen eine Unterteilung zwischen den bösen neoliberalen Staaten und den guten vermeintlich realsozialistischen Staaten zu machen ist.

(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Nein!)

Auch Staaten wie China, Equador und Bolivien sind eben nicht bereit, sich international zu verpflichten. Der Realsozialismus hat insofern bisher jedenfalls noch keinen Weg zur Lösung der internationalen Klimakrise gezeigt.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das war doch gar nicht der Punkt!)

Toni Hofreiter, es ist ja auch wichtig, dass die Opposition hier Kritik übt, aber ich will ausdrücklich würdigen, dass wir das – auch gemeinsam auf der Klimakonferenz in Lima – gut gemacht haben.

(Lachen des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Das, was dort erreicht worden ist, wurde von der grünen Delegation und auch hier gewürdigt. – Ich glaube, man muss schon einmal feststellen: Deutschland ist international wirklich führend. Das ist auf dieser Konferenz nicht von uns selbst, sondern von den allermeisten Ländern festgestellt worden, die dort vertreten waren.

Christoph Bals von Germanwatch hat deutlich gemacht: Wir haben selten ein so produktives Miteinander zwischen der Umweltministerin und dem Wirtschaftsminister erlebt. – Der Wirtschaftsminister weiß natürlich auch, wie Klimaverhandlungen laufen und wie wichtig die internationale Klimapolitik ist. Ich glaube, wir sollten hier im Deutschen Bundestag gemeinsam würdigen, dass es eine solch gute Voraussetzung in Deutschland jetzt gibt, sodass wir international und national eine gute Klimaschutzpolitik machen können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir können lange über Erfolge oder Misserfolge von internationalen Konferenzen reden. Die Welt verändert sich in zweierlei Maß: Zum einen wächst der Treibhausgasausstoß kontinuierlich – das ist richtig –, zum anderen sind wir gleichzeitig in der Lage, Energie anders zu produzieren. Das passiert, und das muss man wahrnehmen. Im Jahr 2013 sind weltweit mehr Kapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energien hinzugebaut worden als in den Bereichen Kohle, Gas und Atom zusammen.

Das ist die Grundlage dafür, dass wir auch international zu anderen Verabredungen kommen können, und ich glaube, das haben wir auf der Konferenz auch gespürt. Am Ende, in der Endphase der Konferenz, sind dann aber doch wieder die alten Gräben aufgetreten. Dass wir in einer neuen Klima- und Energiewelt leben, ist auch auf der Konferenz in Lima spürbar gewesen, weil alle Menschen in allen Teilen der Welt mittlerweile mitbekommen, dass der Klimawandel stattfindet – wir in Deutschland bei einem warmen Weihnachtsfest, die Inseln, die untergehen, aber auch Länder wie China.

Schwierig ist es deshalb, weil manche Länder wirklich mit fundamentalen Problemen zu kämpfen haben: ein Land wie Indien, das sich wirklich bemüht, Armut zu bekämpfen, Länder wie Tuvalu, Kiribati und andere, die eigentlich dem Untergang geweiht sind und deswegen bei den Themen „Lost and Damage“ und Versicherungslösungen so hart sind. Sie verhandeln doch nicht deshalb so hart, weil sie die Deutschen oder andere über den Tisch ziehen wollen, sondern aus reiner Not heraus. Sie sagen: Wir brauchen auf diesen internationalen Konferenzen eine Lösung und können nicht nach Hause fahren, ohne etwas präsentiert bekommen zu haben.

Es wird immer lange darüber spekuliert – ich beteilige mich ja seit acht Jahren daran; so lange war ich bis jetzt auf Konferenzen –, was eigentlich eine erfolgreiche und was eine nicht erfolgreiche Konferenz ist. Es ist eben kompliziert, wenn fast 200 Länder der Welt mit völlig unterschiedlichen Bedingungen zusammenkommen und sich am Ende auf eine Politik einigen sollen. Deswegen glaube ich, ist das, was die Ministerin beschrieben hat, richtig: Das war ein Schritt in Richtung Paris 2015, aber natürlich haben wir an der einen oder anderen Stelle durchaus mehr Hoffnung gehabt.

Von vielen anderen Dingen, die man in diesem Zusammenhang noch ansprechen müsste, was ich aber in der Kürze der Zeit nicht tun kann, will ich zwei Dinge ansprechen: Das eine ist eine kritische Geschichte bei der Konferenz. Es betrifft die Frage der Überprüfung der Verpflichtungen. Da hätten wir uns deutlich mehr gewünscht. Wir wollen am Ende in Paris ein Abkommen sehen, mit dem sich die Staaten substanziell zu Klimaschutzanstrengungen verpflichten.

Wenn nicht genug Mechanismen vorgesehen sind, heißt das aber nicht, dass man bis Paris 2015 nichts tun würde. Die Ministerin hat das auch im Umweltausschuss gesagt. Es gibt genug Menschen auf der Welt, in den Institutionen und NGOs, die in der Lage sind, das zu bewerten, was Länder wie China, Indien und andere vorlegen. Das muss dringend getan werden.

Es ist zwar nur in Ansätzen erkennbar, aber es ist uns gelungen, die alte Kioto-Welt ein Stück weit aufzubrechen. Am Ende haben sich diese alten Gräben wieder aufgetan. Einige haben sich zurückgezogen und gesagt, dass wir die Kioto-Welt – also auf der einen Seite die Industriestaaten und auf der anderen Seite die Entwicklungs- und Schwellenländer – noch weiter unterteilen müssen.

Eigentlich ist aber sichtbar geworden – das sind zum Teil nur kleine Zeichen –, dass sich diese Welt auflöst. Auch das hat die Ministerin angesprochen. Es waren Länder wie Peru, Kolumbien, aber auch Mexiko, die gesagt haben: Ja, auch wir sind bereit, uns zumindest mit kleinen Beiträgen in den Green Climate Fund einzubringen. – Damit machen diese Länder deutlich, dass sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Ich glaube, das macht auch Hoffnung für die nächsten Konferenzen.

Was war eigentlich die Rolle Deutschlands? Deutschland wurde für das Klimaaktionsprogramm gelobt. Deutschland wurde nicht nur für die Einzahlungen in den Green Climate Fund gelobt, sondern auch für die Dynamik, die aus Deutschland heraus entwickelt wurde. Allerorten wurden wir von allen Delegationen, mit denen wir uns getroffen haben, für das gelobt, was an internationaler Klimaschutzpolitik gerade in Bezug auf Entwicklungsländer stattfindet und was den Boden für ein gemeinsames Abkommen bereitet.

Im Namen der sozialdemokratischen MdBs – ich denke, ich spreche aber auch im Namen aller MdBs – möchte ich für die wirklich wunderbare Kooperation, die es gegeben hat, danken. Es ist noch einmal deutlich geworden, wie wichtig es ist, dass auch Bundestagsabgeordnete bei solchen Konferenzen dabei sind.

Ich will ausdrücklich Barbara Hendricks dafür danken, dass sie auf eine unprätentiöse, schnörkellose, ruhige, aber unnachgiebige Art Deutschland auf Klimakurs geführt hat. Wir machen eine gute internationale Klimapolitik, und das hat sehr viel mit Barbara Hendricks zu tun. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das war jetzt eigentlich ein schönes Finale, Herr Schwabe.

Das finde ich auch. Ich darf vielleicht noch zum Abschluss sagen, was zu tun ist.

Wir müssen das 40-Prozent-Ziel einhalten, wie wir es national vorgesehen haben. Dabei sind wir alle gefordert. Auch das hat die Ministerin gesagt. Alle Minister sind gefordert. Der gesamte Deutsche Bundestag ist gefordert. Außerdem ist es dringend notwendig, dass wir die G-7-Präsidentschaft zum Erfolg führen. Dies gilt insbesondere für die wichtige Frage der Finanzverantwortung. Ich glaube, bei der Finanzierung können wir viel leisten. Dann wird es auch ein gutes Abkommen 2015 in Paris geben.

Herzlichen Dank, frohe Weihnachten und Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Anja Weisgerber ist die nächste Rednerin für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4294982
Wahlperiode 18
Sitzung 77
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz
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