Matthias MierschSPD - Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank. – Wir stehen nach Klimakonferenzen regelmäßig an diesem Pult und diskutieren über den Ausgang. Ich möchte mich dem Thema etwas anders nähern.
Ich glaube, die Gefahr, die augenblicklich besteht, ist, dass wir Paris wieder zu hopp oder top hochstilisieren. So ist das Gefüge immer bei Klimakonferenzen. Wir alle wollen, um nicht falsch verstanden zu werden, ein erfolgreiches Abkommen in Paris. Aber viel wichtiger, glaube ich, ist der Mechanismus, der sehr wohl in Lima begonnen wurde, nämlich die einzelnen Staaten zu fordern, sie zu bitten und einzuladen, ihre Minderungsziele zu benennen. Ja, richtig, das war viel zu vage bislang; aber es wird ein Mechanismus in Gang gesetzt werden, der es ermöglicht, dass sich gerade die aktive Zivilgesellschaft ein Bild über Erfolg oder Nichterfolg macht.
Ich finde es sehr wohltuend, Toni Hofreiter, dass die Bundesregierung für ihre Rolle in Lima gelobt worden ist. Ich glaube, diese Rolle wäre nicht einnehmbar gewesen, wenn nicht Menschen wie Ban Ki-moon, der UN-Generalsekretär, anerkennen würden, was hier in den letzten Monaten tatsächlich geleistet worden ist, liebe Kolleginnen und Kollegen. Erstmals hat eine Bundesregierung gesagt: Wenn wir national so weitermachen, dann erreichen wir unser Klimaschutzziel bis 2020 nicht. – Erstmals liegt dem deutschen Parlament ein ganzer Katalog vor, aus dem hervorgeht, wie diese Klimaschutzziele dennoch erreicht werden können. Ich finde, es liegt jetzt an uns, zu zeigen, ob wir bereit und in der Lage sind, den Katalog umzusetzen, der von der Umweltministerin, dem Wirtschaftsminister und dem Kabinett insgesamt vorgelegt worden ist. Darauf wird es in den nächsten sechs Monaten maßgeblich ankommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
An diesem Beispiel zeigt sich letztlich auch – Herr Bundestagspräsident, ich nutze die Gelegenheit, es Ihnen direkt zu sagen –, wie wichtig die Verzahnung zwischen Regierungskonferenzen und parlamentarischem Agieren ist. Nichts von dem, was in Lima vereinbart worden ist oder in Paris vereinbart werden könnte, ist de facto umgesetzt; vielmehr bedarf es nationaler Parlamente, die die Umsetzung vornehmen. Überdenken Sie deswegen bitte die Entscheidung des Präsidiums, und klären Sie, ob es nicht doch angebracht ist, zu Regierungskonferenzen wie einer Klimakonferenz stets eine Delegation des Deutschen Bundestages mitreisen zu lassen! Ich halte das für unverzichtbar.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben in den vielen Gesprächen, die wir mit Parlamentariern anderer Parlamente geführt haben, auch erfahren, dass das Interesse an der deutschen Energiewende ungebrochen ist. Zwei Beispiele dafür will ich an dieser Stelle nennen. Die mexikanische Delegation hat uns gesagt: Wenn ihr, die ihr euch auf dem gleichen Breitengrad wie Alaska befindet, die Nutzung erneuerbarer Energien zustande bringt, dann müssten wir Mexikaner das mit der Photovoltaik doch erst recht zustande bringen. Ich finde, das ist ein schönes Beispiel.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Amerikaner haben sich bei uns, der Bundesrepublik Deutschland, ausdrücklich dafür bedankt, dass wir mit unserem Erneuerbare-Energien-Gesetz dafür gesorgt haben, dass die Kosten für die Einführung erneuerbarer Energien von einer Nation wie der Bundesrepublik Deutschland geschultert werden. Das ist ein weiteres positives Signal dafür, dass die internationale Staatengemeinschaft anerkennt, dass Deutschland hier weiterhin eine Vorreiterrolle einnimmt. – Diese beiden Beispiele zeigen mir, dass wir viel Reputation haben, jetzt aber auch viel auf dem Spiel steht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden in den kommenden Monaten beweisen müssen, dass das, was wir hier machen, kein Selbstzweck ist, dass sich Klimaschutz, wirtschaftliche Erneuerung und wirtschaftlicher Fortschritt nicht ausschließen, dass, im Gegenteil, Wirtschaft und Umweltschutz nur gemeinsam erfolgreich sind, dass wir in Deutschland weiterhin eine starke Wirtschaft haben können, weil wir in erneuerbare Energien investieren und auf Effizienz setzen.
Da dies der letzte Plenartag in diesem Jahr ist: Ich wünsche mir, dass gerade angesichts der UN-Klimakonferenz in Paris eine breite Dynamik entsteht – nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt –, das zu praktizieren, was bei uns in Deutschland bereits geschieht, nämlich Innovationen und die Behandlung von Gerechtigkeitsfragen zu verbinden. Klimaschutz sollte im Jahr 2015 das Thema sein, das über allem steht; denn wir brauchen wirksame Schritte. Wir haben nur eine Welt, und wir dürfen sie nicht fahrlässig verspielen. In diesem Sinne wünsche ich mir, dass der Klimaschutz durch die Pariser Konferenz eine neue Dynamik gewinnt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das Wort erhält nun der Kollege Peter Stein für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4295053 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 77 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz |